RND RedaktionsNetzwerk Deutschland GmbH | 30159 Hannover
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
RND RedaktionsNetzwerk Deutschland | 30159 Hannover
academics | 30159 Hannover
RND Fortis | 30159 Hannover
RND RedaktionsNetzwerk Deutschland GmbH | 30159 Hannover
RND RedaktionsNetzwerk Deutschland | 30159 Hannover
academics | 30159 Hannover
RND Fortis | 30159 Hannover
Irgendwann stand ich in diesem stickigen Redaktionsbüro an der Goseriede – alter Teppich, Kaffee bitter wie die Wahrheit – und fragte mich: Wie landet man eigentlich als Chefredakteur in Hannover? Und will man das wirklich? Die Antwort, so viel vorweg: Es ist komplizierter, erfüllender, gelegentlich frustrierender als man denkt. Zumindest, wenn man meinen Weg und den vieler Kolleg:innen verfolgt. Bleiben wir also nüchtern: Chefredakteur zu werden – das ist keine automatische Stufe nach dem Volontariat. Erst recht nicht hier, mit dieser ganz eigenen mediengeografischen Note zwischen Provinz und Landeshauptstadt.
Die Aufgaben mögen auf dem Papier klar definiert sein – Redaktionsleitung, Themensteuerung, Personalführung, und seit ein paar Jahren: das ständige Techtelmechtel mit SEO-Algorithmen, Datenanalyse, Produktentwicklung. Doch in Hannover trifft die Theorie schnell auf norddeutsche Praxis: Die Medienlandschaft ist geprägt von etablierten Tageszeitungen mit jahrzehntelanger DNA, soliden Fachmagazinen, regionalen Radiomachern, den wendigen Digital-Start-Ups und irgendwie immer noch diesen Print-Exoten. Wer hier Chefredaktion übernimmt, steuert oft ein Schiff, das zwischen Tradition und Innovationsdruck laviert. Mal widerspenstig, mal träge, mal überraschend energiegeladen.
Was viele unterschätzen: Ein Chefredakteur ist selten einfach nur der „Obertexter“. Hier geht’s um Personalverantwortung, Strategie, Krisenmanagement und das Bewusstsein dafür, dass der nächste Fehler auch mal ans Landtagstelefon durchgestellt werden kann. Gute Menschenkenntnis? Pflicht. Nerven wie Drahtseile? Wünschenswert. Analytischer Blick? Unverzichtbar. Und dann diese ständigen Brüche im Tag – die Mischung aus Antizipation und Reaktion: Heute früh eine Social-Media-Kampagne, am Mittag Budgetverhandlungen, am Nachmittag der dritte Shitstorm, weil ein kritisches Stadtentwicklungsthema in der Community explodiert ist. Für Berufseinsteiger:in klingt das nach Drama – und ist es manchmal auch. Aber ehrlich, es fordert auch eine gewisse Freude am Chaos.
Die Wahrheit ist: Die Chefredaktion in Hannover bleibt meist hoch umkämpft – offene Stellen sind rar und die Erwartungen enorm. Wechselwillige Fachkräfte, die jahrelang in Redaktionen gestrampelt haben, erleben nicht selten eine knappe Fluktuation. Das Einstiegsgehalt? Je nach Medium, Rolle und Erfahrung bewegt es sich in Hannover oft zwischen 4.000 € und 6.000 €. Wer zu den großen Tageszeitungen oder namhaften Fachverlagen wechselt, kann bei Top-Posten auch über 7.000 € hinauskommen. Im Digitalbereich ist die Spreizung größer – ein Start-Up zahlt am Anfang vielleicht eher Richtung 4.000 €, dafür locken Eigenverantwortung und gestalterischer Freiraum. Ob einen das nun zufrieden macht – bleibt Geschmackssache.
Region Hannover, das ist nicht Berlin. Das Tempo liegt niedriger, die Loyalitäten tiefer, der Veränderungsdruck aber keineswegs geringer – guckt man sich allein die Digitalisierungsschübe der letzten drei Jahre an. Chefredaktion bedeutet mittlerweile auch: Technikwissen auffrischen, neue Plattformen testen und experimentieren, wie sich Medieneinnahmen stabil halten lassen, während das alte Geschäftsmodell bröckelt. Ich habe den Eindruck, dass viele altgediente Redakteur:innen anfangs skeptisch auf die „jungen Wilden“ in Führungsrollen schauen. Doch die Mischung aus Lokalexpertise und digitaler Affinität ist zunehmend gefragt – so sehr, dass selbst die konservativsten Verlage mittlerweile nach flexiblen Köpfen suchen, die eine Strategie bauen, die im Zweifel auch morgen noch hält.
Ganz ehrlich: Es gibt leichtere Jobs. Besonders, wenn man auf die Unsicherheiten im Medienwandel und die Verantwortung schaut. Aber: Der Reiz liegt genau im Dazwischen, im täglichen Austarieren zwischen Unkenrufen, Innovationschaos und einer gehörigen Portion Lokalstolz. Wer das liebt – oder zumindest aushält –, findet in Hannover einen Beruf, der wenig automatenhaft, aber selten langweilig ist. Und manchmal – das muss man auch sagen – reicht ein singulärer Erfolgsmoment, damit sich die Mühe lohnt. Kein Spaziergang, klar. Aber für die, die bleiben, ist es genau das: ein ziemlich spezieller, hungriger Spagat mit Aussicht auf Einfluss. Ist das genug? Muss jede:r für sich entscheiden.
Das könnte Sie auch interessieren