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Bonn – die Stadt, die mal Hauptstadt war und jetzt irgendwo zwischen UN-Konferenzen, Museen und ideenreichen Start-ups ihren eigenen, niemals ganz berechenbaren Takt entwickelt hat. Wer hier als Auslandskorrespondent arbeitet – und ja, es gibt sie noch, diese Leute, mitten in Nordrhein-Westfalen –, bewegt sich konstant zwischen zwei Welten. Außenpolitik und rheinische Alltagspoesie liegen oft nur einen Telefonanruf voneinander entfernt. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe es selbst erlebt: Die Uhr im Pressehaus tickt in Zeitzonen, und man sagt öfter „Buenos Aires“ oder „Peking“ als „Bad Godesberg“. Klingt exotisch, ist aber manchmal anstrengender, als so mancher glaubt.
Wer mit einem frischen Abschluss – oder mit dem Bauchgefühl, dass der Jobwechsel langsam reif ist – nach Bonn kommt und Auslandskorrespondent werden will, sollte Aufbruchsignal und Realitätsschock gleichermaßen einpacken. Natürlich, das Handwerk will gelernt sein: Recherchieren unter Zeitdruck; Gesprächspartner finden, die nicht nur Statisten sind; mehrere Sprachen, schnelles Urteilsvermögen, ein wildes Herz für Details – ein bisschen von allem, und dann noch mehr davon. Dazu kommt die notwendige Souveränität angesichts von härteren Bandagen in sozialen Medien und dem Wettbewerb aus internationalen Nachrichtenagenturen, die mit Lautstärke und Schnelligkeit um Aufmerksamkeit kämpfen. Wer glaubt, Storytelling sei eine nette Kür nach Feierabend – der wird sich wundern. Es ist das Kerngeschäft.
Wieso also Bonn? Viele unterschätzen, wie international das Milieu hier ist. Klar, Berlin ist lauter, aber Bonn hat mit seinen zahlreichen UNO-Einrichtungen, Botschaften und internationalen Medienvertretern einen eigenen Mikrokosmos. Wer offen ist für diplomatische Winkelzüge, Nebensätze mit politischer Sprengkraft und Gespräche, in denen Kaffee und Kalter Krieg auf der gleichen Agenda stehen, ist hier goldrichtig. Und noch ein Punkt: Vermeintlich regionale Themen wachsen hier rasant zu Fragen der Weltpolitik – das erlebt man in dieser Dichte wirklich selten. Der Schritt, von hier aus Geschichten über China im Wandel, den Sudan in Auflösung oder über das UN-Klimasekretariat zu erzählen, ist kürzer, als es auf der Landkarte aussieht.
Über’s Geld redet hier keiner gern offen. Aber realistisch betrachtet – die Zeit der verschwenderischen Gehälter ist vorbei, und auch in Bonn bekommt man als Einsteiger im Schnitt etwa 2.800 € bis 3.500 €. Wer schon Erfahrungen gesammelt hat – zum Beispiel durch Projekte im Ausland oder mehrsprachige Berichterstattung –, kann mit 3.600 € bis 4.500 € rechnen. Nach oben gibt es Luft, aber dazu braucht es Geduld, sichtbare Erfolge und manchmal auch sehr dicke Haut. Immerhin: Die Lebenshaltungskosten sind hier meist gnädiger als im Berliner S-Bahn-Ring, und die gastronomische Vielfalt auf der Poppelsdorfer Allee ist so breit wie die Themenauswahl für einen guten Artikel. Manchmal fragt man sich aber: Wie viel Welt kann man in einer Stadt zwischen Beethovens Geburtszimmer und UN-Büros ertragen, ohne dass der Kaffee kalt wird?
Nicht zu unterschätzen: Die Digitalisierung jagt den klassischen Reporterstil vor sich her wie der Wind ein Altpapierblatt – ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten. Wer Social Media ignoriert, wird schneller zum Pendant des Faxgeräts, als ihm lieb ist. Multimediale Kompetenzen – also Kamera, Schnitt, Datenanalyse, Podcasting, crossmediales Denken – sind kein nettes Add-on mehr, sondern Mindestanforderung. Gleichzeitig bietet dieser Umbruch die Chance, gerade aus Bonn mit seiner internationalen Community innovative journalistische Formate zu entwickeln: Warum nicht das Klima-Dossier direkt als Insta-Reel oder Twitter-Thread präsentieren? Die Spielwiese ist groß, der Mut zum Ausprobieren wird oft belohnt. Wenngleich: Es gibt Tage, da beneidet man insgeheim den Kollegen, der schon in den Vorruhestand geflüchtet ist…
Auslandskorrespondent in Bonn zu sein heißt nicht, im Museum zu leben – man arbeitet am Puls der Globalisierung, aber mit rheinischer Gelassenheit und einem ganz eigenen Blick aufs Weltgeschehen. Es ist ein Beruf, in dem sich klassische Grundtugenden – Neugier, Kritikfähigkeit, Übersicht – ständig mit neuen Anforderungen mischen. Die Reisestiefel stehen bereit, aber die beste Geschichte lauert oft in einem unscheinbaren Tagungsraum am Rheinufer. Wer bereit ist, das Unfertige zu ertragen und neugierig auf alles Fremde bleibt, findet in Bonn einen Standort, der manchmal eigenwillig, oft unterschätzt und immer wieder inspirierend ist. Nicht jeder Tag ist eine Sternstunde – aber fast jeder Tag bringt einen Satz, der am Abend in die Welt hinausgeht. Und das, wenn ich ehrlich bin, ist das, was diesen Beruf für mich ausmacht.
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