DIS AG | Bitterfeld-Wolfen
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DIS AG | Bitterfeld-Wolfen
Manchmal frage ich mich, ob die Leute überhaupt eine Vorstellung davon haben, was eigentlich im Alltag eines Lacklaboranten passiert – und erst recht nicht in einer Stadt wie Potsdam. Wer denkt, dass hier nur Flächen bepinselt werden, unterschätzt die Komplexität gewaltig. Oder besser: Hat die aktuelle Entwicklung der Branche verschlafen. Denn Lack ist nie bloß Lack. Er ist Hightech, Umweltschutz, Chemie und – mit etwas Leidenschaft betrachtet – auch ein Stück regionale Identität.
Ganz nüchtern betrachtet ist der Lacklaborant ein Spezialist, der Stoffe mischt, prüft, wieder zerlegt, Formeln ausrechnet, Proben bewertet. In Potsdam schwingt noch ein eigener Ton mit: Die Stadt ist bekanntlich kein reines Industriemekka, sondern ein Labor für Wissenschaft, Innovation – und vielleicht ein bisschen Traditionspflege. Die Unternehmen, die hier produzieren, sind oft an der Schnittstelle von Forschung und Anwendung aktiv. Man findet kleine Technologiefirmen, größere Mittelständler, branchige Veredelungsbetriebe. Mein Eindruck: Wer hier startet, bekommt nicht das Standard-„Fließband“, sondern Beteiligung an Entwicklungsprojekten, kurze Wege zu den Laborchefs und zwischendurch auch Aufgaben mit ganz schöner Zündkraft. „Könntest du das neue Additiv für unsere Außenwandfarbe testen?“ – so etwas landet hier schnell auf dem Schreibtisch. Oder besser: im Becherglas.
Ein Wort zu den Rahmenbedingungen, die man nicht unterschätzen sollte. Für Berufseinsteiger, aber auch für erfahrene Laborfüchse ist der Potsdamer Arbeitsmarkt, sagen wir mal, speziell: Die Gehälter – zuletzt stark gestiegen, aber immer noch mit Luft nach oben. Viele Betriebe starten bei 2.600 € bis 2.900 €, Usus sind 2.800 € für Jungfachkräfte. Mit Berufserfahrung? 3.200 €, 3.400 €, vielleicht ein bisschen mehr, je nach Nische. Ein rein technischer Betrieb zahlt anders als ein Unternehmen mit Forschungsanspruch. Das Spannende: Fachkräfte mit Zusatzzertifikaten, etwa im Bereich Umweltanalytik oder Qualitätssicherung, werden fast regelmäßig mit besseren Konditionen gelockt – gerade weil hier die Schnittmenge von Wissenschaft und Praxis so selten ist wie ein makelloser Klarlack ohne Einschlüsse.
Wer die letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, wird das gespürt haben: Umweltverträglichkeit, Digitalisierung, neue Additive – all das setzt auch die Lackbranche in Potsdam unter Spannung. Die Anforderungen im Alltag steigen. Wasserbasierte Systeme, Prüfverfahren nach modernsten EU-Standards, Auswertung von Protokollen auf halbautomatisierten Systemen – plötzlich wird aus der klassischen Laborroutine eine anspruchsvolle Gratwanderung zwischen Gewohnheit und Forschergeist. Manchmal fühlt sich das an wie Jonglieren mit drei Fläschchen, während man nebenbei erklärt, wie sich die Pigmentstabilität unter UV-Licht verhält. Oder noch komplizierter: Nachhaltigkeit wird zum Firmenmotto, aber das Laborbudget bleibt – sagen wir mal – „sportlich kalkuliert“.
Ganz ehrlich? Was viele unterschätzen: Wer als Lacklaborant arbeitet, ist nie statisch. Die Aufgaben verschieben sich von Jahr zu Jahr mit den technischen Möglichkeiten. Potsdam klingt nach Preußen und Babelsberger Filmstudios – aber im Labor dominieren eher Hightech und Schutzmaßnahmen, die an kleine Start-upland erinnern. Weiterbildungen sind hier übrigens mehr als ein leeres Versprechen: Wer sich auf moderne Analytik, Umweltschutz oder Produktionsoptimierung spezialisiert, dockt schnell an Forschungsprojekte oder industrielle Versuchsreihen an. Was bleibt nach Feierabend? Seltsamerweise doch Stolz. Jedes Produkt, ob High-End-Lack fürs Designer-Bad oder Spezialbeschichtung fürs Solarpanel – ein Stück eigener Handschrift bleibt darin zurück. Das ist nichts für Show-Offs. Aber wer Sinn für Präzision hat und sich zwischen neuen Vorschriften und alten Rezepturen behaupten will, findet hier sein Revier. Ja, es ist manchmal ein Tanz auf schmalem Strich. Aber kein Vergleich zur Beliebigkeit anderer Berufe – zumindest wenn man den Geruch von Lösungsmittel halbwegs mag.
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