Martin Braun-Gruppe | 30159 Hannover
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Ich gebe es zu: Als ich das erste Mal vom Berufsbild des Food Chain Managers hörte, dachte ich spontan an die unsichtbaren Dirigenten hinter Endlosregalen von Supermärkten. Gar nicht mal so falsch, aber doch irgendwie schief – ein gutes Stück komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Wer heute in Bielefeld in diesen Beruf startet, findet sich an einem schnellen Umschlagplatz zwischen Landwirtschaft, Industrie, Handel und Verbrauchern wieder: Mittendrin, nicht nur dabei. Wer gern Prozesse wälzt, sich gleichzeitig für Nachhaltigkeit interessiert und keinen Bammel vor systemischen Zusammenhängen hat, ist hier jedenfalls nicht fehl am Platz. Aber wie sieht der Alltag abseits der Buzzwords aus – gerade für Berufseinsteiger und Umsteiger?
Was viele unterschätzen: Food Chain Management ist keine bloße Koordinationsaufgabe. Es reicht nicht, Termine zu jonglieren und Lieferanten in Listen abzuhaken. Im Grunde geht es um das große Ganze: Wie gelangen Rohstoffe, Halbfertigprodukte und schließlich die Lebensmittel selbst möglichst effizient, sicher und transparent von A nach B – oft mit Umwegen über C, D und E? Dabei verheddert man sich schneller, als man „logistische Prozessoptimierung“ sagen kann. Da gibt’s Verhandlungen mit Landwirten, Suppenkaspar-Debatten im Betriebsrat und ein nicht enden wollendes Raunen aus der Fachabteilung, wenn mal wieder ein Lieferant die EU-Zertifikate nicht rüberwachsen lässt. Augenmaß, kommunikatives Geschick und ein Ticken Krisenfestigkeit – wer das mitbringt, steht zumindest stabil auf dem Spielfeld.
Bielefeld. Wer jetzt lacht – es gibt die Stadt wirklich, und für Lebensmittel- und Logistikunternehmen ist sie ein Knotenpunkt zwischen Norddeutschland und Ruhrgebiet. Die Nähe zum ländlichen Raum schafft kurze Wege, gleichzeitig sitzt die Industrie nicht nur am Frühstückstisch: Von Molkereien bis Feinkostherstellern, von Mittelständlern bis hin zu internationalen Playern, die in Ostwestfalen ihre Logistikzentren aufgebaut haben. Das wirkt sich direkt auf den Arbeitsalltag aus. Mal braucht der regionale Biohof flexible Lieferstrukturen, dann wieder muss das Tierwohl-Label möglichst unfallfrei durch den Zertifikatsdschungel gebracht werden. Ich habe den Eindruck, dass das Bewusstsein für nachhaltige Lieferketten hier tatsächlich wächst, und nicht nur als PR-Idee. Das ist selten trivial – ein neuer Anforderungskatalog gefühlt im Monatstakt – aber gerade für Neulinge mit Hang zum ständigen Dazulernen bietet die Region so einige Möglichkeiten.
Die Einstiegsgehälter sind – ich sags, wie ich’s finde – solide, aber keine Raketenabschussbasis. Je nach Ausbildung, Verantwortungsbereich und ob’s ein Konzernfossil oder Mittelständler ist: Für den Start bewegen sich Gehälter in Bielefeld meist zwischen 2.800 € und 3.400 €. Wer Zusatzaufgaben aufsattelt oder früh die Verantwortung für eine eigene Lieferkette übernimmt, schafft mit etwas Verhandlungsgeschick auch bis zu 3.800 € im zweiten oder dritten Jahr. Nicht schlecht, gemessen an der Region. Doch es gibt einen Haken: Die eigentliche Bezahlung ist oft auch die fachliche Breite, in der man sich bewegt. Manchmal fühlt es sich an, als würde man im Maschinenraum stehen und am Steuerrad drehen – gleichzeitig. Ob man das nun mag oder als Stressfalle sieht, hängt wohl vom Naturell ab.
Weiterbildung ist in Bielefeld kein Modewort, sondern munteres Tagesgeschäft. Praktische Seminare zu Qualitätsmanagement, digitale Tools für Rückverfolgbarkeit, Workshops zu Supply-Chain-Resilienz – Angebote gibt’s genug, nicht zuletzt, weil der Druck von außen wächst: Kunden wollen Transparenz, Behörden rufen nach mehr Nachweisführung und – Überraschung! – der nächste Skandal ist nie weit entfernt. Wer sich darauf einlässt, also flexibel und neugierig bleibt, kann durchaus schnell in strategische Bereiche hineinwachsen. Manchmal frage ich mich, warum viele „Quereinsteiger“ hier unterschätzt werden – die bringen oft Sichtweisen mit, die zwischen Betriebsblindheit und Branchenlogik neue Lösungen anstoßen.
Ganz ehrlich: Wer Routinearbeit liebt oder mit ständigem Improvisieren fremdelt, sollte zweimal überlegen. Wer in Prozessen, Zahlen und Schnittstellen plötzlich den roten Faden entdeckt und es mag, dass man abends nie zu 100 Prozent weiß, was der nächste Tag bringt, findet als Food Chain Manager in Bielefeld eine Mischung aus Stabilität und Herausforderungsfeld. Und mal ehrlich – manchmal ist es gerade dieses Gefühl, sich mitten im Getriebe des unsichtbaren Erfolgs der Frühstücksregale wiederzufinden, das einem zeigt, warum man hier eigentlich arbeitet. Ob das Abenteuer genug ist? Vermutlich muss das jeder selber austesten.
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