Ökumenisches Hainich Klinikum gGmbH | 75233 Mühlhausen
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Ökumenisches Hainich Klinikum gGmbH | 75233 Mühlhausen
Klinische Pharmazie. In Erfurt gefühlt irgendwo zwischen urbanem Erneuerungsdrang, Uniklinik-Komplex und traditionsgesättigtem Gesundheitssystem. Klingt erstmal nach Nische; aus meiner Sicht – nach einigen Jahren im Beruf – eher nach unterschätztem Herzstück der modernen Therapie. Was viele nicht ahnen: Hier, im Schatten der alten Kirchtürme und zwischen ICE-Trassen, ist der klinisch-pharmazeutische Alltag komplexer als manches Anatomie-Seminar. Und ja, herausfordernder als so mancher es erwartet.
Worum geht’s also? Kurz gesagt: Klinische Pharmazeut:innen begleiten medikamentöse Therapien von Anfang bis Ende – oft unsichtbar, immer Hand in Hand mit Ärzten und Pflege. In einer Stadt wie Erfurt, wo das Helios Klinikum und die Uniklinik um die besten Köpfe konkurrieren, ist das Berufsfeld erstaunlich breit. Ob Onkologie, Altersmedizin oder die ewige Herausforderung „Polypharmazie“: Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld. Spezielle Herausforderungen? Klar. Multimorbide Patient:innen, schräge Wechselwirkungen (nicht nur pharmakologisch), und immer neue Arzneimittel, die schneller auf den Markt rauschen als die Gera im Hochwasser.
Für Berufseinsteiger:innen – oder Fachkräfte, die aus der Offizin oder Industrie kommen – stellt sich manchmal die Frage: Wie ticken die Menschen, wie die Arbeit? Ich habe erlebt, dass gerade in Erfurt Teamgeist mehr zählt als akademische Eitelkeit. Klar: Theorie sollte stimmen. Aber im Stationsalltag interessiert das niemanden, wenn sich der betagte Patient zwischen zwei Herzmedikamenten verirrt und keiner den Durchblick bei den Interaktionen hat. Da zählen Erfahrung, Pragmatismus und gelegentlich Bauchgefühl. Der Rest? Kann man lernen. Querensteiger:innen mit gesundem Selbstbewusstsein und Neugier werden durchaus gebraucht.
Ein kritisches Thema – im Gespräch meist schnell auf dem Tisch: das liebe Geld. Vergleicht man bundesweit, liegt Erfurt solide im deutschen Mittelfeld. Einstiegsgehälter bewegen sich meist zwischen 3.600 € und 4.100 €. Mit ein paar Jahren Praxis und Zusatzqualifikationen steigt das Gehalt spürbar, der Sprung auf bis zu 4.800 € oder mehr ist kein Hirngespinst. Klingt ordentlich, ist aber – Hand aufs Herz – angesichts der fachlichen Verantwortung und Wochenenddienste oft nur bedingt ein Trostpflaster. Die Attraktivität des Berufs hängt hier, so meine Beobachtung, viel weniger am Gehalt als an der intrinsischen Motivation und der Möglichkeit, tatsächlich etwas zu bewegen. Oder um es zuzuspitzen: Wer den schnellen Zahltag sucht, ist in Erfurt besser bei den Tech-Startups – die gibt’s inzwischen selbst hier.
Und sonst? Fortschritt gibt es, sogar in Thüringen. Arzneimittelinformation, Medikationsmanagement, digitale Tools – all das ist längst nicht nur Theorie, sondern wird in Projektteams, bei klinischen Konferenzen und gelegentlich sogar auf dem Stationsflur diskutiert. Trotzdem: Die Verschränkung von Hightech und Hands-on fehlt oft noch – mit einer Prise Improvisation, wie man sie eben nur in einem ostdeutschen „Mittelzentrum mit Geschichte“ findet. Man lernt, mit dem Unvollkommenen zu arbeiten. Digitalisierung ist ein Thema, aber noch kein Alltagstrott. Wer Ambitionen und Spieltrieb mitbringt, kann sich hier tatsächlich profilieren und neue Standards setzen.
Nicht zu unterschätzen: Weiterbildungsangebote. Klar, es wirkt manchmal wie ein endlos geflochtenes Netz aus Modulen, Pflichtseminaren, Zertifikaten. Nervenaufreibend? Ja. Überflüssig? Im Gegenteil. Gerade weil die pharmazeutische Landschaft so dynamisch geworden ist – neue Wirkstoffklassen, Arzneimitteltherapiesicherheit, Pharmakovigilanz – führt kein Weg am ständigen Dazulernen vorbei. In Erfurt sind Fortbildungen mittlerweile nicht nur Pflichtprogramm, sondern gelten (zumindest in guten Teams) als Chance zur Profilschärfung. Wer mit Lernfrust auf Kriegsfuß steht, sollte sich also auf ein intensiveres Miteinander von Theorie und Praxis einstellen.
Und dann ist da noch dieses Bauchgefühl am ersten Tag: Passt man hier wirklich rein? Ich behaupte: Die meisten wachsen rein – mit ein bisschen Neugier, einer Portion Humor und der Bereitschaft, sich zwischendrin zu fragen, ob das Chaos am Ende nicht gerade das System ist, das Innovation überhaupt ermöglicht. Und sollte einen das mal frustrieren: Einfach mal ans Uniklinikum spazieren – und zuhören, wie über Medikamente gestritten wird. Das ist klinische Pharmazie, wie ich sie in Erfurt schätzen gelernt habe – unperfekt, fordernd, und alles andere als langweilig.
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