Aktiv-Schuh Gruppe | 18055 Rostock
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Aktiv-Schuh Gruppe | 18055 Rostock
Wer in Rostock Schuhe verkauft – ob als frischer Einsteiger, „alter Hase“ oder Fachkraft im Umbruch – erlebt ein Stück norddeutsche Alltäglichkeit, das oft unterschätzt wird. Man betritt den Laden und merkt: Den Alltag diktieren selten Modetrends allein oder stumme Regale voller Kartons. Vielmehr spielt sich die eigentliche Arbeit zwischen wechselnden Kundengesichtern und dem dampfenden Kaffee im Pausenraum ab. Auf der Fläche zu stehen und Tag für Tag Schuhe zu verkaufen, hat in dieser Stadt durchaus seine Besonderheiten. Nicht alles, was anderswo zieht, funktioniert hier. Und warum, das merkt man oft erst, wenn man mittendrin steckt.
Nein, die Aufgabe besteht nicht darin, permanent im Kopf nach deutschen und internationalen Schuhgrößen zu jonglieren (obwohl, das gehört auch dazu). Es ist ein Spagat: Fachliche Beratung – wer denkt, das sei bloß ein freundliches Nicken und Kassieren, irrt. Wer hier Schuhe an den Mann oder die Frau bringt, braucht echtes Interesse am Produkt – Materialien, Passformen, sogar Fußgesundheit sind alles andere als belanglose Verkaufsargumente. Das kann anstrengend sein. Und – machen wir uns nichts vor – Kunden, die um den besten Preis feilschen oder nach der dritten Anprobe doch wieder „kein richtiges Gefühl“ im Schuh haben, gehören zum Brotjob dazu.
Mit den Jahren kommt eine seltsame Gelassenheit. Man fängt an, die leisen Vorlieben der Stammkunden zu erkennen – den pensionierten Matrosen, der „nur Echte“ aus Leder will, oder die Studentin, die Trends aus Berlin exportiert haben will, aber maximalen Rabatt erwartet. Gerade in Rostock merkt man, wie die Innenstadt und die Vororte – Toitenwinkel, Dierkow, Brinckmansdorf – ganz eigene Publikumsmuster ausprägen. Touristen in Warnemünde fragen anders nach als Pendler im Stadthafen. Irgendwie faszinierend – und frustrierend zugleich.
Warum nicht gleich zur Wahrheit kommen? Die Arbeit im Schuhverkauf ist kein Elfenbeinturm. Entlohnung, so viel Ehrlichkeit muss sein, liegt im Durchschnitt – wenn man das Glück eines besserlaufenden Ladens und guter Provision mitbringt, sind in Rostock derzeit etwa 2.200 € bis 2.700 € pro Monat realistisch. Große Ketten zahlen manchmal leicht darüber, kleine Traditionsgeschäfte – von denen hier noch einige überleben – eher im unteren Bereich. Es gibt Unterschiede, die man spürt: flexible Schichtmodelle, saisonabhängige Mehrarbeitszeiten (im Advent wird man zähe Sonntage kennen lernen, die man so schnell nicht vergisst). Das Team zählt, vielleicht mehr als in vielen anderen Berufen. Ein langer, lauter Verkaufssamstag schweißt zusammen, oder treibt einen auseinander, je nachdem.
Was viele unterschätzen: Der Schuhhandel im Ostseeraum ist längst nicht mehr frei von Digitalisierung. Lagerverwaltung digital, Touchscreens statt Papierlisten, teils sogar virtuelle Fußvermessung – das kommt, und manche sagen, es ist überfällig. Gleichzeitig sehen viele Kollegen den Wandel mit Skepsis, denn der persönliche Kontakt, das ehrliche Gespräch, ist weiterhin so ziemlich das, was bleibt, auch im Zeitalter von Webshops und Same-Day-Delivery.
Rostock ist keine Modemetropole. Doch unterschätzt den Mecklenburger nicht. Viele Kunden hier wissen genau, was sie brauchen – nichts zu Schrilles, Qualität statt Trend um jeden Preis. Wer neu am Start ist, merkt schnell: Hier muss man „den Dreh“ für ehrliche Beratung bekommen, ohne Schnickschnack und ohne Besserwisserei. Und noch so ein Punkt, der gerne vergessen wird – Wochenmärkte, Hansetag, große Schiffsparaden – manchmal tobt draußen das pralle Leben, während drinnen im Laden die Zeit stillzustehen scheint. Und dann plötzlich: Trubel, Nachfrage, Sonderwünsche. Man muss springen können.
Trotz alledem, und das sage ich nach Jahren im Geschäft: Die Freude, wenn eine Stammkundin wiederkommt, das kleine „Dankeschön“ für die ehrliche Einschätzung („Nicht Ihr Schuh, glauben Sie mir“), das bleibt. Wer hier seinen Job ernst nimmt, bekommt zurück, was im Hochglanz-Katalog selten steht: unerwartete Gespräche, vielleicht mal einen Apfel aus dem Garten des Kunden – und das stille Gefühl, dass ehrliche Arbeit eben doch nicht ausstirbt. Nichtmal im Zeitalter digitaler Fußscanner. Vielleicht gerade hier, in Rostock, nicht.
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