SO/ Berlin Das Stue | 10115 Berlin
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Stephanus gGmbH | Wusterhausen/Dosse
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Mitten im Großstadttrubel, zwischen Bürokomplexen, Politikerflair und dem obligatorischen Hupkonzert zwischen Alex und Ku’damm – da muss man erst mal draufkommen: Berlin lebt von und mit Pferden, wenn auch meist im Schatten der Szene. Wer als Pferdewirtin oder Pferdewirt in Berlin startet, kommt schnell mit einer Art Paralleluniversum in Berührung. Einem, das anders tickt als Brandenburgs endlose Weideflächen. Aber wie ist das wirklich? Lohnt sich der Einstieg, der Wechsel? Fragen, auf die es selten ganz einfache Antworten gibt.
Manchmal habe ich den Eindruck, der Beruf ist eine eigene Art Zeitreise. Statt Schreibtisch: Stallgasse. Statt Wasserkocher: Tränkeimer auf Rädern. Berliner Betriebe – seien es Kutschunternehmen mit Sightseeing-Charme oder Ausbildungsställe im Südosten – balancieren zwischen Nostalgie und moderner Pferdehaltung. Reden wir nicht drumherum: Der Job verlangt körperlich alles ab. 5 Uhr Stall, 7 Uhr Longieren, nachmittags Reitunterricht – und irgendwo dazwischen: Mistgabel, Fieberthermometer, nervöse Kundschaft. Wer denkt, „die machen den ganzen Tag Ponyreiten“ – der irrt gewaltig. Von Nachwuchsförderung bis Plan A, B, meistens auch C, muss man sich auf alles gefasst machen. Im Stadtgebiet kommt noch ein Schuss Improvisation dazu: Ausgebrochenes Pferd in Treptow? Kein Witz, sondern Montagsrealität.
Was viele unterschätzen: Berlin ist kein Eldorado für klassische Pferdewirtschaft, aber das Feld ist erstaunlich vielfältig – von Sportpferdezentren über Therapieeinrichtungen bis zu städtischen Reitvereinen. Handfestes Problem: Der Kostendruck ist enorm, der Fachkräftemangel spürbar. Einstiegsgehälter bewegen sich zumeist zwischen 2.200 € und 2.600 €, mit wachsender Erfahrung und Spezialisierung sind 2.800 € bis 3.100 € durchaus drin. Wer sich in Nischen wie therapeutisches Reiten oder Trainerlizenzen spezialisiert, kann gelegentlich noch eine Schippe drauflegen – reich wird man selten, aber auf ein Leben am Existenzminimum ist man auch nicht zwangsläufig abonniert. Fluktuation? Gibt’s, teils wegen der Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen, zum Teil schlicht aus Selbsterkenntnis: Stallarbeit mag erfüllend, aber auch knochenhart sein. Diejenigen, die dabeibleiben, setzen oft mehr auf Leidenschaft als auf Lohnabrechnungen.
Was mir zunehmend auffällt: Viele Betriebe schwenken um. Digitalisierung ist nicht mehr nur Hochglanzwort aus der Agrar-Zukunftsmesse – Buchungsapps, smarte Fütterungssysteme und digitale Stallbuchführung gehören längst zum Alltag. Nachhaltigkeit wird ebenfalls großgeschrieben: Manche Berliner Ställe testen bereits Methangasrecycling aus Stallmist oder setzen auf energetische Selbstversorgung. Mancherorts wirkt das wie ein kleines Labor für den Wandel der gesamten Branche. Neben all dem Schlagwortsalat eine eher stille, aber spürbare Entwicklung: Im Vergleich zu ländlichen Gebieten sind die Berliner Betriebe oft durchmischter, kulturell wie sozial. Das sorgt für neue Blickachsen – die Pferdewelt ist eben längst kein Elitenclub mehr. Ob das im Endeffekt alles besser macht? Ansichtssache. Für Lernfreudige und Anpassungsfähige bergen diese Neuerungen jedenfalls mehr Chancen als Stolperfallen.
Und trotzdem, Hand aufs Herz: Manchmal fragt man sich, warum man sich das überhaupt antut – Regen, Dreck, Verantwortung für Lebewesen, oft gepaart mit einer absurderweise sehr berlin-typischen Improvisation. Doch spätestens, wenn das erste Fohlen taumelnd im Morgengrauen steht oder ein Kind strahlend vom ersten geführten Ritt zurückkommt, weiß man, warum. Die Mischung aus traditioneller Handarbeit, Verantwortungsgefühl und der Möglichkeit zum echten Neuanfang – die gibt es so wohl nur im Pferdeberuf. Und immer öfter: inmitten Berlins. Die Stadt sieht man dann mit anderen Augen. Vielleicht ein bisschen mehr aus der Weiten des Sattelblicks.
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