FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
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MADSACK | 24103 Kiel
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
MADSACK | 24103 Kiel
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Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
Manchmal, an windigen Abenden, wenn der Blick von der Lübecker Altstadt hinüber zum Hafen reicht und irgendwo eine Druckerpresse ächzt, stellt sich die Frage: Wie sieht die Arbeit eines Chefredakteurs eigentlich heute aus – gerade an einem Standort wie Lübeck? Lässt sich der Beruf auf kühle Zahlen, schnöde Qualifikationen und Gehaltslisten herunterbrechen? Oder steckt mehr dahinter, jenseits ausgeleierter Klischees von Zigarrenrauch und einsamen Nachtschichten im Redaktionsbüro? Sich das als Berufseinsteiger oder Branchenwechsler zu fragen, ist alles andere als trivial – auch wenn’s gern so dargestellt wird.
Wer als Chefredakteur in Lübeck arbeitet, steht ständig im Spagat zwischen Regionalstolz und digitaler Transformation. Die Tage, in denen der Chefredakteur alles mit der Faust auf dem Schreibtisch regelte, sind unwiderruflich vorbei. Stattdessen jongliert man – mal virtuos, mal mit zittrigen Händen – mit crossmedialen Projekten und Social-Media-Experimenten, die teils genauso schnell verschwinden, wie sie aufploppen. Lübeck mag nicht Berlin oder Hamburg sein, klar. Aber gerade hier treffen alte Zeitungshaus-Traditionen und die Proteste gegen den digitalen Einheitsbrei besonders hart aufeinander. Wer jetzt als Berufseinsteiger ins kalte Wasser springt, lernt: Ein Spagat, der die Oberschenkel ordentlich dehnt. Content ist wichtig, aber die lokale Verankerung gibt den Takt vor. Was viele unterschätzen: In Lübeck will niemand eine gesichtslose Nachrichtenseite. Man will Ohr und Stimme – mittendrin im kleineren, aber sehr aufmerksamen Publikum.
Um Chefredakteur zu werden (oder anzukommen — letztlich zwei Paar Stiefel), braucht es mehr als einen souverän gefüllten Lebenslauf. Berufseinsteiger und Wechselwillige müssen eine Art Chamäleonhaut entwickeln. Mal Motivator im Team, mal Korrektor in der Nacht, mal Diskussionsteilnehmer bei Leserforen, mal Krisenmanager bei Shitstorms – und an guten Tagen sogar stiller Beobachter, der erkennt, wenn ein Thema sich besser selbst erledigt. Der digitale Strukturwandel spült neue Anforderungen heran: Data Analytics, SEO, Multichannel-Publishing, Community-Management … Klingt technisch, ist aber am Ende immer auch Beziehungsarbeit. Wer das unterschätzt, stellt schnell fest, wie dünnhäutig selbst die robustesten Redaktionen werden können.
Was darf man in Lübeck eigentlich erwarten auf dem Gehaltszettel? Offen gesprochen: Die Bandbreite ist ordentlich. Einstiegsgehälter bewegen sich oft zwischen 3.400 € und 3.800 €. Wer eine Redaktion führt, die fest im norddeutschen Mediengefüge verankert ist und dazu noch crossmedial liefert, kann mittelfristig mit 4.200 € bis 5.200 € rechnen. Große Sprünge wie in den bundesweiten Medienhäusern? Eher selten. Dennoch – das Leben in Lübeck ist (noch) günstiger als südlich der Elbe. Und, ja, manchmal wiegt das Redaktionsklima mehr als die nächste Null hinterm Komma. Man braucht Resilienz, Geduld und hin und wieder einen trockenen Humor, um das zu balancieren.
Wer glaubt, Lübeck sei medientechnisch Provinz, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht – oder war in letzter Zeit nicht in einer der regionalen Redaktionen unterwegs. Die Hansestadt bietet ein spannendes Spannungsfeld zwischen Tradition und Wandel. Kulturveranstaltungen, städtische Themen, Tourismus, aber auch die pulsierenden Entwicklungen der Hochschulen und des Wirtschaftsstandorts – alles brodelt im redaktionellen Kessel. Berufseinsteiger finden heraus: Man muss zuhören können. Die Themen schwimmen nicht wie Fische ins Netz, sondern fordern, dass man in die Tiefe taucht – mit offenen Augen für Trends, aber auch Zähigkeit für Dauerbrenner.
Was bleibt am Ende übrig von all dem Trubel? Vielleicht die Einladung, sich das Berufsbild nicht zu simpel vorzustellen: Wenig ist schwarzweiß, vieles grau – aber im besten Sinne. Der Chefredakteursjob in Lübeck bleibt ein Mix aus Gestaltern, Vermittlern und manchmal auch aus sprichwörtlichen Feuerwehrleuten, die zwischen Lesermeinung, Redaktion und Wirtschaftlichkeit vermitteln. Manchmal fragt man sich, ob man nicht doch lieber Musiker geworden wäre – bis die nächste echte Geschichte direkt vor der Haustür wartet, wild, widersprüchlich und voller Alltagssound. Das ist dann doch… Lübeck. Und ein ganz eigener Beruf.
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