Techvisie | 80331 München
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Food Chain Manager. Ein Berufstitel, der ein kleines Augenzwinkern verdient. Denn wenn man Freunden oder Familie davon erzählt, schwingt oft ein Hauch von Science-Fiction mit. Doch wer diese Aufgabe in München übernimmt, weiß: Dahinter steckt nichts weniger als das kluge Jonglieren mit Lieferströmen, Nachhaltigkeitswidersprüchen und der nie schlafenden Maschinenstadt, die sich „Metropolregion“ nennt. Leichte Kost ist das nicht.
Vorweg: Routine gibt’s in diesem Beruf kaum. Im Prinzip bewegt sich der Food Chain Manager irgendwo zwischen Logistikarchitekt, Prozess-Detektiv und Qualitätsmanager. Klassisch? Fehlanzeige. In München – zwischen Firmensitzen internationaler Lebensmittelkonzerne, Biomanufakturen und Tech-Startups aus dem FoodTech-Sektor – ist der Arbeitsalltag ein langsamer, unmerklicher Balanceakt. Einen Tag feilscht man mit regionalen Landwirten um Lieferfristen, den nächsten knobelt man an digitalen Tracking-Lösungen mit Software-Partnern. Und während im Hinterkopf noch die nächste Lieferkette wie ein Perpetuum mobile summt, sitzt man schon mit Controllern über den letzten Audit-Ergebnissen.
Was viele unterschätzen: Schon kleine regionale Verwerfungen haben spürbare Auswirkungen. So mancher erinnert sich noch an den Logistikkollaps auf der A8 – damals stand wortwörtlich die gesamte Feinkostklaviatur still. München lebt von Vielschichtigkeit: Lokaler Bio-Pioniergeist trifft auf importierte Großmengen-Gewalt. Die lokale Gastronomielandschaft – berüchtigt anspruchsvoll, immer hungrig nach Next Level – verlangt von Food Chain Managern blitzschnelles Nachjustieren, wenn irgendwo in der Lieferkette eine Schraube locker sitzt. Es hilft, einen festen Magen zu haben und noch festere Nerven.
Kommen wir zum harten Teil, den viele sich im Kopf nur schönrechnen: Geld. In München startet man als Food Chain Manager selten unter 3.200 €. Je nach Branche – ob im urbanen High-Tech-Umfeld oder in internationalen Import-Export-Strukturen – schraubt sich das Gehalt teils rasch auf 4.000 € bis 5.000 € und mehr hoch. Aber: Die Verantwortung wiegt schwer, Überstunden und Krisenmanagement werden nicht immer direkt entlohnt. Wer Klarheit, Planbarkeit oder klassische Tarife sucht, sucht hier vermutlich vergebens. Dafür bietet der Job aber auch: Freiraum, Entwicklung, echte Gestaltungsmacht im (Lebensmittel-)Markt, der selten ruht.
Was mich in den Gesprächen mit Münchner Kollegen – und ja, durchaus Kolleginnen, die oft unterschätzt werden – immer wieder überrascht: Wie tief der Wunsch nach Transformation sitzt. Digitale Tools, ökologische Reportingpflichten, Kreislaufwirtschaft – das sind keine Phrasen, sondern echte Baustellen. Gut, manchmal holpert’s bei der Einführung neuer IT-Systeme oder im Zusammenprall von Obrigkeit und Straßenrealität. Aber, und das sage ich ohne Pathos: Wer in München dranbleibt und einen Sinn für pragmatischen Idealismus mitbringt, findet hier ein Experimentierfeld, das anderswo schwer zu toppen ist.
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass der Alltag im Münchner Food Chain Management stets Freude bereitet. An manchen Tagen – zwischen Lieferverzug und Innovationsmeeting – fragt man sich, wodurch eigentlich das eigene Adrenalin produziert wird. Vielleicht ist es der Reiz, mitten in einer der wandelbarsten Städte Deutschlands an neuralgischen Punkten der Lebensmittelversorgung zu stehen. Das erfordert am Ende kein Genie und auch keinen Superheldenumhang. Eher eine unerschütterliche Mischung aus Kenntnis, Flexibilität und dem Willen, Fehler als Rohstoff zu betrachten. Kurzum: Wer München und den Wandel mag, der muss nicht auf eine perfekte Supply Chain hoffen. Es genügt, die richtige Haltung einzupacken. Idealerweise direkt neben der Brotzeit.
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