Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 55116 Dillenburg, Landgestüt, Landesreit- und Fahrschule, Wilhelmstr. 24
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Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 35683 Dillenburg
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 55116 Dillenburg, Landgestüt, Landesreit- und Fahrschule, Wilhelmstr. 24
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 35683 Dillenburg
Wer als frischgebackener Pferdewirt morgens über das Gelände eines Mainzer Reiterhofs stapft, ahnt meist: Das hier ist keine Wohlfühlkulisse aus einem Heimatfilm, sondern Handwerk mit Schweiß, Blasen und – ja, gelegentlich auch Respekt vor dem nächsten Hufschlag. Für Berufseinsteigerinnen und erfahrene Fachkräfte offenbart sich der Pferdebetrieb in Mainz als eine faszinierende, aber fordernde Nische, die so gar nichts mit den Hochglanzbildern der Instagram-Welt zu tun hat. Und wenn doch? Dann meist außerhalb der Arbeitszeit.
Fangen wir mit den harten Fakten an. Der Beruf des Pferdewirts steht irgendwo zwischen traditionellen Handwerksberufen und moderner Dienstleistungsbranche – vielleicht ein bisschen wie ein klassischer Schreiner, nur mit nervösem Vierbeiner statt Eichenbrett. In Mainz sorgt die enge Verzahnung zum rheinhessischen Umland übrigens für eine bemerkenswerte Bandbreite: Vom Gestüt mit Zuchtambitionen bis hin zu Reitschulen mit integrativem Ansatz ist alles vertreten. Gerade in den Randlagen wächst das Angebot an therapeutischem Reiten, was den Beruf zwar um einige spezialisierte Tätigkeiten bereichert, aber auch den Anspruch an soziale und pädagogische Kompetenzen hebt. Es reicht eben längst nicht mehr, „nur“ reiten oder longieren zu können.
Was viele unterschätzen: Die körperlichen und psychischen Anforderungen. Mal ehrlich, wenn ich an die nasskalten Winter im Mainzer Talkessel denke und morgens die ersten Boxen ausgemistet habe – da wirkt das Durchschnittsgehalt von 2.300 € bis 2.800 € plötzlich weniger romantisch als viele hoffen. Ja, mit wachsender Erfahrung und Zusatzqualifikationen sind auch 3.000 € bis 3.600 € möglich. Aber diesen Sprung macht man selten im Vorübergehen, sondern meist nach Jahren – und oft begleitet von Zusatzaufgaben, die ursprünglich keiner wollte: Stallmanagement, Azubi-Betreuung, Organisation von Turnieren oder, mein Lieblingsklassiker, „mal eben“ die Stall-EDV. Das klingt jetzt nach Gejammer, aber ohne Ehrlichkeit hilft kein Ratgeber.
Gerade Berufseinsteiger geraten in Mainz oft zwischen die Mühlsteine traditioneller Betriebsführung und neuer – manchmal hypermodernen – Erwartungen der Kundschaft. Da will das Kind turnierfertig ausgebildet werden, die Eltern verlangen artgerechte Haltung, und irgendwie soll auch noch alles sauber, freundlich und kundenorientiert laufen. Leicht, oder? Eben nicht. Der Drahtseilakt, zwischen den widersprüchlichen Ansprüchen von Pferdebetrieb, Kundschaft, Veterinäramt und Personal zu balancieren – das ist Alltag. Wer glaubt, nach Feierabend sei Schluss, der kennt die Wochenenden nicht, an denen ein Fohlen auf die Welt will oder die Stallhilfe krank meldet. Nicht selten fragt man sich: Kann ich mir das auf Dauer leisten – mental und finanziell?
Natürlich, es gibt positive Entwicklungen. In Mainz, das trotz Großstadtstatus nie die dörflichen Wurzeln ganz verloren hat, findet man inzwischen erstaunlich viele Betriebe, die in moderne Einstreutechniken, digitale Pferdebücher oder Trainingsmethoden investieren. Zu sehen, wie ein biozertifizierter Hof in Finthen plötzlich auf ökologisches Paddock-Management setzt, das hat etwas Befriedigendes – wenn auch manchmal Kopfschütteln: Digitalisierung im Pferdestall? Tatsächlich! Noch vor zehn Jahren unvorstellbar. Und für junge Fachkräfte eröffnet sich genau da ein Hebel: Wer technisches Verständnis und Lust auf Neues mitbringt, wird zum Problemlöser und – ehrlich – genießt meistens mehr Respekt als der ewige Boxen-Ausmist-Profi.
Ist der Beruf des Pferdewirtes in Mainz nun eine Zukunftswette oder ein Auslaufmodell? Schwer zu sagen. Die ökologische Debatte, steigende Heu- und Pachtpreise, dazu die modische Keule des Tierwohls – all das bringt Unsicherheit, zwingt aber auch zu Innovation. Weiterbildung ist Pflicht, nicht Kür, besonders wer sich in Richtung Zucht, Therapie oder Management weiterentwickeln will. Wer hier nicht mitzieht, läuft Gefahr, abgehängt zu werden – und sei das eigene Händchen für Pferde noch so ausgeprägt. Der Beruf bleibt ein Spagat: Genau das macht ihn spannend und – manchmal – so anstrengend, dass man abends vergisst, wo der eigene Rücken eigentlich noch nicht weh tut. Und trotzdem: Wer’s mit Herzblut macht, dem öffnet Mainz eine erstaunlich vielfältige Berufswelt. Nicht immer fair bezahlt und selten stressfrei. Aber ehrlich? Es gibt schlechtere Jobs. Zumindest, wenn man morgens lieber Pferdeduft riecht als Kantinenkaffee. Oder?
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