European Semiconductor Manufacturing Company | 01067 Dresden
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Siltronic AG | Freiberg
European Semiconductor Manufacturing Company | 01067 Dresden
Siltronic AG | Freiberg
Wenn ich in Dresden durch die Südvorstadt laufe, vorbei an Institutsgebäuden, in denen jedes zweite Fenster merkwürdig blinkt und irgendwo im Untergeschoss „Reinraum“ steht, dann kommt mir manchmal ein Gedanke: Wer in Dresden den Beruf „Ingenieur Nanotechnologie“ ergreifen will, entscheidet sich für einen Spagat – zwischen Weltraumgröße und Atombreite. Das ist keines dieser klischeebeladenen Ingenieursbilder aus alten Ingenieurromanen. Hier trifft kantige Realität auf Hochtechnologie.
Dresden? Bitte, was soll an dieser Stadt nicht Hightech sein? Die Taktung der Taktgeber ist hier numehr Jahrzehnte in Silizium gemeißelt – „Silicon Saxony“ lebt vom und mit dem Halbleiter. Kein Zufall also, dass gerade die Nanotechnologie hier mehr als eine Konjunktur erlebt. Doch Obacht: Die Zeiten protziger Großinvestitionen – Stichwort Chipfabriken – sorgen zwar für Jobs, aber der Alltag im Berufsbereich ist alles andere als ein einziges Innovations-Feuerwerk. Wer als Berufsanfänger in die Branche einsteigt, merkt schnell: Vieles ist Routine, manches Experiment, nicht alles gleich Nobelpreis-potent.
Doch worum geht’s eigentlich im täglichen Geschäft? Der Arbeitsplatz – oft inmitten von Anlagen, an denen selbst die Schwerkraft Ausweis zeigen müsste. Geräte, die alles messen, was unterhalb eines Reiskorns existiert, und statt Schraubendrehern braucht’s Diagnostiktools, Messprogramme und, nicht selten, eine Engelsgeduld. Nanostrukturen – seien es neue Sensoren für die Medizintechnik, winzige Transistorstrukturen, Leichtbaumaterialien oder OLEDs für die nächste Displaygeneration – entstehen, korrigieren sich, werden optimiert. Alles läuft parallel: Laborarbeit, Simulation, mal ein Crashkurs für die nächste Fördermittelabrechnung. Ich will nichts beschönigen: Qualitätsmanagement bestimmt den Rhythmus – weniger das Bastler-Geniehafte.
Wo liegen die Hürden? Wer einen akademischen Abschluss – vorzugsweise aus Physik, Werkstoffwissenschaft, Chemieingenieurwesen oder Elektrotechnik – in der Tasche hat, findet leichter Anschluss. Die Unternehmen erwarten Detailwissen, interdisziplinäre Übersetzung und diesen sonderbaren 360-Grad-Blick: Kommunikation mit den Fertigungskollegen, Präsentation der eigenen Ergebnisse vor Menschen, die keine Lust auf Quantenmechanik haben. Wie oft habe ich selbst stundenlang an subatomaren Fehlerquellen gekaut, um anschließend den Unterschied zwischen Oberflächenrauheit und Korrosionsanfälligkeit für den Einkauf zu erläutern. Kommunikation, Soft Skills, das ist kein Beiwerk – sondern Jobbestandteil.
Nicht zu verschweigen: Die Gehälter – kein Schlaraffenland, aber auch nicht das unterste Regal. Gestartet wird, je nach Abschluss und Ausrichtung, meist bei etwa 3.900 € bis 4.400 €. Mit Erfahrung, Promotion oder größerer Verantwortung kann das auf bis zu 6.000 € steigen. Aber: Wer auf schnelle finanzielle Höhenflüge hofft, liegt hier falsch. Die Chemie-, Mikroelektronik- und Medizintechnikunternehmen bestimmen den Takt; Tarifbindung und sorgfältige Personalpolitik sorgen für Stabilität, aber eben auch für klare Preisgrenzen. Ein Hauch Verhandlungsgeschick schadet da nie.
Und Dresden selbst? Das soll keine Werbebroschüre werden – klar, die Elbe, die Szene, das tägliche wissenschaftliche Grundrauschen. Aber die Herausforderungen sind echt: Der Fachkräftemangel klopft langsam bedrohlich an, Weiterbildungsmöglichkeiten platzen nicht gerade aus allen Nähten, zumindest, wenn es um Spezialthemen wie Funktionalisierung von Carbon-Nanoröhrchen oder die Brücke zwischen Materialwissenschaft und Halbleiterfertigung geht. Wer dranbleibt, der muss oft selbst in die Trickkiste greifen – Literatur, Austausch im Team, gelegentlich auch ein zähes Ringen mit festgefahrenen Strukturen. Doch vielleicht ist genau das der Kick: Wer Nanotechnologie in Dresden lebt, mischt mit zwischen Tradition und Innovation, Experiment und Dauerlauf, Routine und Aufbruch. Und: Es gibt Schlimmeres, als nach einer Nachtschicht vor dem Elbufer zu sitzen und zu merken, dass es Dinge gibt, die wirklich nur unterm Elektronenmikroskop zu erkennen sind. Ob das alles ist? Wer weiß das schon so genau.
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