ANDERS HOTEL WALSRODE | 29664 Walsrode
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ANDERS HOTEL WALSRODE | 29664 Walsrode
Eine Küche, die schwankt? In Hannover erwartet das niemand. Und doch gibt es sie, die schwimmenden Arbeitsplätze – auf der Leine, dem Mittellandkanal oder dem Maschsee. Manchmal frage ich mich, warum eigentlich gerade hier Schiffskochs gesucht werden. Ist Hannover doch kein klassischer Hafen, eher Drehkreuz als Weltmeer. Aber der Beruf selbst, das merkt man spätestens nach ein paar Gesprächen mit Kollegen, ist so bodenständig wie überraschend vielseitig – und manchmal, da lässt er sich in keine Schublade pressen.
Wer glaubt, als Schiffskoch in Niedersachsen koche man den ganzen Tag nur Bratwurst für Ausflugskapitäne, irrt. Ich kenne altgediente Kollegen, die mit Pokerface für zwanzig hungrige Matrosen das Essen zaubern, teils dreimal am Tag, und zwar bei jedem Wetter. Anders als in der klassischen Restaurantküche braucht es auf dem Schiff ein Talent für Improvisation. Der Einkauf? Eine Sache des Timings. Heute in Hannover am Anleger, morgen schon auf dem Kanal weit und breit kein Supermarkt. Also Vorratswirtschaft, gute Planung – und, nicht zu unterschätzen, die Nerven, wenn es an Bord mal wieder stürmt. Oder wenn einer der Crew zum dritten Mal in einer Woche nach veganen Alternativen fragt. Die Stimmung in der Kombüse ist dabei oft direkt von der Laune des Kochs abhängig – kein Witz, aber fast psychologische Verantwortung.
Das mit dem Gehalt – das lässt sich in Hannover gar nicht so pauschal sagen wie am Nordseedeich. Schiffskochs verdienen hier nach meiner Erfahrung irgendwo zwischen 2.500 € und 3.300 € – ein Rahmen, der nach oben offen bleibt, wenn zusätzliche Scheine in Sachen Lebensmittelhygiene oder Spezialkenntnisse vorliegen. Attraktiv? Für manche ja, zumal das Bordleben nicht selten Extras wie Gratis-Mahlzeiten und gelegentlich ein Einzelzimmer in der Kajüte mitbringt. Klingt nach Abenteuer, manchmal ist es aber schlicht: harte Arbeit mit gelegentlicher See-Romantik, mitten in der niedersächsischen Hauptstadt. Ich sage ganz ehrlich, Luxus ist das keiner, aber wer den Rhythmus mag, kommt auf seine Kosten. Zumal der Bedarf so konstant ist wie die Strömung am Schiffshebewerke.
Nicht zu unterschätzen ist der technische Fortschritt. Moderne Binnenschiffe in Hannover setzen zunehmend auf energieeffiziente Küchen, Schnellkocher und digitale Lagerhaltung. Das verlangt mehr als Kochkünste alter Schule: Wer mit Technik auf Du und Du steht, schneidet besser ab, gerade bei den größeren Reedereien, die hier verkehren. Kommunikation? Ein Thema für sich, denn in der Kombüse begegnen sich diverse Kulturen – die Mischung aus Alt-Hannoveraner Sprüchen und polnischem Fluchvokabular kann schon mal zu schrägen Szenen führen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt, nicht bloß beim Würzen. Ach, und unterschätzen sollte man nicht, wie sehr die Mentalität im Team den Tag bestimmt. Mal ist man Therapeut, mal Animateur – Hauptsache, die Truppe bleibt bei Laune.
Für Einsteiger ist der Beruf eine besondere Schule. Man wächst an Verantwortung und Routine, hin und wieder an seinen Nerven. Wer bereit ist, ins Unbekannte zu springen – und das ist in Hannover auf dem Schiff noch so eine Sache für sich – erlebt, was echte Allrounder-Qualitäten sind: Kochen, kalkulieren, organisieren, manchmal schlicht durchhalten. Weiterbildungsmöglichkeiten gibt’s durchaus, von Zusatzkursen zur Ernährung bis hin zu Küchenmeisterlehrgängen. Trotzdem bleibt es ein Beruf abseits vom Mainstream. Ich habe den Eindruck, dass Hannover viele Kuriose anzieht, die keine Angst vor Eigenheiten haben: Schiffskoch ist – trotz städtischem Umfeld – nach wie vor eher Berufung als bloßer Job. Vielleicht ist genau das in einer Zeit rascher Wechsel der größte Luxus.
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