Media University of Applied Sciences | Frankfurt
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Media University of Applied Sciences | Frankfurt
Frankfurt. Stadt der Banken, der internationalen Flughäfen – und, nicht zu vergessen, der Medienhäuser. Wer hier als Chefredakteur einsteigen will oder den Wechsel ins Rampenlicht plant, tut das nicht irgendwo. Frankfurt hat seine eigenen Spielregeln, eigene Eitelkeiten, seinen ganz speziellen Pulsschlag. Manche nennen es Tempo, andere Druck. Häufig ist beides gemeint. Wo beginnt also der Job wirklich – und wo endet die Illusion über einen Alltag, der aus mehr besteht als Leitartikeln und Redaktionskonferenzen?
Ein Chefredakteur, das klingt nach klassischer Autorität. In Wahrheit ist es viel fluider: die geistige Zentrale, Taktgeber, Unruheherd und gelegentlich Krisenmanager. Wer denkt, man regiert aus der Ecke eines Einzelbüros, sollte sich besser gleich verabschieden. Redaktionen in Frankfurt – ob für Print, Radio, Online oder crossmedial – funktionieren als vielstimmige Orchester. Da heißt es: zuhören, einiges ertragen, immer wieder neu entscheiden. Was zählt, sind Haltung, Handwerk und eine Mischung aus Distanz und Neugier fürs lokale wie globale Geschehen. Selbst nach Jahren fragt man sich gelegentlich, ob das „Chef“ im Titel mehr Bürde oder Privileg ist.
Unterschätzen sollte man Frankfurts Eigenheiten jedenfalls nicht. Die Konkurrenz ist dicht – regional wie international, von überregionalen Blättern bis zu hyperlokalen Blogs, von Agentur bis Verlag. Frankfurt schert sich wenig um mediale Nostalgie. Wer gestern noch auf das Feuilleton gesetzt hat, muss heute Insta-Storys, Podcasts oder Investigativreihen mitdenken (und gelegentlich verteidigen). Lokale Themen verschlingen manchmal mehr Energie als die große Weltpolitik. Verstehen Sie, was „Äppler“ und „Grie Soß“ im Diskurs der Stadt bedeuten, oder stehen Sie noch im digitalen Abseits? Mein Punkt: Wer hier leitet, darf sich keine Einseitigkeit gönnen. Mal brennt die Hütte wegen Wohnungsnot, mal wegen Währungskrisen – und beides landet binnen Stunden auf dem Tisch.
Jetzt zum Sachlichen, ohne großes Pathos: Die Stunden sind lang, der Erwartungsdruck nicht weniger als spürbar. Es reicht nicht, journalistisch sattelfest zu sein; gefragt ist Souveränität auf fremdem Terrain: Medientechnik, Datenethik, Personalführung, Krisenkommunikation – die Liste ist offen. Und natürlich das liebe Geld: In Frankfurt startet das Gehalt meist zwischen 4.000 € und 5.600 € monatlich, je nach Medium, Umfang der Verantwortung und Vor-Erfahrung können sich Gehaltsspannen sogar bis zu 8.000 € oder 9.000 € entwickeln. Garniert wird das von dem stetigen Wind der Veränderung: Fusionen, Restrukturierungen, crossmediales Arbeiten. Sicher ist hier wenig – außer der ständigen Weiterentwicklung.
Ehrlich: Wer sich hier ausruht, verliert. Fortbildungen sind in Frankfurt keine Kür, sondern, ja – Pflicht. Themen wie Künstliche Intelligenz, digitale Recherche-Tools oder rechtliche Fragen zu Urheberrecht und Persönlichkeitsrechten kommen mit Nachdruck auf den Redaktionsplan. Zugleich bleibt die Sehnsucht nach Tiefe, nach Hintergrund und Substanz. Ein kleiner Widerspruch, meint vielleicht der eine oder andere. Ich finde eher: genau diese Spannung macht den Beruf lebendig. Die Regionalverbundenheit Frankfurts – diese nervöse Symbiose von Hochfinanz und kritischem Bürgertum – sorgt dafür, dass Chefredakteure hier nie zu reinen Technikverwaltern werden. Es bleibt Raum zum Mitgestalten. Und für gelegentliche Zweifel an der eigenen Bedeutung. Das, übrigens, gehört dazu.
Das könnte Sie auch interessieren