Juwelier Rüschenbeck KG | 40213 Düsseldorf
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Rolex Deutschland GmbH | 50667 Köln
Jost AG | 53757 Sankt Augustin
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Wer behauptet, Handwerk sei aus der Zeit gefallen, kennt die Werkstätten der Bonner Uhrmacher nicht. Zwischen zerkratzten Werkbänken, kleinen Messingzahnrädern und dem leisen Ticken mechanischer Uhren kämpft ein Beruf um seine Seltenheit – und manchmal auch um sein Selbstbild. Hand aufs Herz: Wer in Bonn Uhrmacher werden will, entscheidet sich gegen den Strom.
Die Kundschaft reicht vom Professor aus Poppelsdorf, der seine Erbstück-Taschenuhr in Schuss halten möchte, bis zum jungen Hipster, der (nein, kein Scherz) die Faszination alter Automatikuhrwerke neu entdeckt. Es ist erstaunlich, wie die Bonner – sonst gern im digitalisierten Alltag unterwegs – gerade im Bereich der Zeitmesser auf Traditionsbewusstsein setzen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es leicht wäre, in diesem Metier Fuß zu fassen. Nein, oft fühlt sich eher jeder Auftrag wie eine kleine Prüfung an. Geduld ist das halbe Handwerksleben; Feingefühl und das sichere Auge fürs Detail die andere Hälfte.
Was erwartet jemanden, der frisch ins Uhrmacherfach einsteigt oder nach Jahren aus der Industrie die Rückkehr zum präzisen Schraubenzieher wagt? Zunächst viel Klein-Klein. Da reicht ein Staubkorn im Werk, und schon ist die Arbeit von Stunden hinfällig. Routine entsteht dabei nicht durch Wiederholung, sondern durch die Bereitschaft, jedes Bauteil aufs Neue zu hinterfragen. In Bonn – das habe ich selbst erst lernen müssen – sind die Ansprüche der Kundschaft hoch und die Konkurrenz winzig. Die Zahl der aktiven Betriebe ist zweistellig, Tendenz langsam abnehmend. Und dennoch: Wer einmal in den Dunstkreis der Werkstatttheken eingetreten ist, merkt schnell, wie exklusiv die Fertigkeiten geworden sind. Diese Mischung aus Fingerfertigkeit, technischem Verständnis und, ich nenne es ruhig so, handwerklicher Besessenheit – sie öffnet Nischen, keine Autobahnen.
Das Geld? Es gibt ehrlichere Schicksale: Wer den schnellen Reichtum sucht, nimmt besser die nächste Bahn Richtung Versicherungsbranche. In Bonn bewegen sich die Einstiegsgehälter im klassischen Angestelltenverhältnis meist zwischen 2.300 € und 2.700 €. Mit einiger Erfahrung – etwa nach bestandener Meisterprüfung oder Spezialisierung auf Restauration – sind auch 2.900 € bis 3.400 € möglich. Wer sich mit eigener Werkstatt und etwas Mut an die Restauration seltener Sammlerstücke wagt, kommt teilweise noch höher – aber dann wälzt man auch Geschäftsrisiken mit. Sagen wir es so: Es ist mehr Berufung als Lohnarbeit. Gutes Werkzeug ist übrigens schon eine Investition für sich, und an der Stelle denkt man manchmal: Wie schaffe ich es eigentlich, dabei noch ruhig zu bleiben?
Trotzdem bleibt der Alltag seltsam abwechslungsreich. Der eine Tag wird überzogen von der ewigen Suche nach Ersatzteilen – etwa wenn ein Kunde mit einer russischen Raketenstützpunkt-Uhr von 1953 auftaucht (kommt öfter vor, als man glaubt). Der andere führt ins digitale Zeitalter: Wartung von Quarzuhren, Austausch winziger SMD-Bauteile, gelegentlich das Aufpolieren smarter Technik mit überflüssiger Bluetooth-Konnektivität. Der Beruf lebt also durchaus im Hier und Jetzt, auch wenn die Kernkompetenz aus einer anderen Epoche stammt. Für technikaffine Einsteiger kann die Verbindung traditioneller Mechanik und moderner Zeitmesser durchaus reizvoll sein. Aber Vorsicht: Wer glaubt, der Sprung vom Handy-Reparateur zum Uhrenmeister gelte als fließend, den belehren die feinen Unterschiede zwischen Lötstation und Pinzette sehr schnell eines Besseren.
Unterschätzt wird oft, wie ausgeprägt die Bonner Szene trotz geringer Größe vernetzt ist – auf eine eigentümlich analoge Art, versteht sich. Man kennt sich, sei es über Mundpropaganda, den Lieblingslieferanten oder den Uhrmacher am Rhein, der nach Feierabend im kühlen Altbaukeller selbst noch alte Uhren aufzieht. Der Nachwuchs ist rar, aber gefragt – und wer mit Blick für Details, einer ordentlichen Portion Selbstkritik und Bereitschaft zum lebenslangen Lernen kommt, findet im Schatten von Beethoven und UN-Campus ein staubiges, faszinierendes Refugium. Ist das nun altmodisch? Vielleicht. Ist es sinnlos? Ganz bestimmt nicht. Denn echte Zeit hat in Bonn eben doch noch ihre eigene Werkstatt.
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