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Wenn man Leuten in Erfurt erzählt, dass man als Rettungshelfer arbeitet – nicht Notfallsanitäter, nicht Rettungssanitäter, sondern „nur“ Helfer – dann blickt man oft in fragende Augen. Fast so, als würde da einer den Job machen, den keiner machen will; oder als müsse man sich rechtfertigen, warum man das überhaupt tut, anstatt „richtigen“ Medizinberufen hinterherzujagen. Aber ist das eigentlich fair? Ich meine, wie viele können spontan zwischen Notfall und Routine unterscheiden, wenn sie nachts um drei beim Unfallort stehen?
Man unterschätzt schnell. Wer sich in Erfurt – vielleicht direkt nach der Schule, vielleicht als Quereinsteiger aus der Industrie – für die Qualifikation zum Rettungshelfer entscheidet, bekommt innerhalb weniger Wochen ein Ticket in eine Welt, in der keine Schicht der anderen gleicht. Das klingt wie Werbesprech, ist im Grunde aber bittere Wahrheit: Hut auf, Jacke an, raus – und plötzlich entscheidet man im Team, ob da jemand gleich ins Klinikum fährt, ruhiggestellt wird, oder ob's reicht, ein Pflaster draufzupappen. Von „nur Tragehilfe“ zum Mitentscheiden in Minuten.
Meist stellt sich die Frage schnell: Reicht das Gehalt, und wie schaut’s mit Anerkennung aus? In Erfurt und generell im Thüringer Raum bewegen sich die Anfangslöhne für Rettungshelfer typischerweise zwischen 2.100 € und 2.400 €. Hin und wieder schwappt ein lokales Gerücht von Zulagen, aber unterm Strich – niemand wird hier reich. Aber man geht auch nicht unter. Wer Geld zum Primärziel macht, schaut sich besser woanders um. So ehrlich muss man sein. Doch die monatlichen Zahlungen allein erzählen nur einen Teil der Geschichte. Viel entscheidender ist, ob man „das Helfen im Blut hat“ – so drückt es jedenfalls eine Kollegin von mir aus, deren nüchterne Art selten Raum für Pathos lässt.
Erstaunlich viel Bewegung, trotz – oder gerade wegen – Personalnot auf den Wachen. In Erfurt stehen seit Jahren die Zeichen auf Mangelverwaltung; die Pandemie hat ihren Schatten über den Kollegenkreis geworfen und die Abgänge durch Überlastung oder Wechsel in andere Bereiche sind keine Einzelfälle. Dabei sind Quereinsteiger durchaus erwünscht. Aber es setzt Robustheit voraus. Das ist keine Raketenwissenschaft – aber eben auch kein Spaziergang durch den Steigerwald. Die Zeiten, in denen nur Durchhaltevermögen zählte, sind allerdings vorbei. Jetzt rutschen auch Themen wie psychische Gesundheit, flexible Dienste und Mitspracherecht auf die Agenda. Und das, zumindest in den urbaneren Teilen Erfurts, zu Recht.
Und dann die Frage: Kann man hier hängenbleiben? Oder driftet man ewig im Interregnum zwischen Anfang und Aufstieg? Ein Praxisthema für viele. Denn klar, die Ausbildung zum Rettungshelfer kann Sprungbrett sein – in Richtung Sanitäter, in Richtung Intensivmedizin. Muss aber nicht. Manche bleiben bewusst auf dieser Zwischenebene, weil ihnen das Lebenspraktische, das „Nicht aus allem einen Fall machen“-Können, wichtiger ist als ständiger Wettbewerb um Höherstufungen. Klingt seltsam – ich habe anfangs auch gestutzt. Mittlerweile begreife ich aber: Ein bis zwei Profis mehr pro Schicht, die mit Bodenhaftung und lokalem Know-how ausgerüstet sind, können mehr retten, als die halbe Retter-Mannschaft mit Traum-Beförderungsplänen im Kopf.
Übrigens: Wer glaubt, als Rettungshelfer bleibe man technisch stehen, täuscht sich gewaltig. Mit dem Sanitätsdienst in Erfurt ziehen Digitalisierung, neue Telemedizin-Anwendungen und dynamische Einsatzlenkung ein – was vor Jahren bloße Science-Fiction war, ist Alltag im Rettungswagen. Aber: Nicht jeder fühlt sich damit wohl. Gerade für Berufseinsteiger kann der Mix aus Technikaffinität und Empathiefähigkeit herausfordernd wirken. Gesellschaftlich? Der Respekt in der Bevölkerung schwankt – mal Begeisterung, mal Gleichgültigkeit, mal die ganz eigene Erfurter Mischung aus Dankbarkeit und latenter Skepsis.
Wer die Scheu vor Nähe und Stress an den Rand drückt, findet in Erfurt im Rettungsdienst einen Beruf, der weit mehr ist als zwei Jahre auf dem Beifahrersitz des Lebens. Wer sich traut, den Sprung zu wagen – und auch mal Frust zu schlucken –, für den hat diese Stadt genau das richtige Maß an Herausforderung. Kein Job für schwache Nerven, aber erst recht kein Job für Ego-Helden. Ob das für einen passt? Tja, am Ende muss das jede und jeder selbst beantworten.
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