DIS AG | Bitterfeld-Wolfen
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
DIS AG | Bitterfeld-Wolfen
Manchmal frage ich mich selbst, wie viele Menschen eigentlich wissen, was Lacklaboranten – oder, sagen wir, „Lack-Patentanwälte des Alltags“ – tatsächlich leisten. Gerade in Magdeburg, wo zwischen den Relikten der Industrie und den modernen Forschungszentren so eine eigentümliche Mischung liegt. Man steht oft in der Kantine, der Geruch von Lösungsmitteln unterm Kittel, und hört das große Staunen: „Ach, es gibt Labor-Jobs fernab von Medizin?“ Ja, gibt es. Und wie.
Wer sich als Berufseinsteiger oder Quereinsteiger in den Farbkosmos wagt, rechnet vielleicht mit ein bisschen Pinselarbeit und gelegentlichem Schütteln von Pulver. Die Realität? Eher ein wacher Spagat: Zwischen pipettieren, rühren, wiegen und mikroskopischer Spurensuche. Lacklaboranten testen nicht nur, ob Rot auch wirklich Rot bleibt, wenn die Sonne draufknallt und der Frost an den Nägeln nagt. Sie prüfen auch, ob sich die Formel mit lokalen Umweltauflagen, Kundenwünschen und technischen Vorgaben noch irgendwie vereinen lässt, ohne dass alles ins Lotterleben abgleitet.
In Magdeburg ist das Betriebsklima etwas eigen: Man trifft auf alteingesessene Lackwerkstätten, Forschungsverbünde mit Uni-Anschluss und – ich will ehrlich sein – einen frischen Wind an jungen Startups, die die Formel für Wasserlack neu erfinden wollen. Hier schwingt noch der Geist der DDR-Chemie mit, gemischt mit der ständigen Angst, beim Wettbewerbsdruck aus Bayern oder Nordrhein-Westfalen nicht überholt zu werden. Besonders die Nachfrage in Maschinen- und Fahrzeugbau prägt den Ton (und die Toleranz für Fehler). Ich kenne Laboranten, die behaupten: Wer hier durchhält, kann Lack überall. Was viele unterschätzen: Die Aufgaben in Magdeburg sind oft breiter gefächert als anderswo. An einem Tag Schichtdicken messen, am nächsten Rohstoffe analysieren, zwischendrin Reklamationen zerlegen, Tintenfarben für Spezialkunden mischen — und dann geht es schon wieder weiter zum nächsten Entwicklungsmeeting.
Beim Gehalt wird’s konkreter: Wer frisch aus der Ausbildung kommt, kann in Magdeburg mit etwa 2.400 € bis 2.800 € rechnen. Klingt solide, ist aber kein Überflieger-Niveau, wenn man die Verantwortung für Umwelt- und Produktsicherheit bedenkt. Mit ein paar Jahren Erfahrung – und der richtigen Portion Neugier fürs Experimentieren – sind durchaus 3.000 € bis 3.400 € drin. Manchmal frage ich mich, warum gerade die super exakten, akribischen Kolleginnen und Kollegen selten die Gehälter sehen, die den Produktionsverantwortlichen winken. Vielleicht, weil die Welt der Chemie noch zu oft als stummer Helfer im Hintergrund funktioniert? Oder weil der Standort Magdeburg, trotz aller Forschung, eben nicht Leverkusen ist. Man weiß es nicht.
Technologisch ist Bewegung drin – ganz klar. Digitalisierung zieht auch ins Labor ein, wenn auch mit Verspätung. Wer keine Angst vor Analyse-Software, Smartlab-Tools oder nachhaltigen Rezepturen hat, findet in Magdeburg spannende Anwendungsfelder. Die Unternehmen investieren in Weiterbildung; immerhin trumpft die Stadt mit Kooperationsmodellen zur Fachhochschule und ortsnahen Praktika. Berufseinsteiger haben so mehr Gestaltungsspielraum als in vielen anderen Regionen – sofern sie bereit sind, ihr Wissen immer wieder zu hinterfragen und neu zu verpacken. Das klingt vielleicht wie eine abgedroschene Floskel, aber: Wer im Lacklabor auf Altbewährtem beharrt, riskiert, technologisch abgehängt zu werden.
Ist der Job jetzt also ein Geheimtipp? Vielleicht – für die, die mit Routine und Reizüberflutung umgehen können, denen weder Lösemittelgeruch noch Deadline-Hektik den Appetit verderben. Mir persönlich gibt der Beruf ein gutes Stück Beständigkeit in einer Branche, die sich ständig häutet. Und im Ernst: Wer hat schon jeden Tag die Chance, wortwörtlich Farbe ins Leben zu bringen – ohne dabei nur den Pinsel zu schwingen? Das muss man erstmal lernen wollen.
Das könnte Sie auch interessieren