Bundeswehr | Neubrandenburg
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Wer einmal einen Blick aus dem Fenster einer Rostocker Zahnarztpraxis geworfen hat – meinetwegen bei Sturm, mit Möwen-Geschrei und grauem Himmel – der weiß: Hier geht es nicht um Hochglanz-Broschüren-Idylle. Der Job als Zahnmedizinische Fachangestellte (oder Fachangestellter, dieser Gender-Krampf ist mühsam – aber so ist die Welt nun mal) ist mehr als nur Händchenhalten mit Patienten oder das gefällige Anreichen von Instrumenten. In Rostock merkt man schnell, dass der Alltag eigene Takte schlägt – irgendwo zwischen traditionell-bodenständig, maritim-herb und erstaunlich viel Hightech, der so mancher von außen nie zutrauen würde. Wer einen Bürojob sucht, landet hier falsch. Wer anpacken kann, Fingerspitzengefühl besitzt und sich nicht an den kleinen Alltagsdramen im Wartezimmer stört, könnte gut reinpassen.
Manche meinen, als ZFA (so nennt man uns halt offiziell) sei man einfach "die Helferin". Schon mal erlebt? Ein bisschen absaugen, Bögen austauschen, vielleicht am Computer klicken. Tatsächlich ist der Beruf ein vielschichtiges Puzzle aus medizinischem Fachwissen, Organisation, Kommunikation und Detailarbeit. Wobei: Rostock ist nicht München. Keine Schicki-Micki-Praxen mit Kaviar im Wartezimmer. Aber Digitalisierung? Die zieht erstaunlich flott ein. Selbst in kleineren Praxen wird mittlerweile mit digitalen Abdrücken gearbeitet, Patientenverwaltung läuft längst papierlos. Trotzdem: Es gibt noch den klassischen Keller mit Zahnsteinreiniger und, ja, es gibt ihn – den Zahnarzt mit Akkuschrauber-Handschrift. Die Mischung macht’s. Junge Kolleginnen und Kollegen stehen häufig vor der Aufgabe, zwischen altgedienten Routinen und neuen technischen Spielereien den Überblick zu behalten – und manchmal frage ich mich selbst, ob ich da immer auf der Höhe bin.
Wer in Rostock als ZFA startet oder wechseln will, merkt schnell: Es gibt Arbeit, teils sogar deutlich mehr offene Stellen als Interessenten. Das ist Fluch und Segen in einem. Einerseits winken ziemlich solide Einstiegsgehälter – häufig zwischen 2.300 € und 2.800 € zu Beginn, mit Luft nach oben bei Fortbildung oder Spezialisierung, in Einzelfällen auch mal Richtung 3.000 €. Andererseits kämpfen viele Betriebe mit Personalmangel, und als "die Neue" hat man nicht selten innerhalb von Wochen die Verantwortung auf dem Tisch, die andernorts Monate bräuchte. Da wird wenig gefackelt. Neue Konzepte werden ausprobiert, Arbeitszeitmodelle sind oft flexibler, als man erwartet – man muss es allerdings kommunizieren können. Die Atmosphäre? Ja, direkt. Rostocker eben. Wer den rauen Charme nicht mag, muss sich wärmer anziehen.
Ab und zu denke ich, das Schwierigste an diesem Beruf – besonders in Rostock – ist nicht das medizinische Wissen. Es ist die Mischung aus Flexibilität und Lernbereitschaft. Wer sich auf Weiterbildungen einlässt, etwa in Prophylaxe, digitaler Röntgentechnik oder sogar Abrechnung, kommt zügig voran. Gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern werden regelmäßig Kurse angeboten, die von Praxen gerne gefördert werden – nicht aus uneigennütziger Nächstenliebe, sondern weil sie wissen, dass Fachkräfte Gold wert sind. Manche Weiterbildung bedeutet: nach Feierabend nochmal ran. Da schluckt man kurz, aber mit Blick auf die Entwicklungsmöglichkeiten klingt es plötzlich vernünftig. Ich für meinen Teil habe keine Sekunde bereut, mir die eine oder andere Zusatzqualifikation zu erkämpfen – auch wenn der Weg dahin selten bequem war.
Vielleicht, weil der Beruf hier nicht nur irgendein Job ist. Wer den Norden kennt, spürt, dass die Menschen direkten Umgang pflegen, auch im Praxisalltag. Ob das immer angenehm ist? Eher nicht. Aber immerhin ehrlich. Ich habe das Gefühl, dass das, was man gibt – Aufmerksamkeit, Einsatz, ab und zu auch Nerven – am Ende doch bei den Leuten ankommt. Chemisch steril ist dieser Arbeitsplatz nie. Vielleicht gerade deshalb: Rostock ist nicht leicht zu knacken, aber wer hier als ZFA durchhält, entwickelt einen ziemlich robusten Berufsstolz. Nicht als Glamourjob, sondern als Beruf mit Substanz. Das ist manchmal mehr wert, als man denkt.
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