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Manchmal frage ich mich, ob je jemand ehrlich vorbereitet ist auf den Schritt in die Klinische Pharmazie – speziell hier bei uns in Saarbrücken. Ganz gleich, ob man frisch von der Uni kommt, schon Jahre im Handverkauf erlebt hat oder als erfahrene Fachkraft jetzt neugierig den Klinikflur betritt: Der Sprung ins kalte Wasser bleibt. Was viele unterschätzen, ist die Eigenlogik, die die klinische Pharmazie vor Ort – zwischen Uniklinik, regionalen Akutkrankenhäusern und den kleinen Pflegediensten um die Ecke – entwickelt hat. Ein eigensinniges Biotop aus Teamarbeit, Kontrolle, Beratung und einer ordentlichen Prise Alltagspraxis, die selten durch das Lehrbuch fällt.
Der Alltag? Weit mehr als Tablettenausgabe und Medikationspläne. Die Kunst, zwischen Theoretischem und Machbarem zu vermitteln, prägt das Berufsbild hier mehr als jede Formulierung in der Approbationsordnung. Wer als Berufseinsteiger:in den Stationsdienst begleitet oder an Konferenzen teilnimmt, kennt die Mischung aus Herausforderung und – ja, manchmal – Resignation: Da will man evidenzbasiert intervenieren, stößt aber auf komplexe Realität, knappe Ressourcen, Zeitdruck oder schlichtweg eine Vielzahl von Therapieschulen, die im Saarland noch recht unterschiedlich gepflegt werden. Mir persönlich gefällt dieser Spagat – gerade weil man immer wieder mit Improvisationstalent und einem gesunden Maß an Hartnäckigkeit gefordert ist. Wer nicht gerne kollegial diskutiert oder nachfragt, wird sich schwertun.
Auffallend in Saarbrücken: Die regionale Nähe zum französischen Gesundheitssystem schimmert öfter durch, als es das formale Regelwerk vermuten ließe. Austausch über Arzneimittelverfügbarkeiten, Adaptionen bei Lieferengpässen und der Umgang mit grenzüberschreitender Medikation fordert den „klinischen Blick“, der weit über die Schnelldisziplin „Verfügbarkeitscheck“ hinausgeht. Vor allem im Bereich Onkologie oder Infektiologie zeigt sich, wie unterschiedlich die Patientenkollektive und Abläufe sein können. Dabei entstehen – je nach Abteilung – Mikrokosmen, die eigene Denkweisen und Interaktionsstile hervorbringen. Nicht immer bequem, manchmal aber auch inspirierend.
Was das Thema Gehalt betrifft, kann ich nur sagen: Rosig mag anderswo sein, aber verhungern muss hier niemand – und umgekehrt lassen sich ganz solide Rahmenbedingungen finden. Das Einstiegsgehalt bewegt sich bei 3.100 € bis 3.400 €, erprobte Kolleg:innen landen auch mal bei 3.600 € bis 4.100 €, oft abhängig von Träger, Bettenhausgröße oder Leistungszulagen. Tarifverträge? Ja, aber deren Umsetzung schwankt von Einrichtung zu Einrichtung. Private Häuser, öffentliche Kliniken, Unikliniken – nicht selten interessiert dort der Tarifvertrag eher in der Theorie. Wer auf Leitungsfunktionen, spezielle Fortbildungen oder Schnittstellen zu Arzneimittelkommissionen setzt, kann die eigene Vergütung durchaus ein Stück weit mitgestalten – sofern man den regionalen Drahtseilakt zwischen Anspruch und Realität nicht scheut.
Und Weiterbildung? Saarbrücken ist – ich sage es ungern, aber offen – kein Goldtopf für Fortbildungsfanatiker, aber das Pendeln nach Homburg oder ins erweiterte Rhein-Main-Gebiet ist machbar. Besonders, wer mit dem Gedanken spielt, sich bei AMTS, klinischer Beratung oder onkologischer Pharmazie zu spezialisieren, trifft zumeist auf offene Türen – manchmal allerdings erst dann, wenn ein Engpass erkannt wurde. Der berühmte Mangel als Karrierebeschleuniger – eine charmante Logik.
Gesellschaftlich befindet sich die Klinische Pharmazie im Saarland seit Jahren im Wandel – Digitalisierung hin oder her. Die Einführung von elektronischer Patientenakte, arzneimittelbezogener Dokumentation oder Medikationsmanagement steckt in Saarbrücken vielerorts noch in den Kinderschuhen. Das bietet einerseits Gestaltungsspielraum, manchmal aber auch jenen typischen regionalen Pragmatismus: „Was gestern lief, läuft auch morgen.“ Man muss das aushalten wollen. Aber wenn ich ehrlich bin: Wer Lust hat, Pionierarbeit zu leisten oder Verantwortung zu übernehmen, findet hier ein überraschend weites Feld. Nicht weil alles möglich wäre – sondern weil noch vieles nicht fertig gedacht ist. Und das bringt mehr Chancen mit sich, als es auf den ersten Blick scheinen mag.
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