Uhrwerk, Christian Czesla | Münster
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Orizon GmbH Niederlassung Dortmund | 58452 Witten
Caritas Altenhilfe im Erzbistum Paderborn gGmbH | 32584 Löhne
Uhrwerk, Christian Czesla | Münster
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Münster ist vieles – studentisch, geschichtsträchtig, manchmal ein wenig zu proper für meinen Geschmack. Doch wenn es um die Kunst des Uhrmachers geht, zeigt die Stadt ihre ehrlichen Falten. Mittendrin, oft in Werkstätten, die man fast übersehen könnte. Die welchen, in denen es nach Öl, Metall und – ja, auch nach Geduld riecht. Ich weiß noch, wie ich dort das erste Mal das Ticken einer komplett zerlegten Armbanduhr hörte. Dieses mechanische Echo, halb Magie, halb Mathematik.
Der Beruf des Uhrmachers bleibt eine seltsame Mischung aus Ingenieurskunst und fast schon philosophischer Demut: das Arbeiten an Präzision im Mikrometerbereich; Zeiger, die in eines anderen Zeitraumes wohnen; winzige Schräubchen, kaum dicker als ein Haar. Wer hier einsteigt, muss dazu bereit sein, Frust und Detailversessenheit zu umarmen. Oder wenigstens, sie in Kauf zu nehmen. Natürlich, die klassische Ausbildung zieht sich durch drei Jahre, oft mit Blockunterricht und der alten Schule. Wissen Sie, was mir auffiel? Die Zahl der Betriebe schrumpft, doch die, die bleiben, tun dies mit Überzeugung. In Münster gibt es einen bodenständigen Kern – alteingesessenes Handwerk, viele Familienbetriebe, kaum Ketten. Das bringt Vor- wie Nachteile, gerade für jene von uns, die noch am Anfang stehen oder nach Jahren im Beruf eine Art Neuanfang wagen wollen.
Wie sieht es mit den Aufgaben aus? Eben nicht nur „Reparieren und Batterien wechseln“, wie das gern mal von außen reduziert wird. Stattdessen erwartet einen ein schwer fassbarer Tätigkeitsmix: Revision antiker Standuhren, Restaurierung von Kirchenzeitmessern (hier gibt’s tatsächlich noch Kirchturmuhr-Arbeit, Münster halt!), Feingefühl bei Luxusuhren, vereinzelt sogar Beratung zu digitalen Modellen. Die Digitalisierung? Übrigens ein Thema, das in Münster bislang noch nicht ähnlich aggressive Umwälzungen bringt wie etwa bei den Goldschmieden oder im Einzelhandel. Klar, Smartwatches stehen an – doch geht man in die kleinen Werkstätten, merkt man: Die Kunden schätzen weiter die mechanische Uhr. Und: Die regionalen Kunden sind bereit, für handwerkliche Präzision zu zahlen – was zum nächsten Punkt führt, nämlich Geld.
Das Thema Gehalt – handfest, zahlengetrieben, selten zufriedenstellend für das, was man können muss. Wer in Münster einsteigt, kann meist mit etwa 2.500 € bis 2.800 € rechnen. In inhabergeführten Betrieben schrammt man da manchmal nur knapp an der Untergrenze; Ketten, so es sie hier gibt, zahlen gelegentlich mehr, aber auch das ist ein Relikt aus besseren Zeiten. Mit Berufserfahrung und, zum Beispiel mit einem Meistertitel, steigt das Einkommen, realistisch auf 3.000 € bis 3.400 €. Reich wird man nicht, aber ehrlich: Wer es ausschließlich aufs Konto abgesehen hat, sucht wohl eh die falsche Branche. Viel interessanter finde ich die Art, wie hier Kompetenz geschätzt wird. Eine gute Hand, ein wacher Verstand und das nötige „Ohr“ fürs Ticken bringen mehr Wertschätzung als ein perfekt polierter Lebenslauf.
Worüber kaum laut gesprochen wird, aber das Berufsleben prägt: Die Identität dieses Handwerks ist in Münster eng mit regionalen Strukturen verknüpft. Es gibt eine Art „Stammkundschaft“, viele Traditionshäuser pflegen langjährige Beziehungen – und zeigen wenig Berührungsängste gegenüber Nachwuchs, wenn der sich auf die Eigenheiten einlässt. Manchmal frage ich mich, ob wir nicht gerade eine Renaissance erleben: Junge Reparatur-Enthusiasten, Uhrmacherinnen, die sich an Barockwerke wagen, und Quereinsteiger, die feststellen, dass eine mechanische Uhr eben mehr ist als irgendein „analoger Relikt“. Vielleicht spinne ich. Aber was viele unterschätzen: Gerade in Münster entsteht eine feine, kleine Szene, die Handwerk und Technologie versöhnt, ohne sich verkaufen zu müssen.
Kurzum – der Uhrmacherberuf hier ist nichts für Eilige oder Blender. Wer einsteigt, darf keine Angst vor Unsichtbarkeit haben. In einem Beruf, der auf Miniatur statt Maximierung setzt, muss man sich seinen Platz ertasten, oft im wortwörtlichen Sinne. Doch die Belohnung? Takte, die Bestand haben – und ein Handwerk, das Zeit nicht nur misst, sondern auch widerspiegelt. Und das, wenn Sie mich fragen, ist für Münster tatsächlich mehr als „nur ein Job“.
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