Betriebswirt Tourismus Jobs und Stellenangebote in Kiel
Beruf Betriebswirt Tourismus in Kiel
Zwischen Ostseewind und Wirtschaftlichkeit: Betriebswirte im Tourismus in Kiel
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Tag in einem Kieler Touristikunternehmen. Draußen das übliche norddeutsche Wetter: Wind, eine Ahnung von Regen, Möwen – und drinnen? Excel-Tabellen, Kalkulationsmodelle, hitzige Diskussionen über Besucherzahlen und die Frage, wie viel von diesen „maritimen Events“ denn bitte ins Budget passen soll. Allzu romantisch war das nicht. Aber genau da fängt der Job als Betriebswirt im Tourismus an: Mitten im gelebten Spagat zwischen nordischer Gastfreundschaft und betriebswirtschaftlicher Knallhärte.
Regionalität hat Konsequenzen – was Kiel von anderswo unterscheidet
Kiel lebt vom Wasser. Klingt nach Postkartenidylle und lockt vor allem im Sommer Scharen von Seglern und Tagesgästen an die Förde. Aber, und hier trennt sich das betriebswirtschaftliche Spreu vom touristischen Weizen, die Saisonalität ist gnadenlos. Wer im Kieler Tourismus arbeitet, lernt sehr schnell: Wintermonate sind Durststrecken. Hotels reduzieren Öffnungszeiten, Veranstaltungsplaner schlafen (zumindest wirtschaftlich gemeint) ein wenig länger. Das beeinflusst nicht nur die Umsätze, sondern auch die langfristige Strategieplanung.
Was viele unterschätzen: Als Betriebswirt wird man in Kiel zum Jongleur zwischen Tradition und Innovation. Einerseits gibt es hier seit Jahrzehnten bewährte Strukturen – alteingesessene Hotels, traditionsreiche Reiseanbieter, sogar Fährlinien, die schon zur Zeit meiner Großeltern in jeden Sturm liefen. Andererseits wächst der Druck, frische Ideen ins Spiel zu bringen. Fahrradtourismus, digitale Buchungstools, „grüne“ Events – gerade im internationalen Vergleich liegt Schleswig-Holstein im Mittelfeld, was digitale Angebote betrifft. Da blüht Raum für Gestalter.
Die Kunst der Vielseitigkeit: Aufgabenfelder zwischen Budget und Begeisterung
Vergessen wir mal kurz das Bild vom Betriebswirt als reiner Zahlenmensch. In Kiel ist es fast wie im Mannschaftssport: Man sitzt selten allein am Schreibtisch, schon gar nicht im Elfenbeinturm. Gerade in mittleren und kleinen Betrieben – und davon gibt es hier eine ganze Reihe – übernimmt man alles Mögliche: Marktanalysen, Controlling, Konzeptentwicklung, Kundenmanagement, Partnerpflege. Oder kurz gesagt: Wer Abwechslung schätzt und sich auch nicht zu fein ist, mal ganz profan die Abläufe beim Gästefrühstück zu überprüfen, wird sich nicht langweilen.
Andererseits, und das soll keine Schönfärberei sein, schluckt der Kieler Tourismusbetrieb einen ganz anderen Anspruch: Flexibilität, Multitasking, Simultantätigkeit – wie man es auch nennen mag, der Arbeitsalltag hat immer wieder Überraschungen parat. Mal streikt das Buchungssystem, mal droht eine ausländische Reederei mit Rückzug, dann bricht die nächste Umweltdebatte los. Muss man abkönnen. Und ja – man wächst daran, manchmal schneller als einem lieb ist.
Marktlage und Perspektiven – wo Chancen liegen (und wo Grenzen sind)
Manchmal frage ich mich, ob die Glaskugel für die Kieler Tourismusbranche wirklich trüber ist als anderswo oder ob wir hier einfach besonders gern in Worst-Case-Szenarien denken. Klar, die Pandemie steckt uns noch in den Knochen. Und ja, die Energiepreise, die Inflation, der Fachkräftemangel drängen Unternehmen in eine ungewohnte Enge. Aber wenn ich in den einschlägigen Unternehmensrunden zuhöre, höre ich in letzter Zeit vor allem eines: „Wir brauchen Leute, die Prozesse verstehen und gestalten – nicht nur ausführen.“ Genau da kommt der Betriebswirt ins Spiel.
Das Einstiegsgehalt bewegt sich in Kiel meist zwischen 2.700 € und 3.200 €, je nach Arbeitgeber, Abschluss, Aufgabengebiet (und fürs Protokoll: mit Luft nach oben, vor allem dort, wo Personalverantwortung und Spezialwissen zusammentreffen). Die Spanne ist beachtlich – und ja, manchmal muss man sich wie ein Marktschreier für den eigenen Wert starkmachen. Wer den direkten Kontakt mit Kunden und Partnern nicht scheut und Lust auf Gestaltung hat, findet in Kiel ein Terrain, das von Tradition lebt, zugleich aber eine hungrige Sehnsucht nach Entwicklung spüren lässt.
Zwischen Weiterbildung, Wertschätzung und norddeutscher Skepsis
Ernst gemeint: Wer als Berufseinsteiger oder Wechselwilliger in Kiel antritt, unterschätzt oft die Bedeutung der ständigen Weiterbildung. Die Hochschulen der Region bieten mittlerweile recht solide Programme zu Digitalisierung, Nachhaltigkeit im Tourismus, Personalführung – und ja, auch das leidige Thema Recht bekommt man dort nicht einfach als Beifang serviert. Berufsbegleitende Fortbildungen werden zunehmend gefragt. Tendenz? Steigend. Viele Betriebe sind heute offener dafür, dass junge Kräfte Neues mitbringen, anstatt Jahrzehnte vor sich hin zu dümpeln.
Trotzdem: Ein bisschen norddeutsche Skepsis, was allzu große Sprünge und schillernde Innovationen betrifft, bleibt. Nicht alles, was trendig klingt, setzt sich hinterm Nord-Ostsee-Kanal durch – und das ist manchmal auch ganz gesund. Nur: Wer geduldig ist, Beharrlichkeit zeigt und bereit ist, die Sache mit Humor zu nehmen, wird hier nicht einfach verwaltet, sondern kann gestalten. Und – das sage ich aus Überzeugung – die nächsten Jahre werden spannend. Vielleicht rau, möglicherweise uneinheitlich, aber: Wer sich auf Kiel und seine speziellen Eigenheiten einlässt, dem geht so schnell die Luft nicht aus.