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Universitätsklinikum Köln (AöR) | 50667 Köln
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Manchmal kommt mir der Arbeitsalltag eines Molekularbiologen ein wenig wie ein skurriles Bühnenstück vor: Da stehe ich, morgens um acht, im weißen Kittel, umgeben von quietschenden Pipetten und einem Kühlschrank voller mysteriöser Proben, während draußen auf Essens grauen Straßen das Leben tobt. Ganz ehrlich – wer den Begriff „Molekulare Biologie“ für trocken hält, hat wohl nie erlebt, wie ein PCR-Gerät um Viertel vor fünf den Geist aufgibt, gerade rechtzeitig zur Frühjahrsdeadline eines Forschungsprojekts. Da hilft dann auch kein doppelter Espresso mehr, höchstens die Routine, die bei Berufseinsteigerinnen und Umsteigern noch brüchig wirkt. Und ja, manchmal fragt man sich: Warum genau Essen?
Die Stadt – einst überschattet vom Kohlepott, heute zusehends high-tech und medial: Essen wirkt auf den ersten Blick nicht wie das Mekka der Lebenswissenschaften. Und doch: Zwischen Uni-Klinikum, diversen Forschungsinstituten und einer wachsenden Biotech-Szene entsteht schleichend so etwas wie ein regionales Ökosystem für Molekularbiolog:innen. Wer glaubt, hier lande nur, wer im Süden keinen Fuß in die Tür bekommt, irrt gewaltig. Gerade Berufseinsteiger bekommen die Chance, sich in interdisziplinären Teams zu behaupten – die Mischung aus Alt und Neu ist manchmal anstrengend, aber selten langweilig.
Was viele unterschätzen: Die klassische Laborarbeit ist heute von Bürokratie und Qualitätsmanagement kaum zu trennen. Kein Tag ohne Protokolle, Dokumentationspflichten, Datenauswertung. Immer häufiger wird zudem verlangt, bioinformatische Skills vorzuweisen, egal ob’s um CRISPR, Next-Generation-Sequencing oder die ewige Hatz nach neuen Biomarkern geht. Klare Trennung zwischen Forschung und Anwendung? Kaum noch zu finden. Wer am liebsten stur im Labor hantiert, wird in Essen genauso gebraucht wie Leute mit Hang zum Projektmanagement – jedenfalls, solange sie keine Angst vor Plaudereien mit Medizintechnikern oder Statistikern haben.
Hand aufs Herz: Idealismus ist wichtig, bezahlt aber nicht die Miete. Das Einstiegsgehalt in Essen pendelt je nach Betrieb und Qualifikation normalerweise zwischen 2.800 € und 3.500 €, mit dem gelegentlichen Ausreißer nach oben, wenn es in die Industrie oder zu einer leitenden Position geht. Im universitären Bereich hingegen reden wir gern mal von 2.500 € bis 3.100 €. Klingt erst mal solide. Und doch: Wer Forschung liebt, schiebt tendenziell mehr Überstunden für weniger Anerkennung, während die Wirtschaft mit diversen Boni und Firmenfitness wirbt. Wunder darf man keine erwarten, legendäre Tarifverhandlungen schon gar nicht. Immerhin, die Kostenstruktur in Essen ist (noch) moderat – keine Schickeria-Mieten wie in München oder Heidelberg.
Was viele übersehen: Die Anforderungen drehen sich so schnell, wie ein Zentrifugenrotor auf Höchsttouren. Kaum hat man eine neue Laborsoftware verinnerlicht, steht die nächste Umstellung ins Haus. Die Medizinische Fakultät, verschiedene Institute und Betriebe in der Region haben das erkannt und bieten halbjährlich Fortbildungen, Workshops oder sogar fachspezifische Zertifikatskurse an, häufig eng verzahnt mit industriellen Kooperationspartnern. Wer hier nicht regelmäßig mitzieht, fällt schneller aus dem Rennen, als es einem lieb ist – klingt anstrengend, ist aber in Wahrheit die einzige Chance, nicht zur Randnotiz im Stationsbuch zu werden.
Einen Widerspruch gibt's doch, den viele verdrängen: Die molekulare Biologie zieht Leute an, die für Wissenschaft brennen – verlangt aber neben Geduld und Genauigkeit eben auch einen Hang zur Improvisation. Die Essener Szene, so klein sie anmutet, lebt von Leuten, die Jacken von 1985 tragen, dabei aber CRISPR-Patente kommentieren und nach der Arbeit bei Pommes und Pils neue Paper zerlegen. Ein charmanter Anachronismus, manchmal nervig, meistens bereichernd. Wer bereit ist, sich einzulassen, nicht nach Schema F arbeitet und keine Angst hat, zwischen Frustration und Euphorie zu pendeln – der kommt in Essen durchaus auf seine Kosten. Beziehungsweise: Manchmal auch nur auf seinen eigenen.
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