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BOEHMERT & BOEHMERT Anwaltspartnerschaft mbB | 40213 Düsseldorf, München, Bremen
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Auslandskorrespondent. Ein Wort, bei dem ein Hauch von Abenteuer durch den Raum zieht – und gleichzeitig fragt man sich: Hamm? Ausgerechnet Hamm. Für viele steht hinter diesem Begriff die große weite Welt: Reportagen aus Krisenregionen, Begegnungen mit Menschen, deren Alltagswirklichkeit mit unserer herzlich wenig zu tun hat. Doch die Realität ist deutlich komplexer, ineinandergeschachtelt wie russische Matrjoschkas. Wer tatsächlich in Hamm startet (oder landet), merkt schnell: Vieles liegt hier näher beieinander, als die Karte glauben lässt.
Man könnte – und das geschieht öfter als einem lieb ist – den Auslandskorrespondenten mit der ewigen Jetset-Klasse verwechseln: Laptop im Rucksack, Pressausweis am Jackett, ständig unterwegs zwischen Flugschaltern und Hotelbuffets. In Wahrheit spielt sich enorm viel am Schreibtisch ab. Emails checken, Zeitverschiebung jonglieren, Kontakte pflegen, an Vorgesprächen feilen – und das alles, während draußen an der Lippe gerade wieder ein unerbittlicher Nieselregen vom Himmel tropft. Hamm, Zentrum zwischen Dortmund, Münster und dem Ruhrgebiet, steht sinnbildlich für jene Redaktions-N-Abteilung, wo globale Themen regional durchfiltriert werden. Manchmal hat das fast schon was von Übersetzungsarbeit. Nur dass es hier eben nicht ums Simple geht.
Ganz ehrlich: Die eigentliche Herausforderung lauert oft nicht im exotischen Straßengewimmel von Jakarta oder Rio. Sie steckt im Spagat zwischen Lokalstolz und Weltblick. Ein Korrespondent in Hamm arbeitet – wie viele im Westfälischen – gern bodenständig. Gleichzeitig verlangt die Rolle einen analytischen Blick für internationale Zusammenhänge. Gerade heute, wo sich politische und wirtschaftliche Krisen blitzschnell über Social Media verbreiten und Faktenprüfungen in Echtzeit ablaufen, braucht es mehr als flotte Schreibe. Sprachgefühl ist das eine, solides Handwerk und Hintergrundanalyse das andere. Es reicht eben nicht, mal eben ein Interview zu führen oder Agenturmeldungen zusammenzuschustern. Nicht hier, nicht jetzt.
Bleiben wir bodenständig. Das Gehalt ist einerseits ein Thema für Realisten, andererseits aber auch keine pure Rechenaufgabe. Wer einsteigt, muss mit regional durchaus moderaten Einstiegsgehältern rechnen: Im Mittel liegen diese oft rund 2.800 € bis 3.300 € – je nach Medium, Erfahrung und Aufgabenprofil. Luft nach oben gibt es, klar, aber wirklich sprunghaft wird’s meist erst mit Spezialisierung. Manche behaupten, in Hamm wisse ohnehin jeder über jeden Bescheid – die Wahrheit liegt, wie fast immer, dazwischen. Einerseits sind die Wege zur nächsten Stadt und damit zu weiteren Medienhäusern überschaubar; andererseits eröffnet die Digitalisierung lokale Nester für neue Formate: Podcasts, Videointerviews oder Crossmedia-Reportagen, die auch aus „zweiter Reihe“ ihr Publikum finden. Hamm als Sprungbrett? Warum eigentlich nicht.
Was viele unterschätzen: Auslandskorrespondenten müssen heute mehr sein als fliegende Reporter. Recherchehandwerk, interkulturelle Kompetenz, digitales Storytelling – das will kontinuierlich geschärft werden. Anders gesagt: Wer stehenbleibt, fällt zurück. Gerade in Hamm, wo Weiterbildungen etwa zu Datenjournalismus oder internationaler Medienethik inzwischen durchaus angeboten werden. Nur: Wie viel bringt’s? Das hängt, wie so oft, weniger vom Ort als vom eigenen Ehrgeiz ab. Manchmal beschleicht mich der Eindruck, der Job besteht zur Hälfte aus Disziplin, zur anderen Hälfte aus Glück und der Fähigkeit, Luftschlösser mit Bodenhaftung zu bauen.
Hamm unterschätzt man leicht – ein bisschen wie den Beruf selbst. Wer sich auf das Experiment Auslandskorrespondent im westfälischen Mittelfeld einlässt, erlebt häufig die doppelte Herausforderung: Regionalität neu zu deuten und Internationales zu vermitteln – manchmal im selben Satz. Ist das immer glamourös? Ganz sicher nicht. Aber selten langweilig, und genau das macht das Berufsfeld für Berufseinsteiger:innen, Querdenker und Aufgeschlossene so attraktiv. Fernweh garantiert – mit stabilem WLAN.
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