Aramaz Digital | 06886 Lutherstadt Wittenberg
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Wie klingt eigentlich ein Arbeitstag als Musiklehrerin in Magdeburg? Ich könnte jetzt mit Klischees kommen: ein bisschen Flötenspiel, ein bisschen Noten verteilen, ab und zu ein „Bravo!“ – aber wer das glaubt, soll bitte mal an einem Dienstagmorgen durch den Gänsehautflur einer Grundschule laufen, wenn vierzig Grundschüler gerade ihre Kräfte im rhythmisierten Taktverschub messen. Da fliegt so manches Schlagholz tief und es ist, sagen wir es gerade heraus, kein beiläufiges Musikantenstadl, sondern ein Beruf mit Anspruch, Eigenheiten – und durchaus: Fallstricken.
Tatsächlich ist der Musikunterricht in Magdeburg – wie in den meisten großen Städten mit ihrem recht ehrgeizigen Kulturverständnis – mehr als ein Schulfach. Wer hier als Einsteigerin antritt, übernimmt zwangsläufig auch eine Portion Kulturauftrag. Denn, Hand aufs Herz: In einer Stadt, in der es eine lange Theater- und Orchestergeschichte, aber eben auch Nachwuchssorgen im kreativen Bereich gibt, sind Musiklehrkräfte mehr als nur Notenvermittler. Sie sind ein bisschen Bühnenmeister, Motivatorin, Seelentröster, Kontrollorgan im Vorfeld schulischer Aufführungen – aber eben auch Expert*in, wenn außer der Reihe die Frage kommt, wie man ein D vorher auflöst, um nicht im Takt zu stolpern. Musik als Erlebnisraum: Wer das nicht mitbringt, bleibt im Magdeburger Schulchor eher Dirigent im Nebel.
Das Geld, sagen viele, sei im Lehrberuf sicher. Das stimmt – nun ja, bis auf die berühmten Ausnahmen, also wenn eine Stelle mal wieder in städtischer oder freier Trägerschaft zahlt. Hier bewegt sich das Gehalt meist zwischen 2.800 € und 3.400 €, bei verbeamteten Kolleginnen sind – abhängig von Stufe, Alter, Geduld und manchmal auch der Größe des schulischen Orchesters – bis zu 4.000 € drin. Für viele Berufseinsteiger wirkt das erst mal solide, gerade wenn man von musikschulischen Honoraren mit 25 € pro Stunde kommt. Aber: Wer den Angestelltenweg wählt, muss gelegentliche Extrastunden, das Ehrenamt am Bühnenrand und leidlich motivierende Elternabende ins Paket einpreisen. Sicherheit? Ja, das gibt’s – solange man schwankende Stundenpläne und Unterrichtsausfälle sportlich wegsteckt. Ich kenne nicht wenige, die davon Kopfschmerzen bekommen haben. Ehrlich gesagt, manchmal ich auch.
Was Magdeburg spannend (und gelegentlich anstrengend) macht: Die kulturelle Infrastruktur ist groß, aber immer stärker im Wandel. Ja, es gibt die Musikschultraditionen, Blasorchester und eine erstaunlich lebendige Kinderchorszene. Gleichzeitig drängen neue Technologien ins Klassenzimmer – Musikapps, digitale Klaviere, Online-Plattformen. Für manche erfahrene Lehrkraft eine Zumutung, für andere Berufseinsteiger eine freundliche Einladung, den Musikunterricht lebendiger (und vielleicht weniger staubig) zu gestalten. Fakt ist: Wer Musik in Magdeburg nur „klassisch“ denkt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Umgekehrt aber, die Kids dauerhaft nur mit Tablett und Beatbox zu begeistern? Auch das funktioniert selten auf Dauer. Der Mittelweg fordert Augenmaß, Neugier – und, seltsamerweise, eine gewisse Resistenz gegen pure Innovationseuphorie.
Jetzt mal Klartext: Der große Bedarf an Musiklehrkräften ist in Magdeburg längst spürbar. Gerade Schulen im Randbereich suchen händeringend nach Leuten, die mehr bieten als nur Standardliteratur und Rhythmik fürs Zeugnis. Das öffnet Türen, überraschend viele sogar – aber es birgt die Gefahr von Überforderung und Schnellbesetzung. Ich habe das mehrfach erlebt: Plötzlich ist man Ansprechpartnerin für drei Musik-AGs, Schulkonzert und Bastelgruppe. Wie sehr sich dabei die eigene Belastungsgrenze verschieben kann (oder eben nicht), spürt man oft erst, wenn das Singen im Lehrerzimmer lauter wird als im Chor.
Wer sich heute für die Arbeit als Musiklehrerin in Magdeburg entscheidet – egal ob direkt nach dem Examen, als Quereinsteiger oder leidenschaftliche Multi-Jobberin – wird Teil eines Systems, das mehr Fragen als Antworten bietet. Hier zählt nicht nur das perfekte C-Dur. Es geht um Zuhören, Ertragen, Begeistern, Hinfallen, Wiederaufstehen. Und um die Fähigkeit, sich selbst gelegentlich ironisch auf die Schulter zu klopfen. Denn manchmal kommt noch immer ein Kind zum Musikunterricht, das fragt: „Und krieg ich dann später auch Applaus?“
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