Friedrich-Schiller-Universität Jena | 07743 Jena
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KOMSA AG | Hartmannsdorf (bei Chemnitz)
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Was eine PR-Fachkraft eigentlich macht? Herrje, mal ehrlich: Wer das Berufsbild auf schillernde Events und wortgewandte Hochglanzprospekte reduziert – dem entgeht das Eigentliche. Gerade hier in Leipzig, wo der Puls zwischen Tradition, Umbruch und neuem Wirtschaftsschwung schlägt, erwartet einen mehr als das Streichen von Worthülsen über Fassaden. Das Bild von Kommunikationsprofis im schicken Loft war ohnehin trotz kreativer Sichtachsen immer ein wenig Zerrspiegel, selten Alltag. Tatsächlich sind es oft die eher unsichtbaren Drähte, das ständige Taktieren zwischen Anspruch und Realität – und, ja, auch das Jonglieren mit handfester Kritik in den sozialen Medien, was den Kern der Arbeit ausmacht.
Junge Berufseinsteigerinnen und Einsteiger, wechselwillige Kollegen: Wer in Leipzig heute Fuß fassen will, landet schnell im Grenzbereich zwischen Marketing, klassischer Pressearbeit und – nennen wir es beim Namen – Krisenmanagement. Auf den ersten Blick scheint alles offen: Unternehmen aus Handel, Technik, Kultur, sogar die zunehmend selbstbewusste Start-Up-Landschaft suchen Stimmen, die ihre Geschichten in die Welt tragen. Das klingt wie Selbstverwirklichungsparadies und ist es manchmal auch. Manchmal. Aber: Die inhaltlichen Anforderungen sind in letzten Jahren gewachsen – Texte werden nicht mehr nur geschrieben, sie müssen orchestriert, pointiert, konsequent auf Reichweite und Image gebaut sein. Wer kein Gespür hat für digitale Zwischentöne, für die manchmal toxische Gemengelage im Social Web, gerät schnell ins Schlingern. Auch das gehört zur Wahrheit: Wer glaubt, dass handwerklich solider Stil und ein paar Kontakte zur lokalen Zeitung schon ausreichen, unterschätzt die Geschwindigkeit, mit der Narrative kippen können. Zumindest hier, in der sächsischen Medienlandschaft, in der das Publikum durchaus Ecken und Kanten schätzt – oder sie gnadenlos findet.
Kommen wir zum Knackpunkt: Die Gehälter. Möglichst wenig Glanz, möglichst viel Substanz. Das Einstiegsgehalt für PR-Fachkräfte in Leipzig pendelt meist zwischen 2.800 € und 3.300 €. Wer sich als erfahrene Kraft behauptet und entsprechend Verantwortung übernimmt – also Leitung von Projekten, Steuerung von Krisenkommunikation, Aufbau strategischer Medienbeziehungen – kann auch 3.400 € bis 4.200 € verlangen. Ich kenne einige, die davon träumen. Und ein paar, die es tatsächlich bekommen. Doch vertreten wir uns nicht gegenseitig – der Branchenschnitt ist noch durchwachsener als der berüchtigte mitteldeutsche Frühling; Erfahrung, Abschluss, Arbeitgebertyp und – zugegeben – Verhandlungsgeschick schieben die Spanne gehörig hin und her. Der Stellenmarkt in Leipzig ist im Wandel: Die öffentliche Hand und Kulturbereiche zahlen oft nach festen Tarifen, große Konzerne ticken nach anderen Spielregeln. In Agenturen? Da reicht das Spektrum von starker Überforderung bis coolen Projekten mit anständiger Bezahlung, abgesehen von den vielen „Praktikantenveredelungen“, die leider immer noch grassieren.
Was viele unterschätzen: Leipzig ist ein kommunikatives Biotop mit speziellen Anforderungen. Hier mischt sich das Erbe als einstige Buch- und Medienstadt mit einer wachsenden Tech-Szene, mit zäher Vereinslandschaft, hippen Gründern und traditionellen Familienbetrieben. Die Themen? Reicht von klimapolitischer Debatte über das legendäre Wave-Gotik-Treffen bis zur Frage, wie man Großprojekte kommuniziert, ohne im Shitstorm zu landen. Unternehmen in und um Leipzig erwarten zunehmend nicht bloß den Pressesprecher, der zur Eröffnung kommt, sondern Allrounder, die Stakeholder-Dialoge führen, Redaktionspläne schreiben, Analysen fahren und auch noch mal nach 18 Uhr auf einen Kommentar reagieren. Nicht selten stehen plötzlich politische, gesellschaftliche oder ethische Fragen im Raum, die eine PR-Kraft schnell zwischen allen Fronten parken können. Da hilft oft nur: Grübeln, einen zweiten Kaffee holen, Haltung zeigen. Auch Rückgrat.
Was bedeutet das für Neulinge und Wechselwillige? Sich permanent neu zu erfinden. Zwischen Textarbeit, Eventplanung und Datenanalyse pendeln, am Puls der Gesellschaft bleiben – auch, wenn die Akkus mal dünn werden. Wer dabei ein gutes Gespür für Zwischentöne entwickelt, findet in der Leipziger PR-Landschaft nicht nur Jobs, sondern auch Geschichten, die Gewicht haben. Für viele, die – wie ich – hier hängen bleiben, ist das Spannendste, dass sich kein Tag wie der andere anfühlt, auch wenn es zwischendrin mal krachen kann. Ist das die charmanteste Variante der Unsicherheit? Vielleicht. Wer Vielfalt, Tempo und Auseinandersetzung mit echter Öffentlichkeit nicht scheut, dürfte in Leipzig ziemlich genau am richtigen Platz sein.
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