L.i.Ma. e.V. | 10115 Berlin
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Aramaz Digital | 06886 Lutherstadt Wittenberg
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Es gibt Städte, da ist Musik mehr als ein Nebengeräusch. Potsdam – ja, ich meine die Stadt hinterm Schloss, zwischen Seen und Parkanlagen – zählt zweifellos dazu. Wer als Musiklehrer oder Musiklehrerin hier neu einsteigt, kommt nicht nur in ein Kulturerbe, sondern in einen Alltag zwischen Tradition und Gegenwartsdruck. Klingt romantisch, ist im Detail aber überraschend widersprüchlich.
Die fachlichen Anforderungen wachsen, zumindest gefühlt, jedes Jahr ins Uferlose. Unterricht fängt bei der klassischen Stimmbildung an und reicht, je nach Schule oder individueller Fachrichtung, über Band-Projekte, Musikgeschichte und das Jonglieren mit aktuellen digitalen Tools – Audio-Software und „Smartboard-Chorproben“, nennt das eine Kollegin ironisch. Kein Instrument zu beherrschen? Schwierig. Nur ein Instrument? Reicht heute vielen Pädagogenstellen nicht mehr. Und während man innerlich noch die Barock-Ballade vorbereitet, plant man im Kopf schon das nächste Band-Coaching mit 13-Jährigen, die letzte Woche erst ihren Musikgeschmack als „oldschool“ beschimpften. Das ist keine Raketenwissenschaft, aber eben auch nicht der sprichwörtliche Spaziergang.
Um’s Finanzielle kommt man nicht herum, auch wenn Musiklehrkräfte gern so tun, als ginge es nur ums „künstlerische Erleben“. Was Anfängerinnen oder Quereinsteiger in Potsdam tatsächlich erwartet: Wer an einer städtischen Musikschule einsteigt, kann irgendwo zwischen 2.600 € und 3.300 € landen – je nach Stundenkontingent und Qualifikation. Der öffentliche Schuldienst, sofern man tatsächlich ein sogenanntes Lehramt „Musik“ vorweisen kann, legt noch etwas drauf: Da laufen je nach Erfahrungsstufe und Laufbahn Zuschläge auf, die durchaus auf 3.400 € bis 4.400 € rauslaufen. Aber jetzt kommt’s: An freien Schulen, privaten Musikschulen oder als Selbstständiger ist die Spannbreite offen wie ein frisch gestimmtes Klavier. Viel hängt am eigenen Stundenplan, an der Bereitschaft zu Wochenend-Workshops – und na ja, am eigenen Ruf.
Es herrscht die verquere Situation: Einerseits wird musikalische Bildung längst nicht mehr als Luxus betrachtet (danke, UNESCO-Konvention), zugleich steht das Künstlerische im Schulsystem irgendwo zwischen „wichtig, aber...“ und „das kann auch mal ausfallen“. Besonders in Brandenburg zieht sich das nicht nur durch den Unterricht, sondern auch durch die äußeren Bedingungen: Musikräume werden gerne mal zur Abstellkammer, Zeiten gestrichen, Material knapp kalkuliert. Manchmal fragt man sich, wer sich eigentlich intensiver engagieren muss – die Sachbearbeitung im Schulamt oder der Musikpädagoge vor Ort.
Einer der wenigen Bereiche, in denen sich für Musiklehrkräfte tatsächlich etwas verändert hat, ist die schleichende – manchmal fast verstolperte – Digitalisierung. Die Musikschulen in Potsdam sind mittlerweile besser ausgestattet als noch vor fünf Jahren, das muss man zugeben. Smartboards, Lernplattformen, Video-Feedback – das ist nicht mehr nur Theorie. Aber das ist auch mehr Arbeit, denn wer Kindern das Arrangieren am Tablet beibringen will, steht selbst vor einem Lernpensum, das man früher getrost an IT-Abteilungen abdelegieren konnte. Oder die einfach nicht existierten. Ob das Einmaleins der Harmonielehre dadurch leichter, der Unterricht spannender wird? Das würde ich bezweifeln. Und doch: Wer hier offen ist, neue Formate zu nutzen, wird zumindest in Potsdamer Schulen und Musikschulen längst nicht mehr schief angeschaut.
Kann man in Potsdam als Musiklehrer eine professionelle Heimat finden? Das ist möglich, wenn auch selten so gradlinig wie in juristischen Berufen. Musikalische Projekte, Zusatzqualifikationen, interdisziplinäre Fortbildungen (Stichwort „Musiktherapie“ oder „Kulturmanagement“) schaffen heute Vielfalt statt Einbahnstraßen-Denken. Tatsächlich macht genau das für viele Kolleginnen und Kollegen den Reiz aus. Aber es braucht einen langen Atem und einen guten Sinn für die Wechselwirkung zwischen Kunst und Struktur. Vielleicht ist das Fazit: Wer in Potsdam auf Takt und Timbre achtet, sich aber nicht im System verliert, hat als Musiklehrer mehr als nur einen Platz vor dem Orchestergraben. Manchmal ist das eben der ganze Bühnenraum – zwischen Tradition und der Notwendigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden.
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