BOEHMERT & BOEHMERT Anwaltspartnerschaft mbB | 40213 Düsseldorf, München, Bremen
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Oldenburg. Eine Stadt, die man eher mit beschaulichem Nordwesten als mit knallhartem Weltjournalismus verbindet. Und doch, für diejenigen, die sich ins Grenzgebiet zwischen Lokalität und Internationalität wagen, kann ausgerechnet hier ein durchaus eigenwilliges Biotop für Auslandskorrespondenz entstehen. Es klingt zunächst paradox – die weite Welt aus der niedersächsischen Provinz zu porträtieren –, aber je genauer man hinsieht, desto mehr rücken journalistische Herausforderungen und Chancen ans Tageslicht, die man so schnell nicht auf der Rechnung hatte.
Die klassische Vorstellung: Korrespondenten sitzen in den Metropolen – Genf, Paris, Warschau, notfalls London. Doch im Zeitalter der hybriden Arbeit weicht diese romantische Verklärung allmählich einem nüchternen Pragmatismus. Nachrichtenredaktionen erwarten heute keine dröhnenden Jetsets, sondern handfeste Analysen, die im Zweifel auch aus Oldenburg stammen können – vorausgesetzt, der Blickwinkel stimmt, die Quellen sind belastbar und das Gespür für globale Zusammenhänge ist geschärft. Technik macht’s möglich, Kontaktpflege sowieso. Ich habe es mehr als einmal erlebt: Wer den richtigen Draht nach Brüssel, Buenos Aires oder Vancouver hat, kann auch vom Oldenburger Schreibtisch aus einen Hauch von Weltläufigkeit verbreiten; allerdings muss man dafür die berühmte Extrameile gehen. Und zwar regelmäßig.
Der Arbeitsalltag? Ich stelle mir das manchmal wie einen Mix aus Detektivarbeit und Sprachakrobatik vor. Themen recherchieren, Fakten überprüfen, Spuren folgen – und dabei stets zwischen zwei Stühlen sitzen: dem internationalen Kontext und der regionalen Perspektive. Denn gerade in Oldenburg ist die Versuchung groß, in der heimischen Komfortzone zu verharren. Aber nein, wer Auslandskorrespondent werden – oder bleiben – will, braucht Sprachkompetenz, analytische Schärfe, eine halbe Portion Frechheit und die Geduld eines Zen-Mönchs. Eine zweite Fremdsprache (mindestens!) ist ebenso Pflicht wie die Bereitschaft, immer wieder neu zuzuhören – nicht nur in Telegrammdeutsch, sondern im Originalton und mit kultureller Feinfühligkeit. Und klar, als Einsteiger oder Wechselwilliger fragt man sich zu Recht, ob sich der Aufwand lohnt.
Wer Zahlen liebt, muss hart bleiben: In Oldenburg startet man im Auslandskorrespondentenbereich meist bei 2.800 € oder etwas darunter. Aufsteigen? Möglich, aber selten ein Selbstläufer. Realistisch kann, mit viel Expertise, ein Sprung auf 3.500 € bis 4.200 € drin sein, vor allem wenn man – neben dem sesquipedalen Fachjargon – auch crossmediale Fähigkeitsregister zieht. Stabile Festanstellungen sind rar, freie Mitarbeit bleibt die Regel. Das mag abschrecken, bietet aber auch Raum für Eigenwilligkeit und thematische Profilierung. Oldenburg, so widersprüchlich es klingt, ist dabei ein Testfeld für das, was Journalismus abseits der Ballungsräume ausmacht: Flexibilität, Eigenverantwortung, und – leider – auch: Durchhaltevermögen.
Bleiben wir ehrlich: Oldenburg ist kein Hot-Spot, aber ein Knotenpunkt für Grenzgänger im Geiste. Durch die Nähe zum niederländischen und skandinavischen Raum, alter Handelstradition und ein überraschend internationales Publikum (ja, die Uni spielt da ihre Rolle!), entstehen Anknüpfungspunkte für Berichte, die aus der Peripherie heraus Relevanz gewinnen können. Was viele unterschätzen: Gerade regionale Perspektiven auf internationale Phänomene werden immer stärker nachgefragt – vorausgesetzt, man trifft die Balance zwischen Lokalkolorit und Weltpolitik. Neues Medienecho und interkulturelle Digitalformate bieten Möglichkeiten, sich aus der eigenen Nische ins internationale Geschehen einzuschreiben. Wer hier Sitzfleisch beweist, kann dank kurzer Wege – und einer gewissen norddeutschen Sturheit – tatsächlich einen eigenen Stil prägen.
Stichwort Lernkurve – sie hört nie auf. Wer sich als Auslandskorrespondent in Oldenburg behaupten will, kommt an ständigen Weiterqualifikationen nicht vorbei. Themen wie digitale Recherche, investigative Methoden, Datenschutz oder crossmediales Storytelling, um nur ein paar der Buzzwords zu nennen. Und nein, das ist keine Raketenwissenschaft, aber eben auch kein Spaziergang. Fortbildungen, Redaktionsaustausch, die Beschäftigung mit Themen wie Pressefreiheit, Ethik und Medientechnologien sind nicht nur Pflichtaufgaben, sondern werden zum Markenzeichen, wenn internationales Standing entstehen soll. Altbewährte O-Ton-Technik trifft dann auf modernstes Remote-Reporting – und manchmal, das gebe ich offen zu, fragt man sich: Wer führt hier eigentlich wen? Die Technik mich, ich die Story – oder doch das Publikum?
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