Kaiserswerther Diakonie – Fliedner Fachhochschule | 40213 Düsseldorf, Neuss, Krefeld, Meerbusch, Geldern, Ratingen, Duisburg
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Wer sich heute als Floristmeister in Mülheim an der Ruhr aufstellt – oder gerade mit dem Gedanken spielt –, kommt an einem gewissen Spagat nicht vorbei: Handwerk im Blut, Kalkül im Kopf, und für‘s Herz bitte eine ordentliche Portion stoischer Ruhe. Dem Einsteiger wird das spätestens beim ersten verregneten Samstag auf dem Dümptener Markt klar, wenn neben den Rosen auch die Laune absäuft. Reizvoll bleibt es trotzdem – vielleicht gerade deshalb. Blumen sind nun mal lebendig. Ihr Markt auch.
Die romantische Vorstellung, in Blumenduft versunken Girlanden zu flechten und kunstvolle Sträuße zu stecken, hat ihre Berechtigung. Aber Hand aufs Herz: Wer in Mülheim als Floristmeister Verantwortung trägt, verschreibt sich einem deutlich komplexeren Balanceakt. Zwischen Großhandel und Gummistiefeln, Kundenwünschen und Betriebsbuchhaltung – hier wird jongliert, nicht nur dekoriert. Die Leitung eines Betriebs bedeutet: Personalführung, Sortimentsgestaltung, Einkauf und letztlich die Frage – kann ich heute alle Rechnungen bezahlen oder ringe ich wieder mit dem Liefersystem? Manchmal beides.
Die Nachfrage in Mülheim spiegelt die typischen Schwankungen des Ruhrgebiets: Die berühmte Durchmischung aller Schichten, ein leicht melancholischer Zug im Konsum. Keine Düsseldorfer Preisorgien, dafür ein kritischer Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis – selbst bei Brautsträußen. Gleichzeitig wachsen mit dem gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahre neue Sparten: Nachhaltige Floristik, Firmen-Events, Trauerkultur im Wandel – all das ist mittendrin im Pott. Daraus ergeben sich Nischen für findige Köpfe mit Meisterbrief, aber eben auch Angriffsflächen. Der Konkurrenzdruck durch Supermärkte, die mit Tulpen im Zehnerpack locken, ist nicht wegzuleugnen. Wer Qualität sichtbar machen will, braucht Fingerspitzengefühl – und bisweilen ein dickes Fell.
Jetzt zu den Zahlen, die nie blumig sind: In Mülheim liegen die Gehälter für Floristmeister meist zwischen 2.500 € und 3.200 €. Startet man in einer kleinen Gärtnerei, hängt es oft davon ab, wie viel unternehmerisches Risiko mit am Werk ist. Übernimmt man einen traditionsreichen Familienbetrieb, kann es nach einigen Jahren und entsprechender Auslastung Richtung 3.600 € gehen. Am Monatsende aber zählt nicht nur das Geld, sondern auch das Gefühl – war der Tag mehr als das Abhaken von Lieferungen? Hat der Strauß einer Kundin wirklich den Tag gerettet, vielleicht sogar die Woche? Das meine ich ohne Pathos: Blumen können das.
Was viele unterschätzen: Die Stadt, in der man seinem Handwerk nachgeht, prägt die Anforderungen massiv. In Mülheim sind Floristen nicht bloß Lieferanten schöner Oberfläche. Sie sind Kulturvermittler, Seelentröster und gelegentlich auch nervenstarke Eventmanager. Ob Kirchenschmuck oder Abschiedsarrangement – kaum ein Beruf wechselt so fließend zwischen Feier und Abschied. Mit der Digitalisierung verändern sich natürlich auch die Erwartungen: Online-Bestellungen, kontaktlose Lieferprozesse, Social-Media-Präsenz – das alles hält Einzug, ob man will oder nicht. Weiterbildung ist daher kein lästiges Übel, sondern fast schon Überlebensstrategie, wenn man nicht im Liebenswert-Altmodischen stecken bleiben will. Wer sich auf Workshops einlässt, neue Schnitttechniken erlernt oder ökologische Lieferketten ausprobiert, wird schnell merken: Die Hemdsärmeligkeit der Branche täuscht. Anspruchsvoll ist es trotzdem. Oder gerade deswegen.
Mag sein, dass es einfachere Wege gibt, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Oder stressfreiere Sekunden zwischen Sonnenaufgang und Feierabendbier. Aber: Wer als Floristmeister in Mülheim an der Ruhr seinen Platz findet, wird Teil einer Stadt, die rau und herzlich, pragmatisch und manchmal widerspenstig ist – genau wie viele ihrer Kunden. Es ist kein Job für Romantiker, wohl aber für Liebhaber des Unfertigen, für die, die zwischen Blüten, Blättern und Bilanz auch das Menschliche suchen. Und finden. Das immerhin weiß ich aus eigener Erfahrung.
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