Rittal GmbH & Co. KG | 35708 Haiger
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Irgendwo zwischen dem Schraubenschlüssel der Vergangenheit und dem digitalen Zwilling von morgen – dort, genau dort, tappt der Produktingenieur seinen tanzenden Berufsweg entlang. Zumindest, wenn ich in Bonn unterwegs bin und mich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Region austausche, fällt eines schnell auf: Hier weht ein Wind, der anders riecht als in den üblichen Industriehochburgen. Die Mischung aus alteingesessenen Technologieträgern, universitärem Nährboden (die Uni Bonn ist längst mehr als ein Deko-Stück der Stadt) und einem Hauch internationalem Flair formt den Arbeitsalltag. Wer als Produktingenieurin oder Produktingenieur hier neu startet oder wechselt, wird das spätestens beim zweiten Teammeeting spüren. Oder schon beim ersten Mal, wenn man sich fragt, wer eigentlich für die nicht enden wollende Automatisierung zuständig ist. Spoiler: Niemand. Und alle zugleich.
Produktingenieur – klingt nach Fließband und Detailtreue. Ist aber viel mehr (und manchmal nervtötender). Von der ersten Idee bis zur Serienreife, von der Rückfrage des Lieblings-Zulieferers bis zu Nachtschichten vor dem Launch: Der Job umfasst technisches Entwickeln, interdisziplinäre Abstimmungen und gelegentlich die Bewältigung interner Mikropolitik. In Bonn wird das durch die Nähe zu Forschungseinrichtungen und Spin-Offs von Hightech-Start-ups besonders spannend. Was viele unterschätzen: Hier verschmelzen Ingenieurskompetenz, Projektmanagement und das berühmte Bauchgefühl bei Entscheidungsfragen. Ich habe jedenfalls selten erlebt, dass eine einzige Entwicklung glatt durchläuft. Aber ist das nicht auch der Reiz? Die Unsicherheit, das ständige Zusammenspiel von Risiko und Innovation, manchmal gepaart mit einer Prise rheinischer Gelassenheit. Es darf – ja, muss – auch mal improvisiert werden. Nur der Papierkram bleibt verlässlich bürokratisch. Aber das ist wirklich keine Bonner Eigenheit.
Reden wir nicht drumherum: Finanziell bewegt sich das Feld meistens zwischen 3.700 € und knapp über 5.500 €. Das kann, nach ein paar Bonus-Jahren und je nach Branche – Medizintechnik, Automotive oder erneuerbare Energien sind in Bonn alles andere als Nischen – auch noch kräftig nach oben ausschlagen. Doch reicht das für alle? Wohl kaum. Denn am Ende merken gerade Berufseinsteigerinnen und Starter schnell, dass sich der Wert der Arbeit selten nur am Gehaltszettel bemisst. Ich meine, wer sich mit Kunststoffspritzgussteilen für Sonderanwendungen beschäftigt und abends beim Blick auf den Rhein sinniert, weiß: Die Mischung macht’s. Die Entwicklungsmöglichkeiten – Fachverantwortung ausbauen, sich Richtung Qualitätsmanagement oder Industrial Engineering weiterentwickeln – sind real, aber selten linear. Manchmal winkt nach zwei Jahren ein Projekt im benachbarten Köln. Oder die Erkenntnis, dass Produktinnovationen dann am spannendsten sind, wenn kein Lehrbuch sie mehr abdeckt.
Was in Bonn auffällt? Technologietreiber wie Telekom und große Mittelständler (gefühlt tauchen hier hinter jeder Ecke neue Tech-Cluster auf) sorgen für einen ständigen Sog nach frischen Köpfen. Allerdings ist der Markt nicht hypernervös wie in Berlin oder München. Hier schätzt man Verlässlichkeit, legt jedoch zugleich Wert auf wandelbare Talente, die sich Themen wie Künstlicher Intelligenz oder Additive Fertigung nicht nur theoretisch nähern. Der stetig wachsende Einfluss von Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Digitalisierung drückt dem Produktentwicklungs-Alltag immer stärkere Stempel auf. Wer auf recycelte Materialien setzt oder Metadatenflüsse steuern kann, sammelt Bonuspunkte. Und was gerne vergessen wird: Das Bonner Lebensgefühl. Nach Feierabend im Siebengebirge verschwinden, im Sommer auf dem Kopfsteinpflaster einen (ja, wirklich: guten!) Espresso trinken – das ist mehr als Folklore. Viele bleiben gerade deshalb langfristig. Oder kommen nach ein paar Jahren Industrieumweg reumütig zurück.
Ich will ehrlich sein: Produktingenieurin oder Produktingenieur in Bonn zu sein, ist wie das Testen eines Prototyps, von dem man weiß, dass er noch Macken hat – aber eben aus gutem Material gefertigt ist. Wer sich zu sehr in Details verliert, verzettelt sich im Bonner Tüftler-Dschungel. Wer nur das große Ganze sucht, verpasst das feine Dort-und-Dann, das Projekte eigentlich trägt. Es ist das Pendeln zwischen Spezialistentum und Pragmatismus, das Fachkräfte in dieser Region auszeichnet. Und manchmal frage ich mich, ob nicht genau dieser Spagat – zwischen Technologieeuphorie und Bodenständigkeit – dafür sorgt, dass Bonn auf Ingenieur-Arbeitsmarktkarten nie so ganz die Schlagzeile ist, in Wirklichkeit aber immer wieder einen zweiten Blick wert bleibt. Finden Sie nicht?
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