REWE Markt GmbH | Nordhausen
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Der Beruf des Pferdewirtes. Klingt nach frühmorgendlicher Stallromantik, dem Duft von Heu in der Nase und – na klar – reichlich Muskelkater in den Armen. Das alles stimmt. Aber dieses Bild ist zu einfach gestrickt, vor allem, wenn man den Blick auf Braunschweig richtet. Wer hier als Einsteiger oder berufserfahrene Fachkraft in die Welt rund ums Pferd eintauchen will, landet mitten in einem Geflecht aus Tradition, Technik, gestiegenem Anspruch und manchmal auch überraschend handfesten Auseinandersetzungen über das, was eigentlich zählt. Braunschweig, so viel ist sicher, hat im Bereich Pferdewirtschaft ein ganz eigenes Tempo – irgendwo zwischen historischem Stolz, norddeutscher Bodenständigkeit und dem leisen Drang, mitzugehen, wenn moderne Trends anklopfen.
Aus eigener Erfahrung – oder soll ich sagen, vom Sehen? – merke ich immer wieder, wie sich viele auf das Offensichtliche fixieren: Vier Beine, viel Stroh, ausreichend Geduld. Tatsächlich hat sich das Berufsbild des Pferdewirtes in den letzten Jahren, gerade im Raum Braunschweig, ziemlich gemausert. Neben dem klassischen Pferdepfleger gibt es hier Spezialistinnen für Zucht, artgerechte Haltung, Fütterung, Training – und, nicht zu vergessen, die Organisation von Turnieren oder Lehrgängen. Mal ehrlich: Wer glaubt, es ginge nur um Stallarbeit und Reiten, verpasst die Hälfte. Die Anforderungen? Technikaffinität nimmt zu. Haltungskonzepte werden komplexer. Beispiel Digitalisierung: Futtermengen, Leistungsdaten, Besamungszyklen – vieles läuft inzwischen digital. Klingt bürokratisch, ist aber längst Standard, auch und gerade in den Braunschweiger Vorzeigebetrieben. Wer da nicht mitzieht, bleibt schnell zurück.
Bleiben wir für einen Moment bei den harten Fakten: Verdienen kann man als Pferdewirtin oder Pferdewirt in und um Braunschweig, was? Solide – aber satt wird man selten schon im ersten Jahr. Die Tarife pendeln aktuell je nach Ausrichtung, Qualifikation und Betriebserfolg meist zwischen 2.000 € und 2.600 €, ein Sprung nach oben ist mit Zusatzausbildungen oder Verantwortung im Team auf 2.800 € bis 3.300 € durchaus realistisch. Und doch: Manchmal fragt man sich, warum die Leidenschaft für Tiere und stundenlange Arbeit am Hengst nicht noch stärker entlohnt wird. Die Antwort? Die Branche ist krisenfest – aber auch leidensfähig. Pferdebetriebe sind oft Familienunternehmen, Investitionen gehen langsam, und die Konkurrenz untereinander ist groß. Das drückt auf die Löhne. Umso wichtiger wird das eigene Selbstbewusstsein, gepaart mit fachlicher Entwicklung – ganz ehrlich, zu knauserig sollte man vor sich selbst nicht sein.
Wer einmal angekommen ist, kann sich nicht ausruhen. Braunschweig ist zwar nicht Hamburg oder München, aber die Ansprüche der Tierhalter und Reitschulen steigen stetig. Weiterbildungen? Pflichtprogramm. Zum Beispiel Fachkurse in Pferdeergotherapie oder Herdenmanagement – für viele keine Selbstverständlichkeit, stattdessen ein echter Karriere-Booster. Auch die Nachfrage nach qualifizierten Pferdewirten mit Zusatz-Knowhow in Gesundheit, Rehabilitation oder sogar in moderner Betriebswirtschaft wächst. Klingt gewöhnungsbedürftig? Mag sein. Doch das ist es, was die Arbeit in Braunschweig so interessant macht: Es bleibt in Bewegung.
Ich selbst staune manchmal, wie ambivalent alles bleibt. Auf der einen Seite gibt’s noch immer die Höfe, auf denen seit Generationen alles nach altbewährtem Muster abläuft. Auf der anderen Seite tauchen Betriebe auf, die mit automatisierter Fütterung oder Verhaltensanalysen arbeiten. Was viele unterschätzen: Der moderne Pferdewirt jongliert mit Maschinen, Menschen und Tieren – alles gleichzeitig. Wer den Spagat zwischen Fingerspitzengefühl am Tier und digitalem Denken hinkriegt, dem steht in Braunschweig ein weiter Weg offen. Kein Spaziergang. Aber auch keine Sackgasse, im Gegenteil. Wer hier den Sprung wagt, dem begegnet viel Respekt – oft verpackt in rauem norddeutschem Ton.
Wenn ich eins gelernt habe: Für Pferdewirte ist Braunschweig ein Testgelände. Nicht, weil hier alles perfekt läuft – sondern, weil Wandel und Beharrlichkeit aufeinandertreffen. Manchmal bleibt’s bei Routinearbeiten, ab und zu wird tiefer gebohrt – fachlich wie persönlich. Und ganz ehrlich: Das macht diesen Beruf so widerständig und, ja, reizvoll. Wer durchhält, wird nicht reich, aber selten arm an Erfahrung.
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