Uhrwerk, Christian Czesla | Münster
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Juwelier Rüschenbeck KG | 40213 Düsseldorf
Caritas Altenhilfe im Erzbistum Paderborn gGmbH | 32584 Löhne
Uhrwerk, Christian Czesla | Münster
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Wer angesichts der Digitalisierungswelle meint, das Handwerk des Uhrmachers sei ein Auslaufmodell, der möge einen Schritt zurücktreten – und vielleicht erst einmal nach Hamm schauen. In den engen, manchmal staubigen Werkstätten am Stadtrand und in den helleren Verkaufsräumen der City begegnet man ihnen: Uhrmacher mit feinen Fingern und geschultem Blick, die das Innere von Zeitmessern so selbstverständlich lesen wie ein Koch sein Rezeptbuch. Was es bedeutet, in diesem Fach Fuß zu fassen (oder gar Wurzeln zu schlagen), erschließt sich weder im Hochglanzprospekt noch auf den üblichen Plauderkanälen. Es ist ein Nebeneinander von Konzentration, Geduld, Frustresistenz – und einer Portion technischem Eigensinn.
Der Alltag: so weit entfernt vom Industrieband wie vom klischeehaften Bild des Uhrmachers, der nur antike Standuhren streichelt. In Hamm werden nicht nur Erbstücke poliert, sondern vor allem moderne Armbanduhren ausgebessert, Batterien gewechselt, Kronen ersetzt und Wasserdichtigkeit geprüft. Kein Mensch spricht hier von Routine – jedes Öffnen eines Uhrwerks ein bisschen wie der Sprung ins kalte Wasser. Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen unterschätzen oft: Die klassische Ausbildung ist das eine. Aber ohne Neugier für den technischen Wandel bleibt das Handwerk bloße Repetition.
Es stimmt: Auch in Hamm hat die Zeit nicht angehalten. Quarzuhren, Smartwatch-Adapter, Hybridmodelle – wer nur auf die guten alten Kaliber schwört, verschläft irgendwann die Auftragslage. Werkstätten, die sich den Wandel zunutze machen, etwa durch Reparatur moderner Uhrentypen oder kleine Elektronikeingriffe, haben längst die Nase vorn. Und dann ist da noch die lokale Kundschaft – oft bodenständig, selten extravagant, manchmal überraschend offen für technische Erneuerung. Das Alltagsgeschäft in Hamm ist geprägt von beständiger Nachfrage und einer Kundschaft, die Wert auf Integrität legt und nicht den schnellen Austausch, sondern Präzision und Verlässlichkeit erwartet. Ehrlich: Man arbeitet hier nicht nur mit den Händen, sondern stets auch ein bisschen mit dem Ohr am Menschen.
Geld. Ja, das Thema muss auf den Tisch. Wer auf ein Einstiegsgehalt wie in den großen Metallbetrieben hofft, mag enttäuscht sein: Mit 2.400 € bis 2.800 € bewegt man sich im unteren Mittelfeld technischer Berufe. (Was viele vergessen: Für die meisten Kleinbetriebe in Hamm ist dies schon ambitioniert; in inhabergeführten Werkstätten kann es statt Lohnerhöhung auch mal Kaffee und Kuchen geben – lokaltypisch, aber kein Industriestandard.) Mit wachsender Spezialisierung, Zusatzqualifikationen im Bereich Feinmechanik oder Elektronik und einer Meisterprüfung sind Aufstiege durchaus realistisch: 3.000 € bis 3.600 € sind dann, in seltenen Fällen, drin – sofern Geduld, Lernwille und ein bisschen Glück mitspielen. Eine Garantie? Schlichtweg nein.
Jetzt mal ehrlich: Wer sich für‘s Handwerk entscheidet, erlebt Höhen und Tiefen. Kaum ein Tag gleicht dem anderen, Kleinstteile verschwinden und tauchen wieder auf, es wird geflucht, gelacht, konzentriert geschwiegen. In Hamm – vielleicht mehr noch als in metropolitisch überdrehten Regionen – hat der Uhrmacherberuf eine gewisse Bodenständigkeit bewahrt. Wer hier Fuß fasst, sucht weniger die große Bühne, sondern Beständigkeit, ein solides Miteinander und – gelegentlich – eine still wachsende Anerkennung im Stadtviertel. Wer feinmotorisch geschickt, technikaffin und nicht allzu schüchtern im Umgang mit Menschen ist, findet einen Beruf, der vielleicht nicht auf Effizienz getrimmt, aber reich an kleinen, seltenen Glücksmomenten ist. Oder, um es etwas pathetischer auszudrücken: Zeit für Zeit.
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