FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
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MADSACK | 24103 Kiel
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
MADSACK | 24103 Kiel
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
Ein Chefredakteur in Hamburg – klingt nach Macht, nach endloser Kaffeeflut und rauschenden Medien-Events. Glanz und Gloria, Handshakes in verglasten Konferenzräumen mit Hafenblick. Zumindest, wenn man die Bilder der Branche auf Instagram ernst nimmt. Tja. Die Wahrheit ist weniger fotogen, dafür spannender. Zumindest dann, wenn man bereit ist, in die Untiefen dieses Berufes einzutauchen, der irgendwo zwischen kühlem Hanseaten-Understatement und echtem Entscheidungskampf pendelt.
Wer als Berufseinsteiger, draufgängerischer Quereinsteiger oder erfahrener Redakteur mit Wechselambitionen auf einen Chefredakteursposten in Hamburg schielt, sollte zupacken können. Es geht nicht (nur) ums Blattmachen oder den richtigen Tonfall im Feuilleton. Da gibt es dieses nie versiegende Rauschen: Der ständige Spagat zwischen publizistischer Freiheit und gnadenlosem Kostendruck. Gerade im Hamburger Medienumfeld leuchtet der Scheinwerfer besonders grell, denn hier ballen sich Traditionshäuser, Weltverlage – und Agentur-Start-ups, die mehr Klicks pro Euro generieren wollen als eine Social-Media-Flut in St. Pauli.
Was viele unterschätzen: Redaktionen steuern bedeutet längst mehr als Blattkritik und das Erklären von Kommasetzungen. Digitalstrategien, Monetarisierungskonzepte, Sparrunden, Diversitätsdebatten – alles auf dem Schreibtisch, oft gleichzeitig. Die Zeiten, in denen der Chefredakteur in Hamburg mit souveräner Einsamkeit Leitartikel diktierte, sind durch. Eher fühlt man sich manchmal wie Schiffssteuerer bei Sturm auf der Elbe. Heute ist Vernetzung Pflicht, Multichannel-Skills und Datenkompetenz sind (mindestens) nice-to-have. Wer da nicht mitzieht, spielt an der Seitenlinie mit.
Und dann ist da noch Hamburg selbst. Großstadt, aber nordisch-distanziert. Wer hier Chefredakteur wird (oder werden will), bekommt eine Bühne, auf der nationale und internationale Öffentlichkeit blendend nah erscheinen – aber die Erwartungshaltung ist hoch. Verlegt sitzt man inmitten von Branchendinos und Start-up-Wirrwarr, Nachbar an Nachbar. Ja, Hamburg liefert ein Schaufenster auf das, was Journalismus heute sein kann: Experimentierfreude, Podcast-Schmieden, gelegentlich auch ein bisschen Selbstverliebtheit. Die Community ist vernetzt, aber keinesfalls so offen, wie man es von Berlin kennt. In Wahrheit kommt man nur weiter, wenn man sattelfest bleibt, ein kritisches Ohr für gesellschaftliche Strömungen mitbringt – und, ja, manchmal schlicht ein dickes Fell hat.
Ein leidiges, aber unvermeidbares Thema: das Gehalt. In Hamburg bewegt sich das durchschnittliche Monatsgehalt für Chefredakteurinnen und Chefredakteure meist zwischen 4.800 € und 7.200 €. Klingt standesgemäß – wenn man dabei vergisst, welche Arbeitszeiten (Abende, Wochenenden, Breaking News) der Job oft wirklich hat. Und: Wer in kleineren Digital-Start-ups oder Special-Interest-Medien anheuert, muss mit deutlich weniger kalkulieren. Agenturchefs haben manchmal leichtes Spiel, das Prestige als Lohnersatz anzupreisen – was, ehrlich gesagt, ein eher durchsichtiger Trick ist.
Was viele Neulinge unterschätzen: Chefredakteur heißt nicht, „oben angekommen“ zu sein. Wer meint, sich auf alten Lorbeeren ausruhen zu können, wird schnell von Algorithmen, Audience-Insights oder den nächsten Kulturwellen überholt. Hamburg bietet eine erfrischende Vielfalt an Weiterbildungsangeboten – von Data-Journalismus-Seminaren bis zu Debatten über Künstliche Intelligenz und Ethik in den Medien. Die Herausforderungen sind vielfältig: crossmediale Produktion, Redaktionsmanagement, Führung in hybriden Teams, Umgang mit gesellschaftlichen Spannungen. Wer da nicht ständig nachlegt, wird als Führungskraft schnell zum Relikt.
Am Ende bleibt – und das ist vielleicht der größte Reiz an der Rolle des Chefredakteurs in Hamburg – eine seltene Mischung aus Verantwortung, Unsicherheit und der Möglichkeit, ein Stück Öffentlichkeit mitzugestalten. Klingt pathetisch? Ist aber so. Die Frage, wie viel eigene Haltung man einbringen kann, ohne sich als Fossil zu outen, bleibt ein ständiger Begleiter. Das ist keine Raketenwissenschaft – aber eben auch kein Spaziergang im Stadtpark.
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