Aquanta Hydrogeologie GmbH & Co. KG | 45711 Datteln
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Was macht eigentlich ein Geowissenschaftler in einer Stadt wie Mülheim an der Ruhr? Fragt man Freunde aus München oder Hamburg, hört man oft: „Bodenschätze? In Mülheim? Ihr habt doch nur staubige Zechen und graue Ruhrwiesen.“ Weit gefehlt – denn das Ruhrgebiet, speziell Mülheim, ist ein faszinierender Mikrokosmos, in dem geowissenschaftliches Know-how weit mehr bedeutet als Kohle und Kumpels. Hier treffen jahrzehntealte Industriekulissen auf ambitionierte Klima-Akteure. Es gibt überraschend viel zu tun, gerade für Berufseinsteiger und die, die nach dem dritten Praktikum glauben, sie hätten schon alles gesehen.
Geowissenschaftler, das klingt nach globalen Plattentektonik-Debatten und Gesteinskunde auf dem Himalaya. In der Realität – zumindest in Mülheim – ist vieles profaner, aber deshalb keineswegs trivial. Hier beschäftigen sich Fachleute vor allem mit dem, was unter unseren Füßen liegt: Altlastenerkundungen auf ehemaligen Industriestandorten, Grundwasseranalytik im Uferbereich der Ruhr, Beratung bei Bauprojekten oder Schadstoffmessungen für die Kommunen. Wer glaubt, er sitzt den ganzen Tag mit Hammer und Helm im Feld, täuscht sich – die gute alte Gummistiefelromantik bekommt längst Konkurrenz: Von Digitalisierung bis Fernerkundung ist alles dabei. Ich habe es erlebt: Einen Tag Grubenwasserstand messen, am nächsten Tag 3D-Modelle von Sedimentschichten interpretieren – und dazwischen immer wieder erklären, warum Prognosen in der Geologie mitunter eher Wahrscheinlichkeitsrechnungen als exakte Wissenschaft sind. Wer damit nicht klarkommt, der wird hier schnell nervös.
Mülheim ist – anders als das Nachbar-Essen oder das Flickenteppich-Gelsenkirchen – klein genug, dass man nicht anonym untergeht, aber groß genug, dass für Geowissenschaftler was zu holen ist. Die Nähe zu Forschungseinrichtungen wie dem IWW Zentrum Wasser und diversen Umweltbüros schafft Schnittstellen zwischen Praxis, Wissenschaft und kommunaler Politik. Wer darauf hofft, jede Woche ein neues Großprojekt zu stemmen, wird vermutlich enttäuscht: Der Arbeitsmarkt ist solide, aber nicht spektakulär. Einstiegsgehälter pendeln, je nach Arbeitgeber und Aufgabenfeld, irgendwo zwischen 2.800 € und 3.200 €. Für erfahrene Fachkräfte kann das Gehalt auf 3.600 € bis 4.200 € steigen, vor allem mit Spezialwissen im Bereich Altlastensanierung oder Standortentwicklung. Klingt nach soliden Aussichten? Ja und nein. Unternehmen sparen auch hier, und das Mantra „erst das Gutachten, dann der Etat“ ist ein running gag der lokalen Branche. Manchmal fragt man sich, ob die Liebe zum Detail am Ende mehr zählt als die genaue Zahl auf dem Kontoauszug.
Regionale Besonderheiten? Davon hat Mülheim mehr als so mancher denkt. Wer geowissenschaftlich unterwegs ist, stolpert ständig über Trinkwasserproblematik – die Stadt lebt von und mit ihrem Fluss. Ein Großteil des lokalen Fachwissens dreht sich um Grundwasserneubildung, Nährstoffeinträge und den Umgang mit Altlasten auf renaturierten Arealen, oft mit einem Fuß im Umweltrecht, dem anderen bei kommunalen Auflagen. Doch nicht nur das: Die Digitalisierung hat längst Einzug gehalten. Es braucht Geowissenschaftler, die GIS-Systeme bedienen, mit Fernerkundungsdaten hantieren oder für die Flutungssimulation nicht mehr die alte Zeichenschablone, sondern Python-Skripte nutzen. Wer hier nur auf das Geologenhämmerchen setzt, sieht alt aus – im wahrsten Sinne. Dennoch: Manchmal wünsche ich mir, wir würden weniger auf technische Spielereien und mehr auf Fingerspitzengefühl setzen. Aber vielleicht ist das nur meine altmodische Ader.
Das Spannungsfeld in Mülheim bleibt: Altlasten gegen Bauwut, grüne Flächen gegen Logistikzentren, Trinkwasserschutz gegen industrielle Interessen. Für Geowissenschaftler heißt das: Schaukeln zwischen Kompromissfindung, fachlicher Überzeugungsarbeit und dem Willen, den Naturraum trotz hoher Flächenkonkurrenz zu bewahren. Neueinsteiger sollten sich darauf einstellen, immer wieder in fachfremde Diskussionen einsteigen zu müssen – und Durchhaltevermögen ist mehr wert als die hundertste Note im Studienabschluss. Wer sich in den kommenden Jahren mit regionalen Herausforderungen wie Starkregen-Prognose, Renaturierung oder digitaler Modellierung beschäftigen will, findet hier sein Wirkungsfeld. Mülheim ist kein glamouröser Hotspot – aber ein Ort, an dem man als Geowissenschaftler wirklich gebraucht wird. Genau das macht es so interessant. Und – Hand aufs Herz – so manchmal auch anstrengend bodenständig. Vielleicht ist das ja genau die Mischung, die unsere Zunft lebendig hält. Oder?
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