Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG | 04103 Aretsried (bei Augsburg), Leppersdorf (bei Dresden)
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Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG | 04103 Aretsried (bei Augsburg), Leppersdorf (bei Dresden)
Leipzig. Viel wurde in den letzten Jahren geschrieben über Straßen, Brücken, Digitalisierung, Wohnraum. Aber über Lieferketten? Seltsam wenig – dabei werden sie jeden Tag aufs Neue ins Schwitzen gebracht. Die Regale voll, die Mensen satt, das Restaurant ausgebucht? Das ist selten Zufall. Irgendwo, meist im Schattenbüro zwischen Analyse-Dashboard und Riechprobe am Rohkaffee, sitzt jemand wie ich (nennen wir ihn oder sie: Food Chain Manager). Ein Beruf, der, so nüchtern er klingt, zugleich Herzschlag und Achillesferse der regionalen Versorgung ist – gerade zwischen Elster und Pleiße.
Man könnte meinen: Das ist doch alles nur Logistik, oder? Von wegen. Wer denkt, ein Food Chain Manager sitzt den lieben langen Tag vor Exceltabellen, irrt gleich doppelt. Denn einerseits reichen Daten allein nicht – riechen tun sie nämlich gar nichts. Andererseits verlangt diese Stelle ein dickes Fell im Umgang mit Lieferproblemen, Temperamentsausbrüchen am Telefon („Wo bleibt meine Lieferung? Ich kann nicht warten!“) und immer dieser irrwitzigen Erwartung, alles müsse lückenlos bio, regional, frisch, dazu noch günstig und schnell sein. Um es zuzuspitzen: Food Chain Manager jonglieren ständig mit einer Art anarchischer Perfektion – besonders wild übrigens in Leipzig. Warum? Weil die Stadt wächst, weil sie ihre Hipster-Cafés liebt, die vegane Foodtruck-Szene blüht, der Handel erweitert und die große Dauerbaustelle der Nachhaltigkeit längst im Alltag angekommen ist.
Dass Lebensmittel mehr sind als bloße Ware, spürt hier jede:r Manager:in nach der ersten chaotischen Spätlieferung – spätestens aber bei einer Rückrufaktion oder wenn ein engagierter Großkunde mit neuen CO₂-Bilanzen droht. Technische Tools? Ja, natürlich. Aber die eigentliche Qualifikation liegt tiefer: Ein Food Chain Manager braucht das Talent, mit Bauern zu sprechen, IT-Systeme zu verfluchen (oder wenigstens zu verstehen), Behördenformulare zu entschlüsseln, Personaleinladungen zu organisieren und im Notfall die Lunchbox zum Krisengespräch mitzubringen. Dazu Gespür für Qualität und einen Instinkt für das, was morgen gefragt ist – Fleischersatz, glutenfrei, „aus der Region“? Alles schon gehabt, morgen kommt was Neues.
Oft ist das ein Spagat zwischen Büro, Produktionshalle und Feldweg – in Turnschuhen irgendwo im Leipziger Umland. Arbeit schlägt dabei manchmal ins Unberechenbare um. Manchmal lacht man darüber, manchmal – na ja, eher weniger. Keine Wissenschaft, aber auch kein Pappenstiel.
Wer frisch einsteigt, landet in Leipzig üblicherweise irgendwo zwischen 2.800 € und 3.500 €. Das klingt erst mal solide, ist aber auch bitter verdient: Die Uhr tickt selten nach Tarif, der Stresspegel springt je nach Woche von Gemüsehändler-Tagesgeschäft zu EU-Meldung oder Krisenkommunikation. Mit Erfahrung und Spezial-Know-how (vor allem im Bereich Nachhaltigkeitszertifizierung oder digitaler Rückverfolgbarkeit) kommen durchaus 3.600 € bis 4.200 € infrage. In großen Produktionsbetrieben geht’s auch noch darüber hinaus, aber ehrlich: Die Zahl der richtig satten Posten ist limitiert – vor allem, wenn man einen Sinn für Kaffeepausen und ein Leben außerhalb der Kernarbeitszeit behalten will.
Es gibt Städte, da muss man nur Lieferketten verwalten, in Leipzig oft auch erklären. Denn hier treffen alteingesessene Genussfreunde auf junge, eisenharte Sustainability-Startupper. Man organisiert Fett für die Pommesbude, Weizen für ganz bestimmte Brötchen, Qualitätssiegel für den Biomarkt – und immer öfter Daten für den fiesen Auditor aus den Niederlanden. Spannend ist für mich, dass gerade in und um Leipzig die Mischung zählt: Wer regionale Akteure kennt, lokale Shortcuts (Lager in Markkleeberg, Transport auf Abruf, Notlösungen am Sonntagnachmittag) und aktuelle gesetzliche Vorgaben jongliert, sammelt unsichtbare Trümpfe. Manchmal rettet einen eine Runde beim Fußballverein im Großfeld, weil der Sohn des Landwirts das Lieblingsbier liefert. Manchmal ärgert man sich darüber, dass Leipziger Verkehrswege immer dann am empfindlichsten sind, wenn’s brennt.
Ein gewisses Talent zum Improvisieren, das lernt man hier nebenbei.
Wer neu in den Beruf startet oder nach Veränderung sucht, bekommt in Leipzig eine Bühne, auf der alles ständig etwas schneller, bunter, unberechenbarer tanzt als anderswo. Das ist kein Versprechen auf ewigen Applaus, eher ein realistischer Blick in die Kochtöpfe des Alltags: Mal duftet es nach Neuanfang, mal nach Überstunden. Die Sicherheit, immer alles im Griff zu haben? Rein illusorisch. Aber Möglichkeiten und Entwicklungschancen gibt es reichlich – vorausgesetzt, man kann mit einem gewissen kreativen Chaos umgehen. Und ja: Manchmal fragt man sich, warum so viele denken, Lebensmittel landen einfach so auf dem Teller …
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