KraussMaffei Extrusion GmbH | Laatzen
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Produktingenieur in Braunschweig zu sein, ist manchmal wie die Rolle eines Moderators in einer Talkshow, bei der drei Gäste gleichzeitig reden – und gern noch weitere im Publikum mitdiskutieren: Entwicklungsabteilung, Produktion, Qualitätssicherung und, wenn’s nicht kracht, auch der Einkauf. Klingt abschreckend? Vielleicht. Aber es gibt Momente, da wünsche ich mir diese Dynamik zurück, weil sie am Ende das ist, was den Job lebendig macht. Klar, man muss mit Schnittstellen umgehen können – und mit Denkbarrieren. Wer technische Ideen sauber auf den Punkt bringt und die Sprache sowohl der Werkhalle als auch der Projektleiter spricht, hat einen Vorteil. Aber reicht das?
„Braunschweig? Ist das nicht der Ort mit diesen ganzen Forschungsinstituten?“ Diese Frage habe ich mehr als einmal gehört. Tatsächlich liegt darin ein Stück Wahrheit. Die Stadt – nicht gerade Metropole, aber auch alles andere als beschaulich – lebt vom Nebeneinander: Traditionsunternehmen, versprengte Mittelständler, eine Handvoll Hidden Champions und eine Universitätslandschaft, die neue Impulse setzt. Nimmt man den Automobilsektor, die Luft- und Raumfahrttechnik und die immer wieder aufflammenden Digitalprojekte, versteht man, weshalb Produktingenieur ein Beruf von regionaler Strahlkraft geblieben ist. Und trotzdem, so mein Eindruck, ist Braunschweig nach wie vor ein Testfeld: Hier werden Produkte entwickelt und getestet, bevor sie den Sprung auf internationale Märkte wagen. Das erhöht nicht nur die fachliche Bandbreite, sondern gibt dem Berufsbild eine gewisse, nennen wir es mal, Unberechenbarkeit.
Der Alltag? Wer auf Planungssicherheit hofft, wird enttäuscht. Was viele unterschätzen: Ein erheblicher Teil der Zeit geht drauf für Schnittstellenkommunikation – Meetings, Rücksprachen, Fehleranalysen. Die klassische Produktentwicklung – von Lastenheft über Prototypentests bis zur Serienfreigabe – ist zwar die Bühne, auf der Produktingenieure glänzen, aber das eigentliche Theaterstück besteht aus Kompromissen: Design for Manufacturability, Digitalisierung der Produktionsprozesse, Nachhaltigkeit (dieses Wort, inzwischen Pflichtprogramm bei jeder Bauteilentscheidung), Kostendruck, manchmal absurde Vorgaben aus dem Vertrieb. Vielleicht liegt darin der besondere Reiz. Es gibt Tage, da fühlt sich kein Tag wie der andere an. Mein Rat an Einsteiger: Frustrationstoleranz üben. Aber auch Mut zur Lücke – niemand beherrscht von Anfang an das gesamte Spektrum, und Braunschweiger Unternehmen wissen das meist auch.
Wer erwartet, dass das Gehalt direkt nach dem Studium oder Quereinstieg durch die Decke geht, sei vorgewarnt: Der Einstieg pendelt sich meist zwischen 3.500 € und 4.200 € im Monat ein, je nach Branche, Abschluss und persönlichem Verhandlungsgeschick. Nach ein paar Jahren – so meine Beobachtung – sind 4.500 € bis 5.500 € realistisch. Klingt solide, ist es auch, aber die fetten Jahre sind nicht überall und jederzeit garantiert. Auffällig: Wer technisch in die Tiefe geht (z. B. Funktionale Sicherheit, Simulation oder nachhaltige Materialauswahl), hat bessere Karten gegen die berüchtigte Braunschweiger Gehaltsglasdecke. Oder kurzer Exkurs: Große Konzerne zahlen oft besser, aber dafür ist das fachliche Spielfeld enger gesteckt. Wer Entfaltungsfreiheit und interdisziplinäre Projekte sucht, kommt bei kleineren Mittelständlern oft weiter.
Ein alter Hut? Vielleicht. Aber Weiterlernen ist im Produktingenieurberuf unausweichlich. Technologien entwickeln sich, Vorgaben aus Normen und Gesetzen sowieso. Wer etwa Erfahrung in Additiver Fertigung, agiler Entwicklung oder digitalen Zwillingen mitbringt, wird nicht nur als Zauberkünstler betrachtet – sondern oft schlichtweg dringend gesucht. Weiterbildung gibt’s in Braunschweig nicht nur in Form klassischer Seminare, sondern manchmal auch auf recht unkonventionellem Wege: Kooperation mit der Uni, praxisnahe Foren, innerbetriebliche Werkstätten. Man muss die Scheu verlieren, in neue Themenfelder einzutauchen – und ein bisschen Geduld mit Kolleginnen und Kollegen, die an alten Zöpfen hängen.
Braunschweig ist keine Bühne für schnelle Karrieren, aber ein Ort, an dem sich Technik, Wissenschaft und Industrie eigenwillig verbinden. Als Produktingenieurin oder Produktingenieur ist man hier nicht bloß Bauteil-Übersetzer, sondern Brückenbauer, Knotenlöser, Innovations-Bohrinsel. Ich ertappe mich manchmal bei dem Gedanken: Vieles ist in Bewegung, aber manchmal bewegt sich auch nichts – bis dann doch eine kleine Idee ein ganzes Produkt auf den Kopf stellt. Wer damit umgehen kann, findet in Braunschweig einen Berufszweig mit Substanz – und täglich neue, unerwartete Herausforderungen. Manchmal Fluch, meistens Segen.
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