Bratwursthaus GmbH & Co. KG | 44787 Bochum
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Wie oft denkt man in Münster – zwischen Prinzipalmarkt, Aasee und Kanalufer – an die kulinarischen Expeditionen, die direkt vor der Haustür auf den Wasserstraßen starten? Kaum jemand, behaupte ich mal. Wer hier an Arbeit auf dem Wasser denkt, denkt vielleicht an Bootsverleiher oder, mit ein wenig Fantasie, an Binnenschiffer. Der Schiffskoch allerdings? Der bleibt meist unsichtbar – dabei könnten ohne ihn über viele Tage hinweg nicht einmal gestandene Skipper ihre Motivation halten. Kein Sprit ohne Suppentopf, sozusagen.
Hand aufs Herz: Schiffskoch klingt nach Abenteuer, aber der Alltag besteht weit weniger aus exotischen Kochshows und vielmehr aus Logistik, Improvisation und einer guten Portion Pragmatismus. In Münster, wo der Dortmund-Ems-Kanal bereits seit über einem Jahrhundert das Rückgrat für Binnenschiffe bildet, braucht die Gastronomie an Bord ein anderes Talent als an Land. Vorratsplanung mit Blick auf den nächsten Hafen – nie zu viel, niemals zu wenig. Frischware? Ein Luxus, der vom Törn und von der Belieferung abhängt. In der Praxis verlangt das vor allem solide Erfahrung in klassischer Küchentechnik, aber eben auch die entspannte Robustheit: Morgens Eintopf, mittags Schnitzel, abends Gulasch. Die elementaren Werkzeuge: Großes Messer, kleiner Kühlschrank, stabile Nerven.
Man meint, Münster sei eine Hochburg für Studierende und Radfahrer – ist ja auch nicht falsch. Aber das Revier für Schiffsleute? Übersehen viele, doch spätestens am Hafenahnhof merkt man, dass Binnenschifffahrt Alltag ist. Für einen Schiffskoch heißt das, mit unterschiedlichsten Crews aus halb Europa zu arbeiten; der Fachkräftemangel ist nicht nur eine ausgedroschene Branchenfloskel, sondern im Maschinenraum der Realität angekommen. Schiffe auf dem Kanal brauchen Versorgung – und zwar gut ausgebildete, flexible Küchenleute. Das Einstiegsgehalt? Startet inzwischen selten unter 2.800 €, erfahrene Kräfte pendeln schnell in Richtung 3.000 € bis 3.400 €. Und das – das hören viele nicht so gern – ist nicht vergleichbar mit dem, was in den „hippen“ Innenstadt-Küchen gezahlt wird. Aber, und das sage ich aus Erfahrung: Die Wertschätzung an Bord ist oft ehrlicher als die höfliche Routine beim Servieren von Latte macchiato am Hafenmarkt.
Jetzt mal Tacheles: Wer sich auf den Job als Schiffskoch einlässt, der braucht mehr als nur Begeisterung fürs Kochen. Belastbarkeit – ja, das Wort ist abgedroschen, stimmt aber trotzdem. Das Bordleben ist geprägt von Eigenverantwortung, wenig Ablenkung und einem Rhythmus, der nicht nach Tarif tickt, sondern nach Schleusenöffnungszeiten und Wasserpegel. Ein freier Nachmittag am Ufer von Münster – vielleicht. Oder doch Nachtschicht, weil das Schiff pünktlich durch Mussum will. Viele unterschätzen: Die soziale Komponente. Teamplayer kommt hier nicht als Floskel, sondern als Überlebensstrategie daher. Wer im engen Mannschaftsraum nicht nur Rezepte, sondern auch Nerven teilt – der bleibt. Die anderen steigen wieder aufs Rad um.
Was auffällt: Der Trend zu nachhaltigeren Antriebstechniken, Digitalisierung am Steuerrad – und die fortlaufende Modernisierung der Binnenschifffahrt. Auch als Koch bleibt man davon nicht unberührt. Themen wie Lebensmittelhygiene, Nachweisführung und das Jonglieren mit Allergien oder Unverträglichkeiten bekommen plötzlich auch unter Deck Gewicht. Gekocht wird längst nicht mehr nur nach Augenmaß, sondern mit Blick auf Vorschriften und Qualitätsstandards, die auch an Bord Einzug gehalten haben. Weiterbildung in Richtung Hygienemanagement oder Versorgung unterschiedlicher Ernährungsbedürfnisse ist heute gefragt – ein bisschen wie Sudoku für Küchenprofis. Oder Kopfrechnen unter Seegang.
Manchmal beneide ich jene, die das Kochen an Land für planbar halten. Am Ende frage ich mich oft: Warum werden Schiffskochstellen in Münster so stiefmütterlich behandelt? Vielleicht, weil der Alltag an Bord selten im Rampenlicht steht. Für mich bleibt klar: Wer als Berufseinsteiger:in oder erfahrene Kraft was erleben will, mit Herausforderungen umgehen kann und nicht vor dem sprichwörtlichen Wellengang zurückschreckt – für den kann der Kanal mehr werden als nur eine Wasserstraße zwischen Ruhrgebiet und Nordsee. Manchmal reicht eben ein heller Ofen und eine Prise Mut.
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