tesa SE | 20095 Hamburg, Norderstedt
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Manchmal sitze ich mit einer Tasse zu starkem Kaffee vor der Fensterscheibe unseres Labors und frage mich, warum eigentlich Lübeck? Die alte Hansestadt, mit all ihrer Backsteingotik und touristischen Hafengeplänkel, bietet auf den ersten Blick wenig, was an die Molekülketten, Monomere und Auswertungsroutinen erinnert, die den Alltag eines Polymerchemikers bestimmen. Und doch – Lübeck ist ein seltsames Pflaster. Gerade für alle, die beruflich mit Polymeren hantieren (und mal ehrlich: Wer weiß außerhalb der Branche schon, was das ganz konkret bedeutet?).
Fakt ist: Wer als Polymerchemiker in dieser Region an den Start geht, sollte mehr als eine Leidenschaft für Reaktionskinetik oder spektroskopische Auswertungen mitbringen. Der Arbeitsmarkt – okay, sagen wir „der Chemie-Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein mit Schwerpunkt Lübeck“ – hat seine Tücken. Kleinere und mittlere Unternehmen prägen das Bild, vom Medizintechnik-Startup bis zur traditionsbewussten Kunststoffverarbeitung. Der große industrielle Sog, wie man ihn aus Leverkusen oder Bitterfeld kennt, fehlt. Dennoch tut sich mehr, als mancher ahnt: Medizintechnik, biobasierte Kunststoffe und smarte Oberflächen sind hier keine Schlagworte aus dem Konferenzprospekt, sondern realer Alltagsstoff. Wer ein bisschen Spürnase für Cross-Innovation hat, ahnt schnell: Lübeck ist ein experimentierfreudiges Biotop für die Polymerchemie.
Die Aufgaben? Es gibt die Klassiker: Synthese neuer Polymere, Stabilitätsanalysen, Verfahrensentwicklung, Werkstoffcharakterisierung und – besonders bei den medizintechnischen Zulieferern – strenge Validierung. Wer gern im weißen Kittel knietief in einer Mischung aus Reaktionsansatz, Dokumentationspflicht und Versuchsreihen steckt, findet hier seinen Platz. So wurde mir jedenfalls damals klar: Der Alltag eines Polymerchemikers ist ungefähr so berechenbar wie das Wetter an der Trave – gelegentlich sonnig, meistens wechselhaft, aber nie völlig vorhersehbar. Die Arbeit reicht vom klassischen Laborhandwerk (denken wir an NMR, GPC & Co.) über Teammeetings auf Basis von Ergebnisplänen bis zu hemdsärmeligen Werkstattgesprächen, wenn es an die Umsetzung Richtung Anwendung oder Produktion geht.
Ganz pragmatisch: Die Bezahlung? Lübeck liegt, wie so oft im Norden, im soliden Mittelfeld – keine Metropole, kein Landesdampfer. Für Einsteiger bewegt sich das Gehalt meist zwischen 3.100 € und 3.700 €. Mit Erfahrung, einem Master oder Promotion und Übernahme von Spezialaufgaben kommt man auf 4.000 € bis 5.000 €; selten deutlich darüber. Klingt nüchtern, reicht aber für entspannte Mieten in Lübeck-St. Jürgen und gelegentliche Ausflüge an die Ostsee. Und mal ehrlich: Herzblut für Polymere entwickelt man nicht wegen des Geldes – das weiß jeder, der jemals eine Polykondensation zu Ende gedacht hat.
Was viele unterschätzen: Die Weiterbildungslandschaft in Lübeck ist keineswegs angestaubt. Zwischen Technischer Hochschule, Universität und diversen Industriekonsortien zischt und brodelt es im Hintergrund. Kurse zu Nachhaltigkeit, Materialzertifizierung oder Additiver Fertigung stehen genauso auf dem Programm wie die Klassiker: Polymerphysik, Rheologie oder analytische Verfahrenstechnik. Wer will – und die Bereitschaft für Eigeninitiative mitbringt – kann sich hier im Laufe weniger Jahre zu einem gefragten Spezialisten mausern. Ganz ohne dass man dafür den berüchtigten „großen Sprung nach Hamburg“ wagen muss.
Bliebe zum Schluss, und das meine ich ganz unironisch: Polymerchemiker in Lübeck – das ist nichts für Chemie-Puristen ohne Querbezug zur Praxis. Anwendungsnähe, multidisziplinäre Teams und der Mut, auch mal einen Umweg abseits etablierter „Lehrmeinungen“ zu gehen – das wird verlangt. Manchmal nervt das, zugegeben. Aber es ist eben auch das Kapital dieser Branche: Wer in Lübeck Polymerchemie lebt, weiß, dass Innovation keine Einbahnstraße ist. Und dass ein guter Tag im Labor mehr hinterlässt als nur einen Stapel sauber etikettierter Proben.
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