Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 60306 Dillenburg, Landgestüt, Landesreit- und Fahrschule, Wilhelmstr. 24
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 35683 Dillenburg
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 60306 Dillenburg, Landgestüt, Landesreit- und Fahrschule, Wilhelmstr. 24
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen | 35683 Dillenburg
Es gibt Berufe, die – wie ein alter Gaul – zu oft als Anachronismus abgestempelt werden. Der Pferdewirt ist, das kann ich ohne große Melodramatik sagen, so einer. Aber unterschätzen sollte ihn niemand. Schon gar nicht im urbanen Gewimmel Frankfurts, dessen Skyline so wenig mit Stroh und Heu zu tun hat wie ein Dressurpferd mit Schnellfutter. Wieso entscheide ich mich trotzdem genau hier, im Schatten der Bankentürme, für diesen eigentlich zutiefst ländlich verwurzelten Beruf? Nüchtern kalkulierende Außenstehende runzeln da gern die Stirn. Ich verstehe das. Wer sich aber auf die Gegenwart dieses Metiers einlässt, der merkt schnell: Hier werden Ambivalenzen nicht erklärt, sondern gelebt.
Frankfurt – Pferdehauptstadt? Auf den ersten Blick vielleicht nicht. Die Dichte an Premiumställen, Gestüten und Ausbildungszentren rund um die Mainmetropole zeigt jedoch ein anderes Gesicht. Hier treffen internationale Turnierkultur, leistungsorientiertes Freizeitreiten, Zucht und klassische Rehuntersuchung aufeinander. Ein schräger Mix? Durchaus, aber gerade das macht die Arbeit für Berufsanfänger wie Routiniers reizvoll: Kein Tag ist wie der andere. Mal fragt die Dressurreiterin nach dem Futterplan, mal will ein Unternehmerwissen über den Import spanischer Lusitanos, dann wieder steht die Pferdephysionom am Zaun und hinterfragt Trainingsmethoden aus der Nachkriegszeit. Vorläufige Erkenntnis: Als Pferdewirt braucht man offene Ohren und ein dickes Fell – nicht nur für Pellets und Pflegeratschläge.
Die Zeit wilder Reitstall-Abenteuer ist vorbei. Wer heute in Frankfurt anheuern will, beschränkt sich eben nicht aufs Misten, Füttern und gelegentliches Longieren. Fachwissen wird erwartet: Anatomie, Verhalten, moderne Fütterung, Parasitenmanagement, digitale Dokumentation – all das ist kein Hexenwerk, aber auch längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Gerade der technische Fortschritt macht vor dem Stalltor nicht halt. Apps zur Bestandsverwaltung oder digitale Reitauswertung sind Alltag, ob einem das persönlich schmeckt oder nicht. Wer sich hier nicht weiterbildet, steht bald im Regen. Eigentlich klar, aber in manchem Gespräch bemerkt man – gar nicht so selbstverständlich. Oder täusche ich mich?
Wer sich für den Beruf entscheidet, entscheidet sich selten aus reiner Profitgier. Das Klischee stimmt: Pferdeleute brennen oft für ihre Arbeit und nehmen gewisse Gehaltsrealitäten hin, die in anderen Branchen Stirnrunzeln verursachen. In Frankfurt bewegt sich das Gehalt meist zwischen 2.200 € und 2.900 €. Spitzen nach oben – vor allem bei Spezialisierung im Training, in der Zucht oder bei Leitungsposten – reichen gelegentlich an 3.200 € bis 3.600 € heran. Klingt nach wenig angesichts der Mieten im Speckgürtel? Richtig. Viele Ställe bieten daher Unterkunft oder Anteile an. Ein klassischer „Kompromiss“. Die Frage stellt sich trotzdem immer wieder: Wie viel Passion, wie viel Pragmatismus braucht dieser Lebensweg?
Frankfurt ist, was viele unterschätzen, auch ein Labor für neue Methoden: Seminare zu Pferdegesundheit, Workshops zur Kundenberatung, Kurse zur Digitalisierung im Stall – spätestens auf dem zweiten Karriereabschnitt wird klar, Stillstand ist hier gleichbedeutend mit Rückschritt. Die Offenheit der Szene, sich gegenseitig in Sachen Tierschutz, Wirtschaftlichkeit und Trainingsinnovation herauszufordern, ist nicht die Ausnahme, sondern die belebende Regel. Manchmal ein Spießrutenlauf, manchmal Gold wert.
Ob man in Frankfurt als Pferdewirt durchstartet – oder irgendwann stirnrunzelnd aufgibt, ist Ansichtssache. Der Beruf hat Risse und Ecken, ist kein Ponyhof, aber auch kein trauriger Restposten der Vergangenheit. Zwischen Heustaub, Teamarbeit, getakteten Turnierplänen und digitaler Buchhaltung balanciert, wer in diesem Feld bestehen will. Mein persönlicher Eindruck? Wer Herz fürs Tier, Lust auf Entwicklung und einen Schuss Gelassenheit mitbringt, der findet – trotz Großstadtlärm – seinen eigenen Takt. Und das ist, Hand aufs Herz, vielleicht mehr, als manche Bürotürme je zu bieten haben.
Das könnte Sie auch interessieren