sea chefs Human Resources Services GmbH | 10115 Berlin
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Wer hätte gedacht, dass „Sauce“ nicht bloß ein Randthema ist? Nein – in einer Berliner Küche kann eine nicht perfekt abgeschmeckte Jus schon mal zu Diskussionen führen, die jedes Semester Philosophiestudium in den Schatten stellen. Als Saucier steht man selten im Rampenlicht, aber ohne einen Saucier ist die Küche ein Körper ohne Wirbelsäule. Man merkt das erst, wenn einer fehlt. Oder, schlimmer: wenn keiner das Handwerk beherrscht und alles nach Convenience schmeckt. In Berlin, dieser Stadt voller Gegensätze (Hafermilch und Kalbsfond, Streetfood und Sternerestaurant), spielt der Saucier ein seltsames Katz-und-Maus-Spiel mit Zeitgeist, Anspruch und Arbeitsrealität.
Eigentlich klingt es nach Übungssache: Fonds ansetzen, Reduktionen abwarten, abschmecken, montieren. Wieder von vorne. Aber hier beginnt das Elend und das Wunder zugleich. In Berlin kochen viele Häuser noch klassisch auf – Knochen, aromatisches Gemüse, stundenlanges Köcheln. Aber immer öfter auch: „Fonds-Pakete“ aus der Metro, reduzierte Arbeitszeiten, durchgetaktete Abläufe. Der Saucier ist, wenn man ehrlich ist, immer auch ein Jongleur. Wer frisch am Platz steht, lernt spätestens am dritten Tag, dass hier Geduld nichts mit Passivität zu tun hat. Reduktion ist nicht Warten, sondern Wollen – und genau das muss man ertragen. Oder genießen. Die besten Saucen entstehen, wenn jemand merkt, dass es kein Zufall ist, wenn eine Demi-Glace so richtig tief schmeckt, sondern die Summe aus Zeit, Technik – und dem ungemein unbefriedigenden Gefühl, nie ganz fertig zu sein.
Berlin ist eigen. Beim Thema Löhne etwa setzen die meisten Küchenchefs keine Utopien in den Raum: Der Einstieg liegt oft bei 2.400 € bis 2.800 €, für erfahrene Kräfte sind 3.000 € bis 3.600 € an guten Häusern drin. Das klingt erstmal mäßig, gemessen an den Lebenshaltungskosten. Gleichzeitig gibt’s eine krumme Logik im Küchenleben: Wer mit Leidenschaft bei den Saucen bleibt, macht sich schnell unentbehrlich; gute Sauce ist immer noch seltener als gutes Fleisch. Dazu: Berliner Küchen haben ihren eigenen Umgangston – direkt, manchmal grob, immer ehrlich. Man muss das aushalten wollen. Dose aufreißen ist schnell, Kelle verteilen sowieso – aber Respekt gibt es für so etwas in Berlin nicht. Und spätestens, wenn ein Gast sich nach der Sauce erkundigt, weiß man: Die Mühe bleibt selten ganz unbemerkt.
Manchmal fragt man sich: Was macht den Saucier im Jahr 2024 eigentlich wirklich aus? Es gibt Gastronomien, da ist alles auf Effizienz getrimmt. Pulver, Päckchen, Bindemittel und ein bisschen frischer Pfeffer – fertig. Und dann blühen gleichzeitig Start-ups und kleine Restaurants auf, die das Handwerk wieder lieben lernen. Wer in dieses Fach einsteigt, muss bereit sein, beides zu beherrschen. Moderne Küchenchemie ist keine Schande, aber keine Ausrede. In Workshops schmeißen junge Köchinnen heute selbst die Sojamilch in den Thermomix, Kollegen tüfteln an veganen Reduktionen, Shiso-Vinaigrettes oder fermentierten Misosaucen. Eitelkeit bringt da wenig weiter – Neugier dagegen fast immer. Vielleicht ist der einzige Fehler, den man machen kann, sich zu früh festzulegen.
Es gibt Tage, da will man alles hinschmeißen. Hochzeit 50 Personen, zwei Aktionssaucen, und plötzlich brennt die Gastrique an. Kurz: Es kann nervig werden. Umso wichtiger, nicht auf einen Stand stehen zu bleiben. Wer sich in Berlin langfristig behauptet, bleibt offen für Kurse und Trends – von der veganen Sauce bis zum Anrichten mit Präzisionspipetten. Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es durchaus, aber abends hinsetzen, Fachartikel wälzen oder bei Kollegen abgucken? Gehört dazu. Und dann merkt man, wie viel in so einer Schöpfkelle stecken kann: Identität, Stolz, der eigene Ehrgeiz. Manchmal reicht genau das, um einen müden Abend zu retten. Oder, mit einem Berliner Augenzwinkern: Wenigstens weiß man nach Schichtende, dass gutes Handwerk nie ganz verschwindet – auch nicht im Schatten des letzten hippen Burgerladens am Hermannplatz.
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