Hotel Kloster Haydau | 34326 Morschen
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Hotel Kloster Haydau | 34326 Morschen
Manche Stellenbezeichnungen wirken wie aus einer anderen Welt. Empfangschef – da denkt man unweigerlich an elegante Lobbys, vornehme Zurückhaltung, frische Schnittblumen am Tresen. Ein Abziehbild aus Werbebroschüren. Die Wirklichkeit, zumindest in Erfurt, spielt sich selten im Samthandschuh-Modus ab. Und doch: Wer als Berufseinsteiger oder erfahrene Kraft in der Hotellerie, im Gesundheitswesen oder im Office-Komplex die Rolle des Empfangschefs übernimmt, steckt mittendrin in einer verdammt vielschichtigen Position – an der Schnittstelle zwischen Gast, Team und Chefetage. Klingt abstrakt? Mitnichten.
Es beginnt jeden Morgen aufs Neue: Das Telefon schmettert, der erste Gast wartet – natürlich mit Sonderwunsch –, gerade als im Hintergrund ein Lieferant ausgerechnet jetzt mit seiner Palette durch den Gang will. Wer hier geordnete Abläufe erwartet, rechnet ohne das pralle Erfurter Leben. Wach zu sein, aber nie hektisch zu wirken, darin steckt eine Kunst, die unterschätzt wird. Gäste aus aller Herren Länder, der Handwerker, der „nur kurz was abgeben“ will, die Stammkundschaft aus Erfurt-Nord – sie alle verlangen ihren Anteil an Aufmerksamkeit. Und es ist nicht egal, ob man den Unterschied zwischen höflich distanziert und ehrlich interessiert, zwischen „Kann ich helfen?“ und „Ich kümmer mich drum!“ versteht.
Die Anforderungen sind knifflig, selbst für Routiniers. Es braucht Organisationstalent, Durchsetzungskraft (ohne Machtspielchen), vor allem aber diese merkwürdige Mischung aus Empathie, Pragmatismus und gelassener Wachsamkeit. Wer hier meint, dass die klassische Hotelfachausbildung alles sei, irrt. Ja, Fachwissen im Gastgewerbe ist ein Plus. Aber mindestens ebenso wichtig: Sprachgefühl, Konflikttalent, und nicht zuletzt technisches Grundverständnis. Denn ohne den kleinen Flirt mit digitalem Check-in, Buchungssystemen oder Smart-Access-Lösungen kommt heute niemand mehr weit – ob in der Hotel-Lobby an der Krämerbrücke oder im Ärztehaus in der Magdeburger Allee.
Hand aufs Herz: Wer denkt, mit Administration, Gästezauber und Organisationsgeschick ließe sich in Erfurt die große Kohle machen, blickt nicht auf die Lohnzettel. Die Gehaltsspanne bewegt sich – nach dem, was man von Kollegen hört und selbst erlebt hat – in aller Regel zwischen 2.500 € und 3.400 €. Ein Sprung nach oben? Möglich, wenn Zusatzverantwortung oder Sonderqualifikationen ins Spiel kommen. Privatsache bleibt dabei oft, wie viel Nachtdienst, wie viele Überstunden pauschal erwartet werden. Manchmal regt mich diese diffuse Transparenz auf – gutes Personal ist auch in Thüringen nicht so leicht zu ersetzen, wie viele Personalabteilungen glauben.
Jetzt könnte man meinen, der Arbeitsplatz Empfangschef sei durch die Welle der Digitalisierung angezählt. Touch-Displays statt echter Gesichter? In Erfurt, so mein Eindruck, ist das Gegenteil der Fall: Gerade die Mischung aus Automatisierung und regionalem Charme, aus altmodischer Nähe und technischer Innovation verlangt nach Profis, die mehr können als dröge Routine. Wer glaubt, einfach nur den Monitor bewachen zu müssen, hat die Rechnung ohne die „Omas aus Ilversgehofen“ gemacht, die lieber mit jemandem plaudern statt durch Automaten zu klicken. Oder die Vielzahl von Tagungsgästen, die bei Geschäftsevents an der Messe Erfurt zwischen Zetteln und Apps jonglieren.
Ob man als Quereinsteiger hier die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen sucht oder als Überläufer aus Gastronomie, Medizin oder Verwaltung mal den Neustart wagt – Routine gewinnt man erst, wenn man all die kleinen Katastrophen und Erfolgsmomente mit eigenen Augen erlebt hat. Erfurt ist ein Ort, wo Gastgeberschaft noch etwas zählt – wo die Rolle des Empfangschefs keineswegs Abstellgleis, sondern manchmal fast Königsdisziplin ist. Gut, der Glanz des Berufs verblasst im Alltagsstress schnell. Aber wer den Spagat zwischen Herz, Haltung und Handwerk meistert, wird sich wundern, wie viele Türen plötzlich offen stehen. Oder besser: wie oft Gäste hereinbitten. Und manchmal frage ich mich: Hätte ich gewusst, wie viel Alltag dahinter steckt – hätte ich’s trotzdem gemacht? Ja. Vermutlich schon.
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