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Der Jobtitel klingt nach Abenteuerreise, nach dem Geruch von Flugbenzin und dem täglichen Adrenalinschub. Und doch sitzt man als Auslandskorrespondent in Berlin an manch trüben Tagen länger vor dem Bildschirm als gewünscht – die Tasse Filterkaffee griffbereit, den Laptop voller Eilmeldungen, und irgendwo brummt die S-Bahn fern durchs Grau. Auslandskorrespondent – in Berlin? Viele sind überrascht. Ist das nicht Paris, New York, Warschau oder wenigstens Istanbul, wo die Weltpolitik pulsiert? Ganz so einfach ist es nicht. Tatsächlich ist Berlin für eine ganze Generation von Journalistinnen und Journalisten zum zentralen Schaltpunkt internationaler Berichterstattung geworden.
Man kann es romantisieren oder nüchtern betrachten: Berlin ist, trotz seiner manchmal spröden Anmutung, Magnet und Umschlagplatz. Politik, Diplomatie, Wirtschaftsspionage – alles ballt sich hier. Die Hauptstadt versammelt politische Akteure, Botschaften, ausländische Medienhäuser. Manchmal wirkt das wie ein großes, undurchsichtiges Karussell, in dem jeder Korrespondent versucht, seine eigenen Fäden zu ziehen: Informationen filtern, Kontakte pflegen, Themen setzen. Täglich prallen Perspektiven aufeinander, nicht selten mit Verve. Die Stadt verlangt Aufmerksamkeit; sie verzeiht keine Oberflächlichkeit. Wer als Korrespondent hier für ein internationales Medium arbeitet, übersetzt nicht einfach Nachrichten – man wird zur Schnittstelle zwischen Systemen, Kulturen, Erwartungen.
Die Stellenbeschreibung ist selten eindeutig. Wer sich auf den Alltag einstellt, merkt schnell: Es geht nicht nur ums Schreiben. Beobachten – klar. Analysieren – sowieso. Aber auch ein Gefühl für Zwischentöne, Ironie, Abwegiges muss man entwickeln. Oft wandelt man am Rand der Klischees: serbische Redaktionen wollen von „typisch deutschem“ Verwaltungseifer hören, britische Zeitungen lieben Schrulligkeiten, US-Portale brauchen knappe, zuspitzende Hintergrundberichte. Es ist ein Jonglieren mit Perspektiven, manchmal ein Balanceakt am Limit. Gerade für Neueinsteiger fühlt sich die Berliner Presselandschaft anfangs wie ein Spinnennetz aus alten Seilschaften an. Ich erinnere mich, wie schwer es war, jenseits der gängigen Pressetermine an echte Geschichten zu kommen – irgendjemand kennt immer jemanden, der „eigentlich der Bessere für diesen Job gewesen wäre“, ganz Berliner Eigenheit.
Was viele unterschätzen: Man muss nicht nur exzellent recherchieren und knackig schreiben können. Sprachkompetenz – Deutsch auf sehr hohem Niveau, mindestens eine weitere Sprache fast fließend, besser zwei. Aber das allein reicht kaum. Das Thema Digitalisierung hat alles durchgeschüttelt, ein Gläschen darauf. Kaum ein Bericht kommt heute ohne Fact-Checking-Tools, Open-Source-Analysen oder Social-Media-Impulse aus. Podcasts, Erklärvideos, Livestreams: Nischen, die sich für Berichterstatter auftun, werden mitunter zum Sprungbrett für inhaltliche Freiheiten – oder zum Strick, an dem man sich digital aufhängt, wenn das Handwerk nicht stimmt. Die alte Schule gibt es noch, klar, aber multimediale Skills sind für Wechselwillige und Nachwuchsjournalisten das neue Grundwerkzeug. Tipp aus eigenem Stolz: Wer tief eintaucht, findet Eigenarten, die noch nicht jede Redaktion verwurstet hat – die Berliner U-Bahn morgens um fünf zum Beispiel, ist ein Mikrokosmos an Geschichten.
Kein Geheimnis: Die Honorare schwanken heftig. Im traditionellen Print liegt das Monatsgehalt oft irgendwo zwischen 2.800 € und 3.600 €, große Rundfunkanstalten zahlen teils etwas mehr – natürlich mit dem Zusatz „je nach Beitrag, Erfahrung, Arbeitsumfang“. Fixstellen sind eine Rarität, Stücklöhne die Regel. Und dann gibt es da noch das weiche Polster eines ausgefuchsten persönlichen Netzwerks – nicht selten entscheiden Kontakte über Auftragslage und Verdienst. Die Digitalisierung sorgt zwar dafür, dass mehr Plattformen nach Inhalten dürsten, aber bei weitem nicht alle zahlen so, dass am Ende des Monats mehr als „Gerade so geschafft“ auf dem Konto steht. Irgendwie auch typisch Berlin, nicht?
Manchmal frage ich mich: Wie bleibt man nach etlichen Jahren und Schnellschüssen im Newsroom überhaupt neugierig, ohne sich zynisch zurückzuziehen? Antworten gibt es keine, Patentrezept sowieso nicht. Weiterbildungen zu Datenjournalismus, KI-gestützten Recherchen oder Medienrecht sind in Berlin inzwischen so häufig wie Bäckereien – und fast genauso unterschiedlich in ihrer Qualität. Mein Eindruck: Wer sich offen hält für andere Perspektiven, sich hinterfragt, aber auch Haltung zeigt, findet in Berlin immer wieder Themen, an denen man wachsen – oder zumindest nicht scheitern – kann. Die Stadt, der Beruf, das Publikum: Alles fordert ständig neue Einordnung, Beharrlichkeit und manchmal Mut zum Nicht-Mitlaufen. Wer dazu bereit ist, für den wird der Job in Berlin nie bloße Routine.
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