The Ritz-Carlton, Wolfsburg | 38440 Wolfsburg
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Lindenblatt 800 Grad | 30159 Hannover
Getränke Ahlers GmbH | 38312 Achim
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Die Vorstellung, Sommelier zu werden, hat für viele einen leichten Hauch von Glanz – ein bisschen edler Stoff, ein geschniegelter Anzug, das Glas an der Nase und ein lässiges Urteil: „Der 2018er? Fruchtig. Gegen Ende ein Hauch von Leder.“ Soweit das öffentliche Bild. Aber wer ernsthaft überlegt, in Braunschweig in der Gastronomie diesen Weg einzuschlagen – nicht zur Zierde, sondern als Beruf –, merkt schnell: Das ist keine wohltemperierte Promenadenmischung, sondern ein anspruchsvolles Handwerk mit Ecken, Kanten – und ja, gelegentlichen Stolpersteinen. Gerade für Einsteiger und jene Kolleginnen und Kollegen, die den Sprung aus benachbarten Fachgebieten wagen, folgt der Realitätstest meist schnell. Vielleicht zu schnell.
Worauf muss man sich in Braunschweig heute einstellen? Früher reichte es möglicherweise aus, französische Etiketten auswendig zu kennen und mit servicefreundlicher Contenance Wein nachzuschenken. Heute reichen Humbug und Showeffekte nicht mehr. Selbst im, sagen wir mal: eher bodenständigen Braunschweig (hier spricht keine hanseatische Elite), erwarten anspruchsvolle Gäste echtes Know-how – von Riesling über Syrah bis alkoholfrei fermentiert. Die regionale Gastronomie hat an Profil gewonnen: Zahlreiche ambitionierte Restaurants, gestandene Hotels, kleine, auf Wein fokussierte Bistros und der versteckte Stern im Altstadtwinkel – alle setzen auf Beratung, nicht auf Show. Und der Trend zur Regionalität trifft längst auch die Weinkarte: Wer heute noch behauptet, hier zähle nur der Bordeaux, hat die schleppende, aber immerhin sichtbare Revolution im Norden verschlafen. Apropos Weinwissen: Die Anforderungen wachsen. Sensorik, Paarungen, Lagerung, Einkaufsverhandlungen, Trends wie Naturwein oder vegane Produktion – das alles wird inzwischen vorausgesetzt. Zumindest in Häusern mit Anspruch.
Jetzt mal Tacheles, weil’s keiner so richtig ausspricht: Der Traumjob serviert leider nicht automatisch Luxusgehälter. Klar, da gibt's große Spannbreiten. In der regionalen Gastronomie bewegt sich das Einstiegsgehalt oft im Bereich von 2.200 € bis etwa 2.700 €. Topadressen zahlen durchaus auch 3.000 € bis 3.600 €, aber das bleibt oft erfahrenen Spezies mit Zusatzqualifikation vorbehalten. Ich habe schon Startgehälter unter 2.000 € gesehen – so ehrlich muss man sein –, aber auch echte Erfolgsgeschichten bei leidenschaftlichen Sommeliers, die ein kleines Imperium an Weinwissen aufgebaut haben und entsprechend entlohnt werden. Was viele unterschätzen: Es geht nicht nur ums Servieren. Ein Sommelier ist auch Berater, manchmal Verkaufstalent, Einkaufsleiter, Psychologe am Tisch. Die Wertschätzung spiegelt sich nur bedingt eins zu eins im Lohn. Aber: Mit Ausdauer, Zusatz-Trainings (akademisch ist das selten – ehrgeizig aber oft), profunden Sprachkenntnissen und einer Portion Durchhaltewillen, lässt sich in Braunschweig durchaus eine Nische entdecken, in der der Verdienst stimmt – und der Job gemeinsam mit Küche und Service zur echten Berufung wird.
Ein wenig unterschätzt: In Braunschweig wird niemand zum Weinfetischisten geboren. Hier driften Handwerk und Genusskultur zusammen, was die Arbeit oft angenehm bodenständig macht. Die Kooperation mit lokalen Erzeugern – verstärkt im Umland bis zur Elbe – ist inzwischen keine Seltenheit mehr. Zahlreiche Betriebe bemühen sich um ökologische Sortimente und pfiffige alkoholfreie Kombis, etwa mit handgemachten Säften aus Streuobstwiesen, die den Sommelier fordern. Längst nicht jede deutsche Stadt kann das in dieser Breite vorweisen. Kleiner Exkurs, weil’s mich bis heute wundert: Die Bereitschaft, sich als Quereinsteiger ins Gourmet-Thema zu stürzen, wird in vielen Braunschweiger Adressen honoriert – sofern die eigene Lernfreude auf der Weinkarte steht und nicht nur im Bewerbungsgespräch. Ob kulinarische Events, eigene Verkostungsformate oder sogar Weinreisen für Stammgäste: Wer hier ein wenig Extrazeit und Leidenschaft investiert, wird selten ausgebremst.
Wird man in Braunschweig zum perfekten Sommelier geboren? Kaum. Aber: Alle, die bereit sind, zwischen guter Flasche und offenem Ohr täglich neu zu lernen, entdecken eine außergewöhnliche Mischung aus Community, Freizeit-Feinsinn und solidem Handwerk. Die Chancen sind da, vor allem wenn man den klassischen Karrierebegriff locker sieht. Wer etwas Geduld und Herzblut mitbringt, kann – mit ein bisschen Mut zu regionalen Eigenheiten – in Braunschweig ein Stück Neuland betreten, das nie ganz Mainstream werden wird. Kurz: Wein, Wissen, Wandlungsfähigkeit. Klingt abgedroschen, ist aber im Alltag der einzig verlässliche Dreiklang.
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