CNG Süd-West / NL Stuttgart | Sasbach
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Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Weilheim-Schongau | 78604 Weilheim
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Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Weilheim-Schongau | 78604 Weilheim
Wenn ich an die letzten Monate auf Einsatzwagen, Station oder schlicht irgendwo im Feierabendverkehr der Kaiser-Joseph-Straße denke, schwebt immer dieses Bild vor meinem inneren Auge: Blaulicht zuckt, irgendetwas Herzschlagartiges vibriert im Innern, und zwischen Funkgerät, engen Kurven und fremden Schicksalen balanciert man auf einem dünnen Seil zwischen Routine und Ausnahmezustand. Rettungshelfer in Freiburg zu sein – das ist kein klassischer Job mit Kaffeeautomat und Putzfrau. Nein, hier fühlt sich Feierabend manchmal fast dekadent an.
Freiburg im Breisgau ist kein Großstadt-Moloch wie Berlin, aber von „ruhigem Kleinstadtleben“ kann wirklich keine Rede sein. Zwischen idyllischen Vororten, manchmal etwas eigenwilligen Stadtteilen und den Touristenströmen im Sommer bleiben Notrufe nie aus – oft banale Bagatellen, manchmal das blanke Drama. Wer hier Rettungshelfer wird, erwartet alles und nichts: Kreislaufkollaps an der Haltestelle, Unfall im Radverkehr (gefühlt jede Woche), Alkoholnotfälle im Szeneviertel oder der Klassiker – medizinischer Notfall bei älteren Menschen, völlig überraschend für die Angehörigen.
Die Aufgabe: stabilisieren, beruhigen, oft durch pure Präsenz mehr retten als durch Maßnahmen. Wer glaubt, Rettungshelfer wäre gleich „Action“, vergisst die Stunden des Wartens, Aufräumens und der Nachbereitung – Schichtdienst, klar, nicht immer glamourös. In Freiburg spürt man das Spannungsfeld zwischen Tradition und Wandel: Einerseits gilt das Ehrenamt immer noch viel, andererseits steigt seit Corona die Professionalität im Rettungsdienst, und der Ruf nach Weiterbildung wird lauter.
Rettungshelfer – kleiner Schein, große Wirkung? Die Ausbildung ist überschaubar kurz, doch unterschätzt das keiner, der mal in einer völlig fremden Wohnung minutenlang an einer Reanimation arbeitet, während der Hund kläfft und draußen Passanten gaffen. Typisch Freiburg: Kulturen, Generationen, Sprachen prallen aufeinander. Wer sich im Berufsalltag nicht auf wechselnde Situationen, Menschen und Eigenheiten einstellen kann – wird’s schwer haben.
Praxistauglichkeit ist alles. Medizinisches Wissen, theoretisch ganz wichtig, kommt aber in Wirklichkeit oft erst nach dem Blickkontakt, nach der Einschätzung der Stimmung im Raum. Man muss improvisieren können – die Ausstattung im Wagen ist zwar okay, aber nicht High End. Digitalisierung? Ja, kommt langsam, aber Papierprotokolle und Funkgeräte leben weiter. Freiburg ist, was das angeht, manchmal fast unverschämt bodenständig.
Über Geld spricht man bekanntlich wenig – es sei denn, man muss die Miete in Wiehre oder die belegte Dinkelstulle im Szene-Café bezahlen. Der Verdienst liegt hier meist zwischen 2.300 € und 2.700 €, was für einen Einstieg schnell ernüchternd wirkt – zumindest, wenn man von den Belastungen ausgeht. Nach ein bis zwei Jahren Erfahrung oder durch den Schritt Richtung Rettungssanitäter öffnen sich finanziell langsam Türen: Dann schwankt das Gehalt zwischen 2.600 € und 3.100 €, abhängig von Arbeitgeber, Schichtsystem und Überstundenbereitschaft.
Ein richtiger Reichtumsjob? Sicher nicht. Aber: Wer bleibt, der kann auf dem wachsenden Weiterbildungsmarkt in der Region punkten. Kurse zu Notfallpsychologie, neue Simulationstrainings oder die Option, tiefer in Medizintechnik einzusteigen, sind in Freiburg keine Utopie mehr – man muss sie halt suchen und im Ernstfall auch kämpfen. Vielleicht typisch Breisgau: Wer weiterkommen will, kann das – aber niemand wird es einem hinterhertragen.
Für Unentschlossene, Wechselwillige oder solche, die einen Einstieg suchen: Rettungshelfer ist Beruf und Berufung, manchmal auch ein soziales Sprungbrett. Die Szene in Freiburg ist bunt, durchmischt, teils erstaunlich solidarisch – und gerade in diesen Zwischenräumen, wo Unsicherheit auf Verantwortung trifft, entscheidet sich irgendwann, ob man dazugehört oder nicht. Mich hat der Job geprägt: Man wird pragmatisch, empathisch, manchmal hart, aber nie kalt.
Also: Wer hier einsteigen, wechseln oder bleiben will, muss bereit sein, sich vom Alltag überraschen zu lassen. Und nicht selten ist es dann gerade das Chaos, das einen am Ende wieder zurück auf die Wache zieht.
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