Fritz-Haber-Institut | 10115 Berlin
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Schnell ein Espresso mit dem Chef, dann mit einer Hand das Frühstücksbuffet sichten und mit der anderen dem Housekeeping ein paar Hinweise zustecken – so oder so ähnlich stellt sich Außenstehende die Arbeit einer Direktionsassistenz in Berliner Hotels gern vor. Ein Mix aus Organisationstalent, Diskretion und routiniertem Multitasking. Aber Moment – ist es wirklich so ein schräger Tanz zwischen Gästen, Management und ganz normalen Katastrophen? Spoiler: Ja, nur ohne Schleife drumherum.
Wer glaubt, als Direktionsassistent im Hotel leite man den Terminkalender und stopfe Konferenzräume mit Schnittchen voll, der irrt gewaltig. Der Job reicht von Personalangelegenheiten bis zur Krisenmoderation – und das täglich. Kein Tag wie der andere. Gerade in Berlin, wo sich Politprominenz und Start-up-Finanzjongleure im Foyer abklatschen, braucht man ein feines Gespür für Umgangsformen und harten Pragmatismus. Ich muss zugeben: Manchmal frage ich mich, ob die eigentliche Aufgabe nicht darin liegt, den Spagat zwischen „Bitte lächeln!“ und „Jetzt aber schnell!“ zu meistern.
Berlin ist Touristenmagnet, Kongresshochburg und Szenehochhaus – alles auf einmal. Die Hotellerie somit ein eigener Mikrokosmos. Für Direktionsassistenten bedeutet das: Noch mehr Flexibilität, noch mehr Erwartungsdruck. Während man andernorts vielleicht mit einem Standardsatz durchkommt, merkt man hier schnell – Individualität zählt. Zwischen internationalen Gästen, Tech-Events und der eher rauen Berliner Seele steckt man mittendrin – nicht selten als Vermittler zwischen Kulturen, Hierarchien, Generationen. Einige Kolleginnen berichten, dass sie im gleichen Atemzug Cocktailrezepte für die Bar auffrischen und IT-Probleme lösen. Klingt nach Übertreibung? Leider nein.
Jetzt der unangenehme Teil – das liebe Geld. Ich habe die Erfahrung gemacht: Die Gehälter, zumindest beim Einstieg, pendeln meist zwischen 2.800 € und 3.400 €. In Kettenhotels oder besonders renommierten Häusern kann das nach oben abweichen, die Luft wird dann aber schnell dünner. Viele Einsteiger unterschätzen den Balanceakt zwischen Verantwortung und Entlohnung. Wer wegen der schicken Lobby gekommen ist, bleibt meist wegen der echten Entwicklungsmöglichkeiten – oder sucht schnell das Weite, wenn die Bezahlung den Druck nicht auffängt. Dennoch: Wer länger bleibt und die oft unsichtbare Mehrarbeit schluckt, bekommt manchmal – man staune – nicht nur mehr Gehalt, sondern auch ernsthafte Gestaltungsfreiheit.
Klar, die Erwartungen steigen ständig, doch wie bleibt man am Ball? Was viele unterschätzen: Es gibt nicht den einen klassischen Weg nach oben. Sprachkurse, Revenue–Management–Schulungen, Seminare zu Konfliktmoderation – die Auswahl in Berlin ist fast schon unüberschaubar. Manche Häuser setzen auf eigene Austauschprogramme, andere auf firmeninterne Coachings. Was mir aufgefallen ist: Wer neugierig bleibt und sich gelegentlich aus der eigenen Komfortzone schubst, der wird in der Szene auch für komplexere Aufgaben gesehen.
Direktionsassistenz in Berliner Hotels: Das ist kein Sprungbrett für Blender, sondern Handwerk am Puls des Hauses. Wen die Mischung aus internationalem Trubel, regionaler Eigenart und der ewigen Improvisation nicht abschreckt, den belohnt dieser Beruf immer wieder – oft still und leise, manchmal mit einem kurzen Applaus vom Chef. Nicht selten fragt man sich abends: Wie habe ich das heute wieder gewuppt? Bis zur nächsten Frühschicht bleibt genug Zeit für eine ehrliche Antwort – oder einen Espresso, schwarz wie das Berliner Hotelleben.
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