tw.con. GmbH | 29525 Uelzen
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Manchmal, wenn ich im Limnitzer Gang Richtung Universitätsklinikum unterwegs bin, frage ich mich: Ist das jetzt eher Laborratte oder Navigationskünstler, was man als Krankenhausapotheker hier eigentlich sein muss? Lübeck, das kleine Hanseglanzlicht mit seinem ganz eigenen Tempo, ist ja nicht unbedingt das, was man ein Pharma-Hotspot nennt. Und doch: Wer als Berufsneuling, Erfahrener auf Jobsuche oder einfach Wechselwilliger auf diesen Bereich schielt, dem offenbart sich ein Berufsfeld voller Überraschungen – zwischen Fachidiotentum, digitalem Anspruch und knallhart ökonomischer Realität.
Über Aufgabenvielfalt wird ja viel gesprochen – hier wird sie gelebt. Die Wallschleifen, die ein Krankenhausapotheker täglich dreht, sind immer ein bisschen anders. Ob die klinische Pharmaexpertenrunde mit den Ärztinnen auf der Onko-Station, die knifflige Recherche zu Wechselwirkungen in gefühlt hundert Google-Tabs, oder das hektische Telefon, wenn irgendwo im Gebäude wieder irgendein Lieferengpass Löcher ins Therapiekonzept reißt. Was viele unterschätzen: Der Griff zum Telefonhörer wird mindestens so wichtig wie das Abwägen im Reinraum. Lübeck ist dabei kein Sonderfall – doch durch die regionale Struktur zwischen Uniklinikriesen und mittelgroßen Häusern gibt es diesen ständigen Wechsel zwischen Hightech-Medikation und Improvisations-Comedy. Im Winter, wenn die Grippewelle rollt und man zwischen Besprechung und Defekturschicht ständig auf Alarmbereitschaft schaltet, fühlt sich das manchmal an wie Tetris mit mehr als vier Steinen auf einmal.
Hier offenbart sich die nächste Krux: Wer glaubt, als Krankenhausapotheker jongliere man nur mit Zahlen und Rezepturen, merkt schnell, dass man mit Abstrichen am Gewissen leben muss – oder ein verdammt dickes Fell entwickelt. Ob es um die Beratung bei Antibiotikamastern geht, bei denen der Chefarzt gefühlt alles besser weiß, oder um knappe Ressourcen (Stichwort: Lieferengpässe), die ethische Beweglichkeit verlangen – in Lübeck ist das mit der therapeutischen Verantwortung kein Sonntagsspaziergang. Man bewegt sich ständig zwischen wissenschaftlicher Neutralität, ökonomischen Zwängen und dem einen Moment, in dem ein Fehler einfach keine Option ist. Ich habe mir angewöhnt, genau dann auch mal laut zu werden, wenn die Geduld zum elften Mal strapaziert ist. (Ob das so klug ist? Vielleicht – vielleicht auch nicht. Aber manchmal ist es einfach ehrlich.)
Digitalisierung? Ein Reizwort in den alten Klinkermauern. Die Region rüstet technisch auf, klar, aber manches läuft noch immer überraschend analog. Zwischen elektronischer Verordnung, automatisiertem Kommissionierroboter und dem uralten Bestellbuch aus Papier wird Multitasking zur eigenen Disziplin. Für Berufseinsteiger mit Technik-Affinität kann das Frust wie Spielfreude gleichermaßen sein. Wer aus einer progressiven, urbanen Region kommt, stutzt hier vielleicht: Lübeck ist gemütlicher – und manchmal quälend langsam, wo eine nanosekundengetaktete SAP-Lösung gebraucht würde. Aber immerhin: Fortschritt zieht ein, Schritt für Schritt. Und dieses sich-immer-wieder-Anpassen, das ist vielleicht typisch nordisch – stur, pragmatisch, unaufgeregt.
Jetzt mal Tacheles: Wer die große Gehaltsrakete erwartet, wird in Lübeck keine astronomischen Höhenflüge erleben, aber auch nicht absaufen. Die Einstiegsgehälter bewegen sich meist zwischen 3.500 € und 4.200 € – selten darüber, manchmal darunter, je nach Hausgröße, Verantwortung und Tarifbindung. Die Unikliniken sind oft einen Tick besser aufgestellt, insbesondere mit Zusatzaufgaben oder Leitungsperspektive geht es bis etwa 5.000 € bis 5.700 €. Wobei das natürlich abhängig davon ist, ob man sich an den Tarifverträgen orientiert oder individuelle Verhandlungsspielräume auslotet. Die berühmten „goldenen Karriereleitern“ gibt es selten, aber Weiterbildung? Reichlich, gerade im klinisch-pharmazeutischen Bereich – Lübeck ist da mit Uni und Fortbildungsprogrammen gar nicht so hintendran. Es braucht halt Geduld, Eigeninitiative und den Willen, sich in die Hanse-Seele einzufräsen.
Ich will nicht die Mär von der Berufung erzählen. Krankenhausapotheker in Lübeck, das hat was von Seiltanz im Herbstwind. Manchmal fluchen, manchmal feiern – meistens beides am selben Tag. Wer Freude daran hat, Medizin, Technik, Verantwortungsgefühl und die berühmte norddeutsche Gelassenheit in einem einzigen Job zu kombinieren, wird hier nicht enttäuscht. Das klingt nach Pathos? Möglich. Aber manchmal, beim Blick auf die Trave, reicht so ein Hauch Pathos, um sich wieder ins nächste Abenteuer zu stürzen – und sei es nur, weil auf Station 4C wieder die Morphinpumpen zicken.
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