Stadt Ribnitz-Damgarten | Ribnitz-Damgarten
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Manchmal frage ich mich wirklich: Wer denkt eigentlich an die Justizfachangestellten, wenn von „dem Rechtsstaat“ die Rede ist? Immer nur Richter und Staatsanwälte auf den Hochglanzfotos. Wer jedoch die Mühen der Ebenen kennt, weiß, dass im Gerichtsflur niemand so viel weiß, organisiert, bremst und rettet – und das oft unbemerkt – wie die Justizfachangestellten. Besonders in Rostock, einer Stadt, die stets einen Hauch von Hafenwind und Umbruchsgeist in sich trägt, entweicht der Berufsalltag trotzdem selten aus dem engen Korsett bewährter Muster. Das Flair von Heiligendamm mag manchmal an den Akten kleben, aber Routine wird hier schnell zum Trugbild.
Zu glauben, der Job verlaufe zwischen „Stempel setzen und Telefon abnehmen“, ist ungefähr so treffend, wie die Ostsee als größten Badesee Norddeutschlands zu bezeichnen – nett, aber irgendwie vorbei an der Realität. Tatsächlich jonglieren Justizfachangestellte mit rechtlichen Fristen, Ellenbogenmentalitäten, Gesetzestexten und digitalen Systemen, die sich oft mit stoischer Sturheit gegen das Funktionieren wehren. Seitdem in Rostock vor ein paar Jahren der „E-Akte-Testlauf“ startete, weht durch manchen Richterflur ein Hauch von Startup-Unsicherheit. Man merkt: Wer hier einsteigt, muss mehr als juristische Bürokratie verstehen, sondern auch lernen, mit Technik-Friktionen, Systemeinführungen und den typischen „Hab-ich-noch-nie-so-gemacht“-Momenten zu jonglieren. Das ist keine Raketenwissenschaft – aber eben auch kein Spaziergang.
Reden wir Tacheles: Die Gehälter in Rostock sind solide, aber kein Grund, sich ein Reihenhaus in Warnemünde zu bauen. Wer als Justizfachangestellter einsteigt, sieht meist Beträge rund um 2.700 € auf dem monatlichen Zettel – je nach Erfahrungsstand, Familienzuschlägen und öffentlichen Tarifen kann‘s auch Richtung 3.200 € gehen. Und ja, das ist inzwischen alles andere als üppig, wenn man auf die Preise für Wohnraum oder einen Ostsee-Cappuccino blickt. Trotzdem, es bleibt ein Beruf mit sicherer Perspektive, verhältnismäßigen Arbeitszeiten und sozialer Absicherung – selten glamourös, aber auch nie wirklich in der Abstiegsfalle. Was viele unterschätzen: Es ist eben nicht „nur ein Bürojob“. Wer mit gerichtlicher Zähigkeit Termine plant, Akten anfordert oder Zeugen koordiniert, erlebt täglich kleine Machtspiele, Verzweiflungsakte, Unverständnis – und ab und zu echte Dankbarkeit auf Augenhöhe. Wenn überhaupt jemand im Justizpalast Wertschätzung erfahren sollte, dann die, die den Laden organisieren.
Was gerade passiert, ist ein stiller Wandel. Immer mehr Fachkräfte gehen in Rente, junge Leute rücken nach – oder eben nicht, weil die Konkurrenz im öffentlichen Dienst, etwa bei der Stadt, inzwischen fast alle mit flexiblen Arbeitszeitmodellen lockt. In Rostock spürt man das besonders deutlich, weil hier öffentliche Verwaltung oft mehr bedeutet als eintönige Amtsschimmel und Kaffeeküche. Hinzu kommt: Die regionale Justiz muss mit Migration, digitaler Kommunikation, neuen Ansprüchen an Datenschutz und Fortbildung mithalten. Dabei gleichen sich die Arbeitsprofile zwar bundesweit an, aber es gibt regional gefärbte Tücken: In Mecklenburg-Vorpommern, so mein Eindruck, fragt man oft nach dem „Mehrwert“, ob Justizfachangestellte künftig auch Mediationsberatung, Dolmetscherkoordination oder gar Öffentlichkeitsarbeit übernehmen sollen. Wer lernen will, darf lernen. Wer fragt, kriegt schnell ein „Das war schon immer so“ zu hören, erlebt aber auch leise Bewegungen – weg von verstaubten Rollenzuschreibungen.
Bleibt die Frage: Lohnt es sich? Für viele ist das die Gretchenfrage in einer Zeit, in der jeder zweite Studienabbrecher zur Polizei oder in die Steuerverwaltung wechselt. Im Justizfachangestelltenberuf schlummern durchaus Chancen – sei es mit zusätzlicher Fachprüfung, Verwaltungsausbildung oder gar dem Sprung Richtung Rechtspfleger, falls Ehrgeiz und Beharrlichkeit zusammenkommen. Angeboten wird viel: dienstbegleitende Fortbildungen, IT-Schulungen, familienfreundliche Modelle, gelegentlich sogar ein bisschen Eigenverantwortung. Wichtig ist aber die richtige innere Haltung. Wer ein Faible für Details und Geduld mit menschlichen Marotten hat, wer Autorität auch ohne Robe tragen kann – dem öffnet sich in Rostock ein Arbeitsalltag, der selten spektakulär, aber fast immer bemerkenswert ist. Die Bühne mag selten hell, aber das Stück läuft ohne sie – ohne Justizfachangestellte – nicht einmal an. Und bei allem Wandel, Personalnotstand, Umstrukturierung: Manchmal reicht der Geruch der Aktenmappe, um zu wissen, wie sehr Justiz vom Menschen getragen ist – nicht vom System.
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