ETL Gruppe | 18273 Güstrow
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
ETL Gruppe | 18273 Güstrow
ETL Gruppe | 18273 Güstrow
ETL Gruppe | 18273 Güstrow
Wer in Rostock als Pferdewirt durchstarten will, landet nicht in irgendeinem Beruf, sondern irgendwo zwischen Handwerk, Bewegung und Natur. Das ist ein Arbeitsplatz, der nach frischer Stallluft riecht, nach Muskelkater im Rücken und einer Prise norddeutscher Gelassenheit. Und vielleicht, manchmal, nach ein bisschen Trotz – gegen Regen, Wind und das unvermeidliche „Na, ist das nicht anstrengend?“ von außen.
Rostock, das darf man nie vergessen, hockt nicht nur am Wasser hängen geblieben. Die Stadt atmet an vielen Ecken noch das ländliche Vorland: Pferdehöfe, Reit- und Fahrvereine, einige Zuchtbetriebe, und natürlich Gestüte, die stolz auf jahrzehntelange Praxis zurückblicken – auch wenn der eigentliche Landadel heute zuweilen Pullis mit Pferdemotiv bloggt. Wer das Berufsfeld betritt, merkt schnell: Hier gilt’s, selbst Hand anzulegen. „Annäherung durch Anpacken“ lautet die Formel, und die tägliche Arbeit besteht aus weit mehr als Pferde füttern, misten, ein bisschen longieren und abends den Reitplatz abharken.
Die Berufswirklichkeit? Ziemlich klar umrissen, und trotzdem anders als die landläufigen Bilder von Turniersport und romantischen Ausritten. Die Aufgaben umfassen je nach Fachrichtung (Zucht, Haltung und Service, klassische Reitausbildung oder Spezialgebiete wie Galopprennsport) eine Mischung aus Stallmanagement, Tierpflege, Ausbildung der Tiere, und – nicht zu unterschätzen – der Menschen drumherum. In Rostock fällt noch auf: Die Nähe zur Uni bringt gelegentlich motive Quereinsteiger oder Studierende aus Agrar-Nischen mit in den Stall. Was das gibt? Es menschelt, manchmal kracht’s im Team, aber am Ende zählen die Pausen am Sattelwagen mehr als dienstliche Titel.
Ich habe selbst erlebt, wie sich die Anforderungen verschärft haben. Digitalisierung taucht auch hier langsam auf – Bookingpläne, Fütterungsprotokolle per App, im besseren Betrieb sogar GPS-gestützte Weidekontrolle. Die Technik nimmt uns (bisher) nicht die Arbeit ab, macht aber für gute Betriebe einen Unterschied. Wer sich hier nicht umstellt, steht irgendwann (wieder einmal) im Matsch.
Was viele unterschätzen: Beim Gehalt lernt man als Pferdewirt Demut; das Lohnniveau liegt regional meist bei 2.200 € bis 2.600 €. Bei speziellem Know-how – oder auf Zuchtbetrieben mit gewissem Renommee – kann’s auch mal kratzen am Bereich von 2.700 € bis 2.900 €, aber das bleibt eher Ausnahme als Dauermodus. Ist das gerecht? Diskutabel. Die Arbeitsbelastung, die Verantwortung für Tiere und der manchmal harsche Ton im Stall stehen im Kontrast zu anderen Handwerksberufen. Aber: Wer sich seiner Sache sicher ist, kann Zusatzqualifikationen nutzen – Sachkunde, Pferdegesundheit, Fütterungsspezialist, auch Fortbildungen in Reitsporttherapie oder Betriebsleitung sind denkbar. Fürs Portfolio. Oder fürs Selbstwertgefühl.
Kürzlich hörte ich jemanden sagen: „Man muss schon ziemlich verrückt sein, dafür morgens vor Sonnenaufgang im Regen auszumisten.“ Vielleicht. Was viele vergessen: Der Gegenwert liegt oft nicht auf dem Konto, sondern in der Nähe zum Tier, der spürbaren Anerkennung einiger Kunden und – wenn’s gut läuft – in diesem schwer greifbaren Gefühl von „ich mach was Echtes“.
Rostock, das kann anstrengend sein. Viele Betriebe kämpfen um Nachwuchs, und Arbeitszeiten werden eben selten strikt nach Stechuhr gemessen. Gleichzeitig merkt man den Ruck durch die Szene: Das gesellschaftliche Image wandelt sich, Tierschutz spielt eine immer größere Rolle, der ökologische Fußabdruck von Futterimporten oder Mistentsorgung steht zunehmend auf dem Prüfstand. Kleine Reithöfe setzen plötzlich auf innovative Haltungsformen, Paddock-Trails oder Bodenarbeit. Digital-affine Kolleginnen bringen Plattformwissen aus ihren Zwischensemestern ein – und dann diskutiert man plötzlich über „Smart Farming“ im Pferdestall. Muss man mögen. Oder halt lernen, es zu tolerieren.
Manchmal frage ich mich, wie lange die norddeutsche Sturheit reicht, um mit der Branche zu wachsen. Aber vielleicht ist genau dieses Widerständige ein Grund, warum gerade in Rostock viele Pferdeleute nie ganz aussterben: Hier sucht man nicht das schnelle Rampenlicht, sondern hält sich – Kopf über den Wind, Füße fest im Stroh.
Wer sich für den Beruf entscheidet – egal ob als Einsteiger, Umsteiger oder erfahrener Reiter –, spürt irgendwann: Stillstand gibt's nicht. Die Lernkurve ist steil, das Feedback ehrlich, der Alltag fordernd. Weiterbildung ist möglich, ja. Meistens aber bleibt der spannendste Teil, mit der eigenen Motivation Schritt zu halten. Und mit den Erwartungen der Umgebung. Also: jeden Tag neu entscheiden, ob das Glück manchmal tatsächlich auf dem Rücken der Pferde liegt – oder vielleicht irgendwo zwischen Stalltür, Satteldecke und dem ersten Kaffee auf dem Hof.
Das könnte Sie auch interessieren