ecolea education GmbH & Co. KG | Schwerin
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Wer in Lübeck als Musiklehrerin oder Musiklehrer seinen Berufsstart plant oder einen Wechsel in Erwägung zieht, trifft – so mein Eindruck – auf einen Arbeitsmarkt, der gleichermaßen voller Inspiration wie Unwägbarkeiten steckt. Lübeck, die Hansestadt mit ihren Backsteinträumen und Orgellandschaften, verströmt mehr musikalische Patina als manch anonymer Ballungsraum. Aber: Die Altstadtpracht bezahlt keine Miete, und der Alltag zwischen Partitur und Klassenraum hat seine Eigenheiten. Es ist nicht das Märchen vom Musikgenuss auf rotem Teppich, sondern ein facettenreiches Arbeitsfeld – irgendwo zwischen Tastenstaub und dem Spagat zwischen Tradition und Technikwelle.
Was macht eigentlich die Arbeit als Musiklehrkraft in Lübeck speziell? Für mich ist das weniger eine Frage strenger Lehrpläne als ein Tanz mit den Realitäten vor Ort. Die städtischen Musikschulen und das berühmte Lübecker Musikgymnasium bilden gewissermaßen Pole: Einerseits lebt die Szene von klassischer Klangpflege, von Orchesterprojekten in historischen Sälen – Stichwort: Akustik-Nostalgie. Andererseits fordern die Lebenswelten vieler Jugendlicher heute methodische Flexibilität. Formate wie digitale Klavierstunden oder improvisierte Bandprojekte im Jugendzentrum machen deutlich, dass pädagogischer Innovationsgeist mindestens so wichtig ist wie das perfekte Beherrschen der Sonate (und seien wir ehrlich: Wer will schon ewig den Flohwalzer hören?). Wer nur auf die Vergangenheit setzt, tut sich hier auf Dauer schwer.
Der Einstieg ins Musiklehramt – sofern er an einer öffentlichen Schule oder im festen Musikschulumfeld gelingt – verlangt in Lübeck meist nach einem akademischen Abschluss, sei es im Fach Musikpädagogik, Schulmusik oder Instrumentalpädagogik. Das klingt nach Plan, und ja: fundierte Ausbildung hilft, zumal die Unterrichtsvielfalt steigt. Gitarrenarbeit, Ensembleleitung, Musiktheorie, Digitalisierung – oft prasselt alles auf einmal herein. Viele Berufseinsteiger:innen unterschätzen die Doppelbelastung aus pädagogischem Anspruch und eigenem Übepensum. Hinzu kommt der wirtschaftliche Faktor: Das Einstiegsgehalt liegt im öffentlichen Schuldienst oder an städtischen Musikschulen oft zwischen 3.200 € und 3.900 €, je nach Qualifikation und Wochenstunden. Freiberuflich? Eine andere Welt. Da schwanken Honorare gern zwischen 20 € und 65 € pro Unterrichtsstunde – tendenziell mit Luft nach oben, aber ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. So schön der Beruf klingt: Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit.
Lübeck atmet Musikgeschichte, das stimmt. Aber die Stadt erneuert sich leise, und das bleibt eine Herausforderung wie eine Chance. Die Nähe zur Musikhochschule Lübeck sorgt dafür, dass immer wieder junges didaktisches Know-how in den Unterrichtsbetrieb schwappt – moderne Konzepte, Musiktechnologie, Crossover-Projekte. Doch die mediale Digitalisierung schreitet auch hier voran: Kleinstudios in Wohnungen, Online-Gitarrenunterricht, spezialisierte Fördergruppen für musikalisch Hochbegabte – es bleibt ein ständiges Ausschwingen zwischen Bewahren und Loslassen. Manchmal frage ich mich, ob Lübecks wohlige Behaglichkeit Mut zur Disruption verhindert, aber dann sitzen plötzlich 20 Kinder mit Synthesizern in der Projektwoche – und der Dom klingt nicht mehr nach Mendelssohn, sondern nach Hip-Hop-Grooves.
Was viele unterschätzen: In Lübeck ist musikalische Qualität Ehrensache, aber Burnout-Prävention sollte es auch sein. Wer die Chance bekommt, sich zwischen schulischer Festanstellung, Teildeputat und freiem Unterricht zu positionieren, muss jonglieren können – nicht nur mit Rhythmen. Die Weiterbildungslandschaft? Eher kleinteilig, aber mit Niveau. Hospitationen an der Musikhochschule, Workshops zu inklusiver Musikvermittlung oder Digital-Labs sind möglich, wenn man die Augen offen hält.
Mein Fazit nach vielen Begegnungen: Echtes Musiklehrersein in Lübeck ist weniger Opernball, mehr Teilhabe am urbanen Leben zwischen Elb- und Ostseewind. Wer Lust auf kreative Grenzgänge, Geduld für das ganz andere Klassenklima und ein Gespür für neue Klangräume mitbringt, findet hier einen Beruf, der mehr bietet als Routine im Takt. Und wer glaubt, Hansestädte seien gestrig, sollte mal im Herbst beim Jazz-Workshop an der Trave vorbeischauen. Aber Vorsicht: Wer hier einmal einzieht, bleibt oft länger als geplant. Oder eben fürs Leben.
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