BASF | Ludwigshafen am Rhein
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BASF SE | Ludwigshafen am Rhein
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BASF SE | Ludwigshafen am Rhein
Wer heutzutage an Handwerksberufe denkt, landet selten beim Glasapparatebauer – vor allem nicht in einer Stadt wie Karlsruhe, wo die Zukunft poltert: IT, Forschung, neue Technologien. Doch unter der Oberfläche der Digitalisierung gibt es da eine kleine, hochspezialisierte Zunft, die wortwörtlich mit heißer Flamme und ruhiger Hand arbeitet. Ich spreche von denen, die Reagenzröhren einen Hals wachsen lassen, Laborflaschen biegen oder Destillationskolonnen zusammenschweißen. Man mag es verkennen, aber ohne diese Leute würde in manchen Instituten schlicht – nichts passieren.
Kein Alltag gleicht dem anderen – das ist keine Floskel. In Karlsruhe trifft dieser Beruf auf eine besonders forschungsnahe Szene: KIT, Fraunhofer, Chemie-Start-ups. Schon als Azubi fällt einem auf, wie breit die Palette ist. Da steht man morgens vor der knallheißen Lötflamme, den gläsernen Rohling im Blick, am Nachmittag dann mit technischen Zeichnungen und einem Ausbilder, der gern mal von seiner dunklen Vergangenheit im Atomzeitalter erzählt (Karlsruhe und Kernforschung – eine Geschichte für sich). Klar, die Anforderungen wachsen mit jedem Jahr: Millimeterarbeit, Materialkunde, handwerkliches Gespür. Wer meint, das hier sei Pipifax-Handwerk, merkt schnell, dass der Übergang zur Feinmechanik fließend ist. Ein Glasbruch? Das vergisst niemand so schnell – auch wenn ein gewisser Zynismus zur Berufsehre gehört (“Besser jetzt, als wenn das Ding im Labor kaputtgeht!”).
In Karlsruhe sind Glasapparatebauer gefragt, aber keinesfalls Massenware. Die Unternehmen – meist mittelständisch oder Spezialdienstleister – arbeiten für Forschung, Pharma, Umwelttechnik oder die Reste der Chemieindustrie. Im Alltag? Viel Handarbeit, aber keineswegs altbacken: CNC-Maschinen, 3D-Modelle, Lasertechnik für Mikrobohrungen. Trotzdem bleibt es ein Beruf zwischen zwei Welten. Digitalisierung schreitet voran, ja, aber bis ein Algorithmus den perfekten Schliff für eine Vakuumleitung setzt, wird noch viel Wasser den Rhein runtergehen. Was unterschätzt wird: Der Stolz in der Nische. Kunden wissen oft ganz genau, wem sie ihren Spezialkolben anvertrauen. Man steht raus aus der Masse – wenn auch abseits vom Rampenlicht. Muss man mögen. Oder anders: Hier geht es nicht um Produktivität im Akkord, sondern um Qualität, Eigenverantwortung und diese Mischung aus Perfektionismus und schmutzigen Fingern.
Klartext: Die Bezahlung ist solide, aber kein Quantensprung. Berufseinsteiger liegen in Karlsruhe meist bei 2.600 € bis 2.900 €, erfahrene Kräfte schaffen es durchaus auf 3.200 € oder auch mal 3.500 €, speziell mit Zusatzqualifikation oder Spezialaufgaben. Wer denkt, die Forschung zahlt immer am besten – manchmal täuscht das. Die Industrie lockt gelegentlich mit Boni, in der Wissenschaft zählt eher der Ruf. Persönlich? Ich sehe die größte Chance darin, sich als Problemlöser*in einen Namen zu machen. Wer etwa im Bereich Sonderanfertigungen oder Reparaturen heraussticht, wird (fast) immer weiterempfohlen. Eine Sackgasse? Nur für jene, die keine Freude an ständiger Präzision und gelegentlichen Rückschlägen haben. Die Fluktuation ist, wie man hört, überschaubar – kein Wunder: Wer einmal Glas lebt, bleibt oft dabei.
Was Karlsruhe speziell macht? Vielleicht diese Mischung aus altem Engineering und jungem Innovationsklima. Die Stadt ist durchtränkt von Technikgeschichte, zwischen Durlach und Weststadt stößt man auf Traditionsfirmen – etliche familiengeführt, wo gleich mehrere Generationen die Glasmacher-Schürze getragen haben. Gleichzeitig schieben sich immer mehr Hightech-Projekte zwischen die Werkbänke: Sensorik, neue Glastypen, ökologische Herstellungsverfahren. Irgendwie schafft Karlsruhe es, dass selbst ein “altmodischer” Handwerksberuf wie Glasapparatebauer Anschluss an Forschung und Hightech findet. Ich für meinen Teil habe gelernt: Dieser Beruf fordert Respekt – und er bietet mehr als Hitze, Brille und Schweiß. Kurzum: Nicht für jeden. Aber für die, die’s lieben, ein echtes Zuhause.
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