LMU Klinikum | 80331 München
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Stiftung ICP München | 80331 München
Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Ostallgäu | 87616 Marktoberdorf
Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Ostallgäu | 87616 Marktoberdorf
LMU Klinikum | 80331 München
Stiftung ICP München | 80331 München
Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Ostallgäu | 87616 Marktoberdorf
Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Ostallgäu | 87616 Marktoberdorf
Wer morgens im Hochsommer durch die Augsburger Altstadt schlendert, stößt irgendwann garantiert auf Menschen, die ihm einen Spiegel vorhalten – still, in Rollstühlen, oft begleitet von engagierten Pflegekräften. Es ist eine Szene, die mir immer wieder vor Augen führt, wie vielschichtig und real dieser Beruf ist. Die Realität von Krankenpflegehelfern und Pflegehilfskräften in der Behindertenpflege hat nichts gemein mit den wohlklingenden Schlagwörtern der Personalpolitik oder dem glänzenden Image aus Imagebroschüren. Augsburg wirkt ganz bodenständig. Bodenständigkeit – das trifft es auf den Punkt, wenn man die eigentliche Arbeit, das Arbeitsumfeld und die Herausforderungen in diesem Arbeitsfeld beschreiben müsste.
Welche Aufgaben erwarten einen tatsächlich? Zwischen Grundpflege, Assistenz bei der Mobilität, Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme und fördernden Tätigkeiten im sozialen Bereich – die Bandbreite ist enorm, besonders wenn es um Menschen mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen geht. Und genau hier versteht man, warum der Job in erster Linie keine mechanische Routine ist, sondern täglich ein individueller Kraftakt zwischen Nähe und professioneller Distanz. Wer einsteigt, erwartet gelegentlich eine Art festen Ablauf, fast wie in einer Fabrikhalle. Schnell wird klar: Das existiert nicht. Stattdessen: Flexibilität ist Gesetz; Unplanbarkeit der Tagesform der Klienten ist Alltag. Wer damit nicht zurechtkommt, wird schneller müde als er denkt. Ich spreche da aus Erfahrung – Routine wird in diesem Feld regelmäßig von ungeplanten Herausforderungen zerlegt.
Das Einkommen? Ein umstrittenes Thema, heiß diskutiert in Kantinen, auf Fluren, manchmal sogar in der Straßenbahn. In Augsburg bewegt sich das monatliche Gehalt je nach Träger, Wochenstunden und praktischer Erfahrung größtenteils zwischen 2.200 € und 2.700 €. Mit Nachtschicht und Wochenenddiensten kann es auch bis 2.900 € gehen – kein Geheimnis: Für die Belastung, die man oft mit nach Hause nimmt, klingt das nicht überragend. Dennoch muss ich (fairerweise) einräumen: Die Sicherheit der Anstellung, gerade bei größeren Trägern im Raum Augsburg, lässt sich nicht einfach von der Hand weisen. Wer auf der Suche nach einem Arbeitsplatz ist, der nicht alle zwei Jahre um seine Existenz bangen lässt, findet hier trotz aller Herausforderungen bleibende Perspektiven.
Und die Entwicklung? Wer jetzt glaubt, nach der Ausbildung sei das Plateau erreicht, täuscht sich. Ich habe erlebt, wie Kolleg:innen mit Mut und Weiterbildungsbereitschaft in Augsburg an Fachfortbildungen teilnehmen, spezialisierte Aufgaben übernehmen oder über die Jahre „unverzichtbar“ für Stammklient:innen werden. Die Nähe zur medizinischen Versorgung durch Universitätskliniken oder spezialisierte Einrichtungen bietet durchaus Spielraum: Schulungen in Betreuung schwieriger Verhaltensweisen, neue Standards im Umgang mit moderner Medizintechnik – gerade im Bereich elektronisch unterstützter Hilfsmittel gibt es immer wieder unerwartete technische Innovationssprünge. Kein Tag vergeht, an dem man nicht mit einer neuen App, einem Monitoring-Tool oder angepassten Dokumentationsstandards überrascht wird. Schön wäre es, wenn proportional dazu die Entlastung spürbar steigt – aber das ist, mit Verlaub, Wunschdenken.
Was Menschen aus anderen Branchen oft nicht verstehen: Wer in die Behindertenpflege in Augsburg wechselt, entscheidet sich für mehr als einen Job. Man gibt seinen persönlichen Kalender in gewisser Weise ab. Früh-, Spät-, Nachtdienst, Doppelschichten, Springerrollen – eine Planbarkeit wie im Lehrbuch gibt es kaum. Dennoch gibt es Momente, die man nirgendwo anders bekommt: Wenn ein ansonsten teilnahmsloser Bewohner plötzlich lacht und aus sich herausgeht; wenn ein hilfloser Mensch, der vorher alles ablehnte, am Ende der Schicht ein "Danke" in seine Mimik zaubert. Das kann einen tragen – manchmal über Wochen. Oder eben auch nicht. Denn ja, die Schattenseiten darf man nicht ausblenden: Überlastung, emotionale Erschöpfung und die Sehnsucht nach geregelteren Abläufen sind allgegenwärtig. Dennoch: Die Nachfrage bleibt hoch. Augsburg ist als wachsender Medizinstandort auch ein Schauplatz für gesellschaftlichen Wandel, mehr Inklusion, mehr Individualität. Und das schlägt sich langfristig auch in der Wertschätzung und Weiterbildung nieder.
Vielleicht öffnet gerade diese Ambivalenz die Augen: Der Beruf des Krankenpflegehelfers in der Behindertenpflege ist nichts für Menschen, die Perfektion suchen – sondern für diejenigen, die mit Unwägbarkeiten tanzen und dabei den Humor nicht verlieren. Augsburg bietet für diese Menschen mehr als nur Arbeitsplätze. Es ist ein Testfeld für Menschlichkeit im Großstadtformat – mitten im Alltag. Und ganz ehrlich: Manchmal, wenn ich die Schicht verlasse, denke ich mir – vielleicht ist das sogar mehr wert als eine Hochglanzkarriere im Büro. Aber sicher bin ich mir nie. Wer ist das schon?
Das könnte Sie auch interessieren