tesa SE | 20095 Hamburg, Norderstedt
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
tesa SE | 20095 Hamburg, Norderstedt
Es gibt diese Berufe, bei denen man nach zehn Minuten Gespräch merkt: Entweder man liebt sie oder kapituliert innerlich. Polymerchemie – das klingt für viele erst mal nach spröder Theorie, nach endlosen Reaktionsmechanismen, nach weißen Kitteln in sterilen Räumen. Wer allerdings in Kiel als Berufseinsteiger landet, merkt ziemlich schnell: Hinter den Polymeren, diesen verschwenderisch langen Molekülketten, steckt weit mehr als grauer Uni-Staub. Und offen gestanden: Manchmal auch knallhartes Kalkül – immerhin hängt in Schleswig-Holstein ein ganzer Wirtschaftszweig an dem, was wir da so synthetisieren.
Norddeutsche Zurückhaltung? Die begegnet einem in Kiel meistens im Alltag, selten im Labor. Gerade wenn’s ums Entwickeln von Hightech-Materialien für maritimen Korrosionsschutz oder biobasierte Verpackungen geht, geht’s ans Eingemachte. Wer als Polymerchemiker hier einsteigt, landet gern mitten im Taumel zwischen akademischer Forschung und Industrie. Denn Kiel ist mehr als Seehafen und Segelkulisse: Die Region hat sich in den letzten Jahren als kleiner, aber eigenwilliger Hotspot für angewandte Polymerforschung etabliert – irgendwo zwischen etablierten Globalplayern, mittelständischen Spezialisten und hartnäckigen Start-Ups, die gefühlt jedes Jahr neue Polymersorten ausprobieren.
Gelegentlich frage ich mich: Weiß eigentlich irgendwer außerhalb unseres Fachs, dass ein Kieler Chemielabor mit der Entwicklung von Materialien für Windkraftanlagen ebenso befasst ist wie mit Kohlenstofffasern für den Yachtbau? Manche finden’s kurios, wenn man erklärt, dass Kunststoffe hier nicht nur Joghurtbecher werden, sondern manchmal Leben retten – Stichwort: Biokompatible Implantate oder Pipettenspitzen für Diagnostik. Wer eine Portion Geduld und Toleranz für Unerschrockenheit mitbringt, merkt schnell: Kaum ein Tag gleicht dem anderen, mal balanciert man zwischen Analytik und Anwendung, mal explodiert das Whiteboard vor Ideen, dann wieder gibt’s zähes Warten auf Testergebnisse.
Die ehrliche Antwort auf die immergleiche Gehaltsfrage? Rätselhaft anderswo, recht solide in Kiel. Ernüchternd? Nun ja, der „große Wurf“ ist’s selten direkt nach dem Einstieg, aber mehr als die sprichwörtliche Butter aufs Brot ist schon drin: Typischerweise liegt das Einstiegsgehalt zwischen 3.600 € und 4.100 € – in Einzelfällen, etwa mit Promotion oder Spezialkompetenz, auch darüber. Erfahrene Polymerchemiker können sich je nach Branche und Verantwortung auf 4.500 € bis 6.000 € einstellen – mit Luft nach oben, sobald man Führung oder F&E-Projektleitung übernimmt. Die Region zahlt keine Großstadtzuschläge, punktet aber mit moderaten Lebenskosten und guter Arbeitsplatzsicherheit. Nicht zu unterschätzen: Wer den Taschenrechner rausholt, merkt, dass das Meer vor der Bürotür manchmal unbezahlbar wird.
Hier eine Warnung, unausgesprochen und doch jedem klar: Wer denkt, das Fachwissen aus dem Studium trägt einen ewig durch, irrt. Die Weiterentwicklungen im Bereich nachhaltiger Polymere, neuer analytischer Methoden oder digital unterstützter Labortechnik kommen so schnell daher, dass selbst alte Hasen ins Schwitzen geraten. Kiel bietet, nicht nur durch die Nähe diverser Forschungsverbünde und einschlägiger Industriekooperationen, regelmäßig fachliche Auffrischung – von Workshops zum Thema Additive Manufacturing bis zu praxisnahen Fortbildungen zu bioabbaubaren Compounds. Man muss, um nicht abgehängt zu werden, den inneren Schweinehund regelmäßig überzeugen, mal wieder in die Weiterbildung zu investieren. Geht nicht anders.
Was viele von außen unterschätzen: Der Job erfordert mehr als Formelsicherheit – hier braucht es Findigkeit, Frustrationstoleranz und oft einen langen Atem. Kiel bietet dabei diesen schrägen Mix aus norddeutschem Pragmatismus und wissenschaftlicher Neugier, manchmal gepaart mit hanseatischer Gelassenheit (und gelegentlicher Ironie, wenn die Sache mal wieder dauert). Wer offen bleibt für neue Fragestellungen – sei es im Recycling, der Medizintechnik oder der maritimen Nutzung – findet hier ein Feld, das mehr Möglichkeiten bietet, als die meisten ahnen. Persönlich? Für mich fühlt es sich manchmal an wie Segeln bei steifer Brise: Unberechenbar, unperfekt, aber – mit etwas Glück und Hartnäckigkeit – genau das Richtige.
Das könnte Sie auch interessieren